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Keine offenbare Unrichtigkeit bei Nichtberücksichtigung einer erklärten - aber nicht elektronisch übermittelten - Rente

FG Münster 21.7.2016, 9 K 2342/15 E

Das Fi­nanz­amt darf eine Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung nicht we­gen ei­ner of­fen­ba­ren Un­rich­tig­keit gem. § 129 AO erhöhen, wenn es bei der Be­ar­bei­tung der Erklärung le­dig­lich elek­tro­ni­sch über­mit­telte Ren­ten­da­ten berück­sich­tigt, aber eine erklärte wei­tere Rente, zu der keine elek­tro­ni­sch über­mit­telte Da­ten vor­lie­gen, außer An­satz ge­las­sen hat. Eine sol­che un­ter­las­sene Sach­aufklärung lässt sich nicht mit einem bloßen me­cha­ni­schen Ver­se­hen erklären.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläger wur­den als Ehe­leute im Streit­jahr 2011 zu­sam­men zur Ein­kom­men­steuer ver­an­lagt. Der Kläger be­zog ne­ben be­trieb­li­chen Ver­sor­gungs­bezügen eine Al­ters­rente aus der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung. Die Kläge­rin, die im öff­ent­li­chen Dienst be­schäftigt war, trat im Streit­jahr 2011 in den Ru­he­stand. Da­nach be­zog sie eine Al­ters­rente aus der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung und da­ne­ben - deut­lich nied­ri­gere - Zu­satz­leis­tun­gen aus einem Al­ters­vor­sor­ge­ver­trag bei der VBL Pflicht­ver­si­che­rung. Beide Ren­ten gab sie in der An­lage R der Ein­kom­men­steu­er­erklärung an.

Da dem Fi­nanz­amt zum Zeit­punkt der Be­ar­bei­tung der Steu­er­erklärung le­dig­lich elek­tro­ni­sch über­mit­telte Da­ten der Zu­satz­rente, nicht aber der ge­setz­li­chen Rente vor­la­gen, er­fasste es die ge­setz­li­che Rente im ur­sprüng­li­chen Ein­kom­men­steu­er­be­scheid nicht. Nach Ein­tritt der Be­stands­kraft änderte es die Steu­er­fest­set­zung, in­dem es nun­mehr die Ren­ten­bezüge der Kläge­rin in zu­tref­fen­der Höhe an­setzte.

Die Kläger wa­ren der An­sicht, das Fi­nanz­amt habe die Da­ten blind über­nom­men, ob­wohl ihm die An­lage R zur Verfügung ge­stan­den habe. Ur­sa­che des Feh­lers sei keine me­cha­ni­sche Un­rich­tig­keit, son­dern eine Ver­let­zung der Amts­er­mitt­lungs­pflicht. Eine Ände­rung nach § 129 AO sei nicht möglich. Das FG gab der Klage in vol­lem Um­fang statt. Die Re­vi­sion wurde nicht zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Der Ein­kom­men­steu­er­be­scheid durfte nicht we­gen ei­ner of­fen­ba­ren Un­rich­tig­keit geändert wer­den. Nach § 129 S. 1 AO kann die Behörde Schreib­feh­ler, Re­chen­feh­ler und ähn­li­che of­fen­bare Un­rich­tig­kei­ten, die beim Er­lass ei­nes Ver­wal­tungs­akts un­ter­lau­fen sind, je­der­zeit be­rich­ti­gen. Die Vor­aus­set­zun­gen der Ände­rungs­norm des § 129 AO la­gen al­ler­dings nicht vor.

Dem Fi­nanz­amt war bei Er­lass des ur­sprüng­li­chen Ein­kom­men­steu­er­be­scheids nämlich keine of­fen­bare Un­rich­tig­keit un­ter­lau­fen. Im vor­lie­gen­den Fall hat ein kon­kre­ter An­lass zur Überprüfung der elek­tro­ni­sch über­mit­tel­ten Da­ten be­stan­den, da die Kläge­rin auf der Rück­seite der An­lage R die Ein­tra­gun­gen zur Zu­satz­rente in der Spalte "2. Rente" vor­ge­nom­men hat­ten. Für den Sach­be­ar­bei­ter hätte es da­her nahe lie­gen müssen, auf die Vor­der­seite der An­lage R zu blättern, auf der un­ter "1. Rente" die ge­setz­li­che Rente ein­ge­tra­gen war.

Hier­auf hatte der Sach­be­ar­bei­ter al­ler­dings be­wusst ver­zich­tet und sich le­dig­lich auf die elek­tro­ni­sch über­mit­tel­ten Da­ten ver­las­sen. Auch an­ge­sichts der Tat­sa­che, dass der Sach­be­ar­bei­ter die erklärten Vor­sor­ge­auf­wen­dun­gen deut­lich gekürzt hatte, hätte sich die Frage aufdrängen müssen, wa­rum je­weils deut­lich höhere Werte an­ge­ge­ben wur­den als elek­tro­ni­sch über­mit­telt. Diese un­ter­las­sene Sach­aufklärung ließ sich nicht mit einem bloßen me­cha­ni­schen Ver­se­hen erklären.

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