Der Sachverhalt:
Der Kläger hielt in seinem Privatvermögen zahlreiche Aktien der B-AG. Im Jahr 1997 wurde ein Aktiensplit durchgeführt und die Anzahl der Aktien auf weiter erhöht. Bezogen auf die Gesamtzahl der herausgegebenen Aktien entsprach dies einer Beteiligungsquote von 7,46%. Im Jahr 1998 veräußerte der Kläger Aktien mit einem Gewinn von rund 3,6 Mio. DM und im Jahr 1999 mit einem Gewinn i.H.v. rund 4,8 Mio. DM unter Beachtung des FiFo-Verfahrens. Bei den Veräußerungen wurden die Anschaffungskosten der veräußerten Anteile genau bestimmt und nicht nach der Durchschnittsmethode ermittelt. Die Veräußerungsgewinne wurden steuerlich nicht erfasst, da die gehaltenen Beteiligungen nicht wesentlich i.S.d. § 17 EStG waren. Es verblieb eine Beteiligung von 2,07% an der B-AG im Privatvermögen des Klägers.
Der Kläger war der Ansicht, dass aus der allein maßgeblichen Sicht des Veräußerungszeitpunktes für die Anteile an der B-AG die Voraussetzungen des § 17 EStG erfüllt seien, da die Beteiligung an der B-AG 2,07% und damit mehr als (mindestens) 1% betragen habe. Die Anteile an der B-AG seien daher nach der im Jahr der Veräußerung geltenden Rechtslage steuerverhaftet i.S.d. § 17 EStG gewesen. Die Steuerverhaftung der Anteile an der B-AG sei über die Vorschrift des § 13 Abs. 2 UmwStG in der im Jahr 2000 geltenden Fassung (a.F.) auf die im Zuge der Verschmelzung gewährten Anteile an der A-AG übergegangen mit der Folge, dass auch die einbringungsgeborenen Anteile an der A-AG als steuerverhaftet i.S.d. § 17 EStG gelten würden.
Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde zur Fortbildung des Rechts die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hatte den Verlust aus der Veräußerung der Anteile des Klägers an der A-AG zu Recht nicht gem. § 17 EStG berücksichtigt.
Der Kläger hatte im Streitjahr 2002 seine Anteile an der A-AG veräußert, an der er lediglich zu 0,39%, beteiligt war. Bezogen auf die im Wege der Verschmelzung im Jahr 2000 untergegangene Beteiligung an der B-AG hätten die Voraussetzungen des § 17 EStG im Streitjahr vorgelegen und der Veräußerungsverlust hätte, die Verschmelzung hinweggedacht, steuerlich berücksichtigt werden können, da der Kläger in diesem Fall am Kapital der B-AG innerhalb der gesamten letzten 5 Jahre vor der Veräußerung ununterbrochen zu mindestens 1% unmittelbar beteiligt gewesen wäre. Im Streitfall war mithin relevant, wie sich die im Jahr 2000 wirksam gewordene Verschmelzung auf die steuerliche Beurteilung der im Streitjahr 2002 erfolgten Anteilsveräußerung auswirkte.
Für die Frage, ob die Anteile an der A-AG aufgrund der Fiktion des § 13 Abs. 2 S. 2 UmwStG a.F. im Streitfall als Anteile i.S.v. § 17 EStG galten, war entscheidend, ob die Anteile an der B-AG i.S.v. § 13 Abs. 2 UmwStG a.F. als Anteile i.S.d. § 17 EStG zu qualifizieren waren. Der Kläger war im Zeitpunkt der Verschmelzung nur zu 2,07% und damit nicht wesentlich, d.h. nicht zu mindestens 10%, i.S.d. zum Verschmelzungszeitpunkt gültigen Fassung des § 17 EStG an der B-AG beteiligt. Nach der im Zeitpunkt der Verschmelzung geltenden Rechtslage waren die Anteile an der B-AG damit nicht als Anteile i.S.d. § 17 EStG zu qualifizieren. Wäre hingegen auch im Rahmen des § 13 Abs. 2 UmwStG a.F. eine retrospektive Beurteilung aus Sicht der im Jahr der Veräußerung gültigen Fassung des § 17 EStG geboten, wäre die danach erforderliche Beteiligungsquote von mind. 1% erreicht gewesen.
Nach der Auffassung des Senates war für die Frage, ob die Anteile an der übertragenden Körperschaft solche i.S.d. § 17 EStG sind und damit gem. § 13 Abs. 2 S. 2 UmwStG a.F. auch die Anteile an der übernehmenden Körperschaft als Anteile i.S.d. § 17 EStG gelten, auf die im Zeitpunkt der Verschmelzung im Jahr 2000 gültige Fassung des § 17 Abs. 1 EStG abzustellen. Eine rückwirkende Anwendung der Beteiligungsgrenze des § 17 EStG in der im Streitjahr gültigen Fassung würde in die nach § 13 Abs. 2 S. 2 UmwStG im Jahr 2000 eingetretene Rechtslage eingreifen und rückwirkend einen in der Vergangenheit liegenden und bereits abgeschlossenen Veräußerungsvorgang einer völlig neuen steuerlichen Bewertung zuführen. Allein der Umstand, dass ohne Verschmelzung der B-AG auf die A-AG ein Veräußerungsverlust bezogen auf die Anteile an der B-AG nach § 17 EStG anerkannt werden könnte, konnte nicht dazu führen, dass dies zwingend auch für einen solchen Verlust aus der Veräußerung an der A-AG gelten muss.
Die Streitfrage ist bislang nicht höchstrichterlich geklärt und wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet. Es besteht mithin ein Allgemeininteresse daran, dass die vom erkennenden Senat vorgenommene Rechtsfortbildung eine höchstrichterliche Bestätigung erfährt.
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