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Keine "retrospektive" Beurteilung der Wesentlichkeitsgrenze von § 17 EStG bei Verschmelzung

FG Köln 14.4.2015, 12 K 329/13

Für die Frage, ob die An­teile an der über­tra­gen­den Körper­schaft sol­che i.S.d. § 17 EStG sind und da­mit gem. § 13 Abs. 2 S. 2 Um­wStG a.F. auch die An­teile an der über­neh­men­den Körper­schaft als An­teile i.S.d. § 17 EStG gel­ten, ist auf die im Zeit­punkt der Ver­schmel­zung (hier: 2000) gültige Fas­sung des § 17 Abs. 1 EStG ab­zu­stel­len. Eine rück­wir­kende An­wen­dung der Be­tei­li­gungs­grenze des § 17 EStG in der (hier im Streit­jahr) 2002 gülti­gen Fas­sung würde in die nach § 13 Abs. 2 S. 2 Um­wStG im Jahr 2000 ein­ge­tre­tene Rechts­lage ein­grei­fen.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger hielt in sei­nem Pri­vat­vermögen zahl­rei­che Ak­tien der B-AG. Im Jahr 1997 wurde ein Ak­ti­en­split durch­geführt und die An­zahl der Ak­tien auf wei­ter erhöht. Be­zo­gen auf die Ge­samt­zahl der her­aus­ge­ge­be­nen Ak­tien ent­sprach dies ei­ner Be­tei­li­gungs­quote von 7,46%. Im Jahr 1998 veräußerte der Kläger Ak­tien mit einem Ge­winn von rund 3,6 Mio. DM und im Jahr 1999 mit einem Ge­winn i.H.v. rund 4,8 Mio. DM un­ter Be­ach­tung des FiFo-Ver­fah­rens. Bei den Veräußerun­gen wur­den die An­schaf­fungs­kos­ten der veräußer­ten An­teile ge­nau be­stimmt und nicht nach der Durch­schnitts­me­thode er­mit­telt. Die Veräußerungs­ge­winne wur­den steu­er­lich nicht er­fasst, da die ge­hal­te­nen Be­tei­li­gun­gen nicht we­sent­lich i.S.d. § 17 EStG wa­ren. Es ver­blieb eine Be­tei­li­gung von 2,07% an der B-AG im Pri­vat­vermögen des Klägers.

Im Jahr 2000 kam es zu ei­ner Ver­schmel­zung der B-AG auf die A-AG. Je­der Ak­tionär der B-AG er­hielt für 4 Ak­tien je­weils 1 Ak­tie der A-AG. Die Be­tei­li­gung des Klägers an der A-AG be­lief sich da­nach auf 0,39%. Im Streit­jahr 2002 veräußerte der Kläger sämt­li­che An­teile an der A-AG. Im Rah­men der Ein­kom­men­steu­er­erklärung machte er einen Veräußerungs­ver­lust i.H.v. 1,5 Mio. € gel­tend. Im An­schluss an eine um­fas­sende Be­triebsprüfung berück­sich­tigte das Fi­nanz­amt den Ver­lust mit gem. § 164 Abs. 2 AO geänder­tem Ein­kom­men­steu­er­be­scheid nicht mehr.

Der Kläger war der An­sicht, dass aus der al­lein maßgeb­li­chen Sicht des Veräußerungs­zeit­punk­tes für die An­teile an der B-AG die Vor­aus­set­zun­gen des § 17 EStG erfüllt seien, da die Be­tei­li­gung an der B-AG 2,07% und da­mit mehr als (min­des­tens) 1% be­tra­gen habe. Die An­teile an der B-AG seien da­her nach der im Jahr der Veräußerung gel­ten­den Rechts­lage steu­er­ver­haf­tet i.S.d. § 17 EStG ge­we­sen. Die Steu­er­ver­haf­tung der An­teile an der B-AG sei über die Vor­schrift des § 13 Abs. 2 Um­wStG in der im Jahr 2000 gel­ten­den Fas­sung (a.F.) auf die im Zuge der Ver­schmel­zung gewähr­ten An­teile an der A-AG über­ge­gan­gen mit der Folge, dass auch die ein­brin­gungs­ge­bo­re­nen An­teile an der A-AG als steu­er­ver­haf­tet i.S.d. § 17 EStG gel­ten würden.

Das FG wies die Klage ab. Al­ler­dings wurde zur Fort­bil­dung des Rechts die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hatte den Ver­lust aus der Veräußerung der An­teile des Klägers an der A-AG zu Recht nicht gem. § 17 EStG berück­sich­tigt.

Der Kläger hatte im Streit­jahr 2002 seine An­teile an der A-AG veräußert, an der er le­dig­lich zu 0,39%, be­tei­ligt war. Be­zo­gen auf die im Wege der Ver­schmel­zung im Jahr 2000 un­ter­ge­gan­gene Be­tei­li­gung an der B-AG hätten die Vor­aus­set­zun­gen des § 17 EStG im Streit­jahr vor­ge­le­gen und der Veräußerungs­ver­lust hätte, die Ver­schmel­zung hin­weg­ge­dacht, steu­er­lich berück­sich­tigt wer­den können, da der Kläger in die­sem Fall am Ka­pi­tal der B-AG in­ner­halb der ge­sam­ten letz­ten 5 Jahre vor der Veräußerung un­un­ter­bro­chen zu min­des­tens 1% un­mit­tel­bar be­tei­ligt ge­we­sen wäre. Im Streit­fall war mit­hin re­le­vant, wie sich die im Jahr 2000 wirk­sam ge­wor­dene Ver­schmel­zung auf die steu­er­li­che Be­ur­tei­lung der im Streit­jahr 2002 er­folg­ten An­teils­veräußerung aus­wirkte.

Für die Frage, ob die An­teile an der A-AG auf­grund der Fik­tion des § 13 Abs. 2 S. 2 Um­wStG a.F. im Streit­fall als An­teile i.S.v. § 17 EStG gal­ten, war ent­schei­dend, ob die An­teile an der B-AG i.S.v. § 13 Abs. 2 Um­wStG a.F. als An­teile i.S.d. § 17 EStG zu qua­li­fi­zie­ren wa­ren. Der Kläger war im Zeit­punkt der Ver­schmel­zung nur zu 2,07% und da­mit nicht we­sent­lich, d.h. nicht zu min­des­tens 10%, i.S.d. zum Ver­schmel­zungs­zeit­punkt gülti­gen Fas­sung des § 17 EStG an der B-AG be­tei­ligt. Nach der im Zeit­punkt der Ver­schmel­zung gel­ten­den Rechts­lage wa­ren die An­teile an der B-AG da­mit nicht als An­teile i.S.d. § 17 EStG zu qua­li­fi­zie­ren. Wäre hin­ge­gen auch im Rah­men des § 13 Abs. 2 Um­wStG a.F. eine re­tro­spek­tive Be­ur­tei­lung aus Sicht der im Jahr der Veräußerung gülti­gen Fas­sung des § 17 EStG ge­bo­ten, wäre die da­nach er­for­der­li­che Be­tei­li­gungs­quote von mind. 1% er­reicht ge­we­sen.

Nach der Auf­fas­sung des Se­na­tes war für die Frage, ob die An­teile an der über­tra­gen­den Körper­schaft sol­che i.S.d. § 17 EStG sind und da­mit gem. § 13 Abs. 2 S. 2 Um­wStG a.F. auch die An­teile an der über­neh­men­den Körper­schaft als An­teile i.S.d. § 17 EStG gel­ten, auf die im Zeit­punkt der Ver­schmel­zung im Jahr 2000 gültige Fas­sung des § 17 Abs. 1 EStG ab­zu­stel­len. Eine rück­wir­kende An­wen­dung der Be­tei­li­gungs­grenze des § 17 EStG in der im Streit­jahr gülti­gen Fas­sung würde in die nach § 13 Abs. 2 S. 2 Um­wStG im Jahr 2000 ein­ge­tre­tene Rechts­lage ein­grei­fen und rück­wir­kend einen in der Ver­gan­gen­heit lie­gen­den und be­reits ab­ge­schlos­se­nen Veräußerungs­vor­gang ei­ner völlig neuen steu­er­li­chen Be­wer­tung zuführen. Al­lein der Um­stand, dass ohne Ver­schmel­zung der B-AG auf die A-AG ein Veräußerungs­ver­lust be­zo­gen auf die An­teile an der B-AG nach § 17 EStG an­er­kannt wer­den könnte, konnte nicht dazu führen, dass dies zwin­gend auch für einen sol­chen Ver­lust aus der Veräußerung an der A-AG gel­ten muss.

Die Streit­frage ist bis­lang nicht höchstrich­ter­lich geklärt und wird in der Li­te­ra­tur un­ter­schied­lich be­ant­wor­tet. Es be­steht mit­hin ein All­ge­mein­in­ter­esse daran, dass die vom er­ken­nen­den Se­nat vor­ge­nom­mene Rechts­fort­bil­dung eine höchstrich­ter­li­che Bestäti­gung erfährt.

Link­hin­weis:

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