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Keine Steuerbefreiung für ein vom Erblasser tatsächlich nicht für eigene Wohnzwecke genutztes Einfamilienhaus

FG Köln 27.1.2016, 7 K 247/14

Die Steu­er­be­frei­ung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 1 ErbStG kann grundsätz­lich nicht zur An­wen­dung kom­men, wenn der Erb­las­ser bzw. die Erb­las­se­rin nie­mals selbst in dem ver­erb­ten Haus oder der Woh­nung ge­lebt hat. In die­sen Fällen kann sich in dem Haus nämlich nie­mals der "Mit­tel­punkt des fa­miliären Le­bens" be­fun­den ha­ben.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist Al­lein­erbe sei­ner im Jahr 2012 ver­stor­be­nen Mut­ter. Im Nach­lass der Erb­las­se­rin be­fan­den sich ne­ben einem un­be­bau­ten Grundstück zwei mit Ein­fa­mi­li­enhäusern be­baute Grundstücke. In dem Haus "Nr. 24" lebte die Erb­las­se­rin bis zu ih­rem Tod selbst. Das Haus "Nr. 6" be­wohnt seit Au­gust 2010 der Kläger. Das Grundstück "Nr. 6" mit ei­ner Wohnfläche von ca. 100 m² hatte die Erb­las­se­rin ih­rer­seits als Er­bin der im Jahr 2009 ver­stor­be­nen L. er­wor­ben. Die Mut­ter war nach An­ga­ben des Klägers trotz Lun­gen­kreb­ses noch bis zu ih­rem Tode in der Lage, einen PKW selbständig im Straßenver­kehr zu führen.

Das Fi­nanz­amt setzte ge­genüber dem Kläger Erb­schaft­steuer fest, ohne eine Steu­er­be­frei­ung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG zu berück­sich­ti­gen. Der Kläger be­stand wei­ter­hin auf die Steu­er­be­frei­ung für das Grundstück "Nr. 6" und machte gel­tend, dass es nicht zu­tref­fend sei, dass die Erb­las­se­rin "of­fen­kun­dig" in der Lage ge­we­sen sei, einen ei­ge­nen Haus­halt zu führen. Sie sei viel­mehr schwer krank ge­we­sen (ab De­zem­ber 2009 zu 100 % körper­be­hin­dert) und von dem Kläger ge­pflegt wor­den. Er habe ur­sprüng­lich mit sei­ner Fa­mi­lie das Haus "Nr. 24" er­hal­ten sol­len, da die­ses be­deu­tend größer sei. Weil die Erb­las­se­rin An­gang 2010 an Lun­gen­krebs er­krankt sei, sei es letzt­lich aber nicht mehr zu ih­rem Um­zug in die "Nr. 6" ge­kom­men.

Das FG wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hat dem Kläger die Steu­er­vergüns­ti­gung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 1 ErbStG in Be­zug auf das Haus zu Recht ver­sagt, weil die Erb­las­se­rin das Haus vor ih­rem Tod zu kei­ner Zeit zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken ge­nutzt hatte und das Haus da­mit zu­min­dest un­ter den Umständen des Streit­fal­les auf kei­nen Fall den Cha­rak­ter ei­nes zu begüns­ti­gen­den Fa­mi­li­en­hei­mes hatte.

Nach höchstrich­ter­li­cher Recht­spre­chung zu § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG er­for­dert eine ver­fas­sungs­recht­lich ge­bo­tene ein­schränkende Aus­le­gung, dass sich in der er­wor­be­nen Woh­nung der "Mit­tel­punkt" des fa­miliären Le­bens be­fin­det. Diese Grundsätze sind nach Über­zeu­gung des Se­na­tes auch auf den Be­griff der Selbst­nut­zung i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 1 ErbStG zu über­tra­gen. Vor die­sem Hin­ter­grund kann die Steu­er­be­frei­ung grundsätz­lich nicht zur An­wen­dung kom­men, wenn die Erb­las­se­rin nie­mals selbst in dem ver­erb­ten Haus oder der Woh­nung ge­lebt hat. In die­sen Fällen kann sich in dem Haus nämlich nie­mals der "Mit­tel­punkt des fa­miliären Le­bens" be­fun­den ha­ben. Des­halb war es in die­sem Zu­sam­men­hang letzt­lich im vor­lie­gen­den Fall un­er­heb­lich, wel­che - ggf. zwin­gen­den - Gründe der Auf­nahme ei­ner Nut­zung durch die Erb­las­se­rin für ei­gene Wohn­zwe­cke ent­ge­gen­stan­den. Der Se­nat schließt sich in­so­weit den Ausführun­gen des BFH in sei­nem Ur­teil vom 23. 6. 2015 (Az.: II R 13/13) zu der in­so­weit ver­gleich­ba­ren Be­hal­tens­re­ge­lung in § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 5 ErbStG an.

Eine Qua­li­fi­zie­rung des Hau­ses "Nr. 6" als steu­er­begüns­tig­tes Fa­mi­li­en­heim kam im vor­lie­gen­den Fall schon des­halb nicht in Be­tracht, weil es letzt­lich zu einem Wahl­recht bzw. zu ei­ner Ver­dop­pe­lung der Fa­mi­li­en­heime in Be­zug auf eine Erb­las­se­rin oder einen Erb­las­ser führen würde. Hätte der Kläger, der bis heute in dem Haus "Nr. 6" wohnt, das Haus "Nr. 24" un­verzüglich zur Selbst­nut­zung be­stimmt, hätte ihm die Steu­er­be­frei­ung zu­ge­stan­den. Würde man al­lein auf den Hin­weis, die Erb­las­se­rin habe den Um­zug in die 6 be­ab­sich­tigt, eine An­wen­dung des § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 1 ErbStG zu­las­sen, hätte dem Er­ben im Streit­fall (fak­ti­sch) ein Wahl­recht zu­ge­stan­den, das si­cher­lich nicht mit der ver­fas­sungs­recht­lich ge­bo­te­nen ein­schränken­den Aus­le­gung der Re­ge­lung ver­ein­bar ist.

Der Se­nat ist darüber hin­aus auch nicht zu der Über­zeu­gung ge­langt, dass der Erb­las­se­rin ein Um­zug in das "Haus Nr. 6" aus ge­sund­heit­li­chen Gründen unmöglich war. Auch die schwere Er­kran­kung an Lun­gen­krebs hatte die Erb­las­se­rin of­fen­sicht­lich nicht daran ge­hin­dert, ihr Le­ben bis zu­letzt recht selbst­be­stimmt und ei­genständig zu führen. So war sie nach Aus­kunft des Klägers im­mer­hin noch bis zu ih­rem Tode in der Lage, einen PKW selbständig im Straßenver­kehr zu führen.

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