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Keine steuerliche Begünstigung für von Trägervereinen betriebene Freibäder

BFH 9.11.2016, I R 56/15

Be­treibt eine städti­sche Ge­sell­schaft ein ver­lust­brin­gen­des Frei­bad nicht selbst, son­dern ver­pach­tet sie es an einen Träger­ver­ein, lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen für die steu­er­li­che Begüns­ti­gung dau­er­de­fi­zitärer Tätig­kei­ten der öff­ent­li­chen Hand nicht vor. Es ist für die An­wen­dung des § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG schädlich, wenn eine Bäder­ge­sell­schaft ein Frei­bad nicht selbst be­treibt, son­dern die begüns­tigte Tätig­keit auf­grund des Pacht­ver­tra­ges un­mit­tel­bar vom Träger­ver­ein ausgeübt wird.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine GmbH. De­ren Al­lein­ge­sell­schaf­te­rin ist eine Kom­mune. Die Kläge­rin ist Or­ganträge­rin ei­ner Bäder­ge­sell­schaft, de­ren An­teile sämt­lich von der Kläge­rin ge­hal­ten wer­den. Da ein Frei­bad auf­grund nied­ri­ger Be­su­cher­zah­len von der Schließung be­droht war, wurde im De­zem­ber 2005 ein Träger­ver­ein Frei­bad e.V. gegründet und die Bäder­ge­sell­schaft ver­pach­tete an die­sen den Be­trieb. Der schrift­li­che Pacht­ver­trag sah u.a. die Zah­lung ei­ner Pacht vor, die sich nach der Höhe der Ab­schrei­bun­gen bei der Bäder­ge­sell­schaft be­mes­sen sollte. Des Wei­te­ren sollte die Bäder­ge­sell­schaft einen Zu­schuss gewähren, des­sen Höhe Ge­gen­stand ei­ner ge­son­der­ten Ver­ein­ba­rung sei.

In den Streit­jah­ren 2006 bis 2011 leis­tete der Träger­ver­ein die ver­ein­bar­ten Pach­ten - es han­delte sich um Jah­res­beträge zwi­schen rund 6.000 € und 22.500 € - und die Bäder­ge­sell­schaft die Be­triebs­kos­ten­zu­schüsse, zu­meist i.H.v. 100.000 € jähr­lich. Sie be­han­delte die Zu­schuss­zah­lun­gen in ih­rer Ge­winn­er­mitt­lung als Be­triebs­aus­ga­ben, was das Fi­nanz­amt al­ler­dings nicht an­er­kannte. Es ging da­von aus, dass es sich bei den Zah­lun­gen an den Träger­ver­ein um ver­deckte Ge­winn­aus­schüttun­gen (vGA) han­dele und die ent­spre­chen­den Rechts­fol­gen hier­aus zu zie­hen seien. Die Aus­nah­me­re­ge­lung in § 8 Abs. 7 i.V.m. § 34 Abs. 6 S. 4 KStG sei tat­be­stand­lich nicht erfüllt, weil das dau­er­de­fi­zitäre Frei­bad nicht un­mit­tel­bar von der Kläge­rin selbst, son­dern vom Träger­ver­ein be­trie­ben wor­den sei.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das FG hatte § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG rechts­feh­ler­haft an­ge­wen­det.

Zwar ist auch der dau­er­de­fi­zitäre Be­trieb ei­nes Frei­ba­des dem Grunde nach steu­er­lich zu begüns­ti­gen. Al­ler­dings wird diese Begüns­ti­gung nur dann gewährt, wenn die Ge­meinde ent­we­der mit einem ei­ge­nen Be­trieb (Be­trieb ge­werb­li­cher Art) die dau­er­de­fi­zitäre Tätig­keit selbst ausübt oder eine kom­mu­nale Ei­gen­ge­sell­schaft (Ka­pi­tal­ge­sell­schaft, de­ren An­teile sich in der Hand ei­ner Kom­mune be­fin­den) das Frei­bad selbst be­treibt.

In­fol­ge­des­sen kam die ge­setz­li­che Begüns­ti­gung be­stimm­ter dau­er­de­fi­zitärer Tätig­kei­ten im Streit­fall nicht zum Tra­gen, weil die Bäder­ge­sell­schaft das Dau­er­ver­lust­ge­schäft nicht selbst be­trie­ben hat. Es ist für die An­wen­dung des § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG schädlich, dass die Bäder­ge­sell­schaft das Frei­bad nicht selbst be­trie­ben hat, son­dern die begüns­tigte Tätig­keit auf­grund des Pacht­ver­tra­ges un­mit­tel­bar vom Träger­ver­ein ausgeübt wurde. Der Se­nat er­ach­tet den Ge­set­zes­wort­laut als ein­deu­tig. Die in § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 und S. 2 KStG ver­wen­de­ten Ver­ben "ausüben" und "un­ter­hal­ten" zei­gen, dass die Norm nur sol­che Dau­er­ver­lust­ge­schäfte tat­be­stand­lich er­fasst, die von der Ka­pi­tal­ge­sell­schaft in ei­ge­ner Per­son un­ter­nom­men wer­den. Auch der Be­griff des "Un­ter­hal­tens", der et­was wei­ter reicht als der des "Ausübens", setzt vor­aus, dass die Ge­sell­schaft den Be­trieb auf ei­gene Rech­nung führt.

Hin­ter­grund:
Fast alle größeren Kom­mu­nen in Deutsch­land un­ter­hal­ten Freibäder und ent­spre­chen da­mit ty­pi­scher­weise ei­ner Er­war­tungs­hal­tung ih­rer Bürger. Un­ter den kli­ma­ti­schen Be­din­gun­gen Mit­tel­eu­ro­pas rech­nen sich al­ler­dings Freibäder für die Ge­mein­den be­triebs­wirt­schaft­lich nicht, es sei denn diese würden hohe Ein­tritts­preise ver­lan­gen. Das wie­derum ist so­zi­al­po­li­ti­sch aus Sicht vie­ler Men­schen nicht ak­zep­ta­bel. Folg­lich ist der Frei­bad­be­trieb hier­zu­lande re­gelmäßig dau­er­de­fi­zitär.

Der Ge­setz­ge­ber begüns­tigt sol­che dau­er­de­fi­zitären Tätig­kei­ten der Ge­mein­den al­ler­dings aus so­zi­al­po­li­ti­schen Gründen, in­dem er die Ver­luste steu­er­lich an­er­kennt und da­mit ihre Ver­rech­nung mit Ge­win­nen der Ge­mein­den aus an­de­ren Tätig­kei­ten ermöglicht. Hierzu gehören etwa städti­sche Ge­winne aus En­er­gie­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men. Man spricht bei die­sem Ver­rech­nungs­mo­dell übli­cher­weise vom kom­mu­na­len Quer­ver­bund.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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