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Keine Umsatzsteuerbefreiung für Umsätze eines Reiterhofs

BFH 26.11.2014, XI R 25/13

Eine Kos­tenüber­nahme durch staat­li­che Ein­rich­tun­gen könnte für eine Steu­er­be­frei­ung nach Art. 132 Abs. 1h MwSt­Sys­tRL spre­chen, wo­nach eng mit der Kin­der- und Ju­gend­be­treu­ung ver­bun­de­nen Dienst­leis­tun­gen und Lie­fe­run­gen von Ge­genständen durch Ein­rich­tun­gen des öff­ent­li­chen Rechts oder an­dere von dem be­tref­fen­den Mit­glied­staat als Ein­rich­tung mit so­zia­lem Cha­rak­ter an­er­kann­ten Ein­rich­tun­gen von der Um­satz­steuer be­freit sind. Eine sol­che Steu­er­be­frei­ung schei­det ins­be­son­dere aus, wenn Auf­trag­ge­ber des Steu­er­pflich­ti­gen (hier: Be­trei­ber ei­nes Rei­ter­hofs) die El­tern sind.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin hielt in den Streit­jah­ren 2007 und 2008 auf einem Hof­grundstück etwa 30 Pferde und Po­nys, Schafe, Zie­gen, Ha­sen und an­dere Klein­tiere. Das An­we­sen um­fasste Stal­lun­gen, Scheu­nen, Kop­pel, Reit­platz etc., aber keine Reit­halle. Seit 2001 hat die Kläge­rin ein Ge­werbe für pädago­gi­sch-the­ra­peu­ti­sches Rei­ten so­wie An- und Ver­kauf von Pfer­de­zu­behör an­ge­mel­det. Aus dem Un­ter­neh­men er­wirt­schaf­tete sie al­ler­dings bis­her nur Ver­luste.

Für die Um­satz­steuer nahm die Kläge­rin zunächst die Klein­un­ter­neh­mer­re­ge­lung in An­spruch. In den Jah­ren 2005 und 2006 ver­steu­erte sie die Umsätze mit dem Re­gel­steu­er­satz. Für das Jahr 2007 reichte die Kläge­rin - trotz Auf­for­de­rung - zunächst keine Um­satz­steu­er­erklärung ein. Sie war der An­sicht, sämt­li­che Leis­tun­gen seien gem. § 4 Nr. 14 UStG steu­er­freie Heil­be­hand­lun­gen. Im Rah­men ei­ner Außenprüfung für das Jahr 2007 trug die Kläge­rin vor, sie habe nach § 4 Nr. 23 UStG steu­er­freie Umsätze getätigt. Ihre Leis­tun­gen seien als Be­her­ber­gung, Bekösti­gung und Na­tu­ral­leis­tun­gen zur Er­zie­hung, Aus­bil­dung und Fort­bil­dung von Ju­gend­li­chen an­zu­se­hen.

Das Fi­nanz­amt sah kei­ner­lei Hin­weise für eine steu­er­freie hip­po­the­ra­peu­ti­sche Tätig­keit und be­ur­teilte die Umsätze der Kläge­rin als steu­er­pflich­tig. Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auch die Re­vi­sion der Kläge­rin vor dem BFH war er­folg­los.

Gründe:
Die Umsätze der Kläge­rin wa­ren nicht nach § 4 Nr. 14 oder 23 UStG um­satz­steu­er­frei. Hierfür fehlte so­wohl ein be­ruf­li­cher Befähi­gungs­nach­weis der Kläge­rin als auch eine ärzt­li­che Ver­ord­nung der Maßnah­men. Eine Steu­er­be­frei­ung der Leis­tun­gen der Kläge­rin nach § 4 Nr. 25 UStG a.F. kam nicht in Be­tracht, da sie als nicht ge­meinnützige An­bie­te­rin keine Träge­rin der (öff­ent­li­chen oder freien) Ju­gend­hilfe war. Die Vor­aus­set­zun­gen der Steu­er­be­frei­ung des § 4 Nr. 25 UStG i.d.F. ab 1.1.2008 la­gen in Be­zug auf die im Jahr 2008 er­brach­ten Leis­tun­gen eben­falls nicht vor, da die Kläge­rin nicht zu den in § 4 Nr. 25 S. 2b UStG ge­nann­ten Per­so­nen gehörte.

Auch konnte die Kläge­rin die Steu­er­be­frei­ung des Art. 132 Abs. 1h MwSt­Sys­tRL nicht in An­spruch neh­men. Da­nach be­freien die Mit­glied­staa­ten zwar die eng mit der Kin­der- und Ju­gend­be­treu­ung ver­bun­de­nen Dienst­leis­tun­gen und Lie­fe­run­gen von Ge­genständen durch Ein­rich­tun­gen des öff­ent­li­chen Rechts oder an­dere von dem be­tref­fen­den Mit­glied­staat als Ein­rich­tung mit so­zia­lem Cha­rak­ter an­er­kann­ten Ein­rich­tun­gen. Doch die Kläge­rin erfüllte die per­so­nel­len Vor­aus­set­zun­gen die­ser Steu­er­be­frei­ung nicht, denn sie ist nicht als ver­gleich­bare Ein­rich­tung mit so­zia­lem Cha­rak­ter an­er­kannt. Eine Kos­tenüber­nahme durch staat­li­che Ein­rich­tun­gen, aus der die er­for­der­li­che An­er­ken­nung hätte ab­ge­lei­tet wer­den können, lag nicht vor, und zwar we­der un­mit­tel­bar noch mit­tel­bar. Auf­trag­ge­ber der Kläge­rin wa­ren schließlich die El­tern.

Letzt­lich stand der Kläge­rin für ihre Umsätze die von ihr gel­tend ge­machte Steu­er­be­frei­ung nach Art. 132 Abs. 1m MwSt­Sys­tRL nicht zu. Da­nach be­freien die Mit­glied­staa­ten be­stimmte, in en­gem Zu­sam­men­hang mit Sport und Körper­ertüch­ti­gung ste­hende Dienst­leis­tun­gen, die Ein­rich­tun­gen ohne Ge­winn­stre­ben an Per­so­nen er­brin­gen, die Sport oder Körper­ertüch­ti­gung ausüben. Das FG hatte zu Recht ent­schie­den, dass die Kläge­rin mit ih­rer un­ter­neh­me­ri­schen Tätig­keit (auch ohne Ein­be­zie­hung ih­rer wei­te­ren Einkünfte) keine Ein­rich­tung ohne Ge­winn­stre­ben ist. Diese An­sicht war ins­be­son­dere auf­grund der vom FG als un­gewöhn­lich gewürdig­ten Stei­ge­rungs­ra­ten bei den Aus­ga­ben für Pfer­de­be­treu­ung, die an den Ehe­mann der Kläge­rin ge­zahlt wor­den wa­ren, möglich und ver­stieß nicht ge­gen Denk­ge­setze oder Er­fah­rungssätze.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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