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Rechtsberatung

Keine Urheberrechtsverletzung bei der Bildersuche durch Suchmaschinen

BGH 21.9.2017, I ZR 11/16

Eine An­zeige ur­he­ber­recht­lich ge­schütz­ter Bil­der, die von In­ter­net-Such­ma­schi­nen auf­ge­fun­den wor­den sind, ver­letzt keine Ur­he­ber­rechte. Der An­bie­ter ei­ner Such­funk­tion muss nicht überprüfen, ob die auf­ge­fun­de­nen Bil­der rechtmäßig ein­ge­stellt wor­den sind, be­vor er sie als Vor­schau­bil­der wie­der­gibt.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin be­treibt eine In­ter­net­seite, auf der sie Fo­to­gra­fien an­bie­tet. Be­stimmte In­halte ih­res In­ter­net­auf­tritts können nur von re­gis­trier­ten Kun­den ge­gen Zah­lung ei­nes Ent­gelts und nach Ein­gabe ei­nes Pass­worts ge­nutzt wer­den. Die Kun­den dürfen die im pass­wort­ge­schütz­ten Be­reich ein­ge­stell­ten Fo­to­gra­fien auf ihre Rech­ner her­un­ter­la­den.

Die Be­klagte bie­tet auf ih­rer In­ter­net­seite die kos­ten­freie Durchführung ei­ner Bil­der­re­cher­che an­hand von Such­be­grif­fen an, die Nut­zer in eine Such­maske ein­ge­ben können. Für die Durchführung der Bil­der­re­cher­che greift die Be­klagte auf die Such­ma­schine von Google zurück, zu der sie auf ih­rer Web­seite einen Link ge­setzt hat. Die Such­ma­schine er­mit­telt die im In­ter­net vor­han­de­nen Bild­da­teien, in­dem sie die frei zugäng­li­chen Web­sei­ten in re­gelmäßigen Abständen nach dort ein­ge­stell­ten Bil­dern durch­sucht. Die auf­ge­fun­de­nen Bil­der wer­den in einem au­to­ma­ti­sier­ten Ver­fah­ren nach Such­be­grif­fen in­de­xiert und als ver­klei­nerte Vor­schau­bil­der auf den Ser­vern von Google ge­spei­chert. Ge­ben die In­ter­net­nut­zer in die Such­maske der Be­klag­ten einen Such­be­griff ein, wer­den die von Google dazu vor­ge­hal­te­nen Vor­schau­bil­der ab­ge­ru­fen und auf der In­ter­net­seite der Be­klag­ten in Er­geb­nis­lis­ten an­ge­zeigt.

Bei Ein­gabe be­stimm­ter Na­men in die Such­maske der Be­klag­ten wur­den im Juni 2009 ver­klei­nerte Fo­to­gra­fien von un­ter die­sen Na­men auf­tre­ten­den Mo­dels als Vor­schau­bil­der an­ge­zeigt. Die Bil­der­such­ma­schine von Google hatte die Fo­to­gra­fien auf frei zugäng­li­chen In­ter­net­sei­ten auf­ge­fun­den. Die Kläge­rin be­haup­tet, sie habe die aus­schließli­chen Nut­zungs­rechte an den Fo­to­gra­fien er­wor­ben und diese in den pass­wort­ge­schütz­ten Be­reich ih­rer In­ter­net­seite ein­ge­stellt. Von dort hätten Kun­den die Bil­der her­un­ter­ge­la­den und un­er­laubt auf den von der Such­ma­schine er­fass­ten In­ter­net­sei­ten veröff­ent­licht. Sie sieht in der An­zeige der Vor­schau­bil­der auf der In­ter­net­seite der Be­klag­ten eine Ver­let­zung ih­rer ur­he­ber­recht­li­chen Nut­zungs­rechte und hat diese auf Un­ter­las­sung, Aus­kunfts­er­tei­lung und Scha­dens­er­satz in An­spruch ge­nom­men.

LG und OLG wie­sen die Klage ab. Die Re­vi­sion der Kläge­rin hatte vor dem BGH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Die Be­klagte hat da­durch, dass sie die von der Such­ma­schine auf­ge­fun­de­nen und als Vor­schau­bil­der ge­spei­cher­ten Fo­to­gra­fien auf ih­rer In­ter­net­seite an­ge­zeigt hat, nicht das aus­schließli­che Recht der Kläge­rin aus § 15 Abs. 2 UrhG zur öff­ent­li­chen Wie­der­gabe der Licht­bil­der ver­letzt. Das gilt auch für den Fall, dass die Fo­to­gra­fien ohne Zu­stim­mung der Kläge­rin ins frei zugäng­li­che In­ter­net ge­langt sind.

§ 15 Abs. 2 UrhG setzt Art. 3 Abs. 1 der Richt­li­nie 2001/29/EG um und ist da­her richt­li­ni­en­kon­form aus­zu­le­gen. Nach der Recht­spre­chung des EuGH stellt das Set­zen ei­nes Links auf eine frei zugäng­li­che In­ter­net­seite, auf der ur­he­ber­recht­lich ge­schützte Werke ohne Er­laub­nis des Rechts­in­ha­bers ein­ge­stellt sind, nur dann eine öff­ent­li­che Wie­der­gabe dar, wenn der Ver­lin­kende die Rechts­wid­rig­keit der Veröff­ent­li­chung der Werke auf der an­de­ren In­ter­net­seite kannte oder vernünf­ti­ger­weise ken­nen konnte. Diese Recht­spre­chung be­ruht auf der Erwägung, dass das In­ter­net für die Mei­nungs- und In­for­ma­ti­ons­frei­heit von be­son­de­rer Be­deu­tung ist und Links zum gu­ten Funk­tio­nie­ren des In­ter­nets und zum Mei­nungs- und In­for­ma­ti­ons­aus­tausch in die­sem Netz bei­tra­gen. Diese Erwägung gilt auch für Such­ma­schi­nen und für Links, die - wie im Streit­fall - den In­ter­net­nut­zern den Zu­gang zu Such­ma­schi­nen ver­schaf­fen.

Im Streit­fall mus­ste die Be­klagte nicht da­mit rech­nen, dass die Fo­to­gra­fien un­er­laubt in die von der Such­ma­schine auf­ge­fun­de­nen In­ter­net­sei­ten ein­ge­stellt wor­den wa­ren. Nach der Recht­spre­chung des EuGH be­steht zwar bei Links, die mit Ge­winn­er­zie­lungs­ab­sicht auf In­ter­net­sei­ten mit rechts­wid­rig ein­ge­stell­ten Wer­ken ge­setzt wor­den sind, eine wi­der­leg­li­che Ver­mu­tung, dass sie in Kennt­nis der feh­len­den Er­laub­nis des Ur­he­ber­rechts­in­ha­bers zur Veröff­ent­li­chung der Werke im In­ter­net ge­setzt wor­den sind. Diese Be­wer­tung be­ruht auf der An­nahme, dass von dem­je­ni­gen, der Links mit Ge­winn­er­zie­lungs­ab­sicht setzt, er­war­tet wer­den kann, dass er sich vor der öff­ent­li­chen Wie­der­gabe ver­ge­wis­sert, dass die Werke auf der ver­link­ten In­ter­net­seite nicht un­be­fugt veröff­ent­licht wor­den sind.

Diese Ver­mu­tung gilt we­gen der be­son­de­ren Be­deu­tung von In­ter­net­such­diens­ten für die Funk­ti­onsfähig­keit des In­ter­nets je­doch nicht für Such­ma­schi­nen und für Links, die zu ei­ner Such­ma­schine ge­setzt wer­den. Von dem An­bie­ter ei­ner Such­funk­tion kann nicht er­war­tet wer­den, dass er überprüft, ob die von der Such­ma­schine in einem au­to­ma­ti­sier­ten Ver­fah­ren auf­ge­fun­de­nen Bil­der rechtmäßig ins In­ter­net ein­ge­stellt wor­den sind, be­vor er sie auf sei­ner In­ter­net­seite als Vor­schau­bil­der wie­der­gibt. Für die An­nahme ei­ner öff­ent­li­chen Wie­der­gabe muss des­halb fest­ste­hen, dass der An­bie­ter der Such­funk­tion von der feh­len­den Er­laub­nis des Rechts­in­ha­bers zur Veröff­ent­li­chung der Werke im In­ter­net wusste oder hätte wis­sen müssen. Vor­lie­gend hat das OLG rechts­feh­ler­frei an­ge­nom­men, es könne nicht fest­ge­stellt wer­den, dass die Be­klagte bei der Wie­der­gabe der Fo­to­gra­fien als Vor­schau­bil­der auf ih­rer In­ter­net­seite da­mit rech­nen mus­ste, dass die Bil­der un­er­laubt ins frei zugäng­li­che In­ter­net ein­ge­stellt wor­den wa­ren.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
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