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Kennzeichnungspflicht für gesponserte Beiträge in Printmedien ("Anzeige") verstößt nicht gegen Unionsrecht

EuGH 17.10.2013, C-391/12

Das an die deut­schen Print­me­dien ge­rich­tete Ver­bot, ge­spon­serte Beiträge ohne Kenn­zeich­nung mit dem Be­griff "An­zeige" zu veröff­ent­li­chen, verstößt grundsätz­lich nicht ge­gen das Uni­ons­recht. Da der Uni­ons­ge­setz­ge­ber für die Print­me­dien hierzu noch keine Rechts­vor­schrif­ten er­las­sen hat, blei­ben die Mit­glied­staa­ten zur Re­ge­lung die­ser Ma­te­rie be­fugt.

Der Sach­ver­halt:
Das in Stutt­gart er­schei­nende An­zei­gen­blatt GOOD NEWS veröff­ent­lichte in sei­ner Aus­gabe von Juni 2009 zwei ge­spon­serte Ar­ti­kel. Der er­ste Bei­trag trug die Über­schrift "VfB VIP-Geflüster" trug und be­rich­tete über pro­mi­nente Gäste, die beim Sai­son­ab­schluss des Fußball­bun­des­li­gis­ten VfB Stutt­gart an­we­send wa­ren. Der Ar­ti­kel wurde von dem Un­ter­neh­men "Scharr" ge­spon­sert.

Spon­sor des zwei­ten Bei­trags, der Teil der Se­rie "Wo­hin Stutt­gar­ter ver­rei­sen" mit dem Ti­tel­zu­satz "Heute: Leip­zig" war und bei dem es sich um ein Kurz­porträt der Stadt Leip­zig han­delte, war Ger­man­wings. Beide Beiträge wa­ren mit dem Zu­satz "Spon­so­red by", nicht aber mit dem Be­griff "An­zeige" ge­kenn­zeich­net. Das Stutt­gar­ter Wo­chen­blatt möchte GOOD NEWS die Veröff­ent­li­chung ge­spon­ser­ter Beiträge ver­bie­ten las­sen, die nicht mit dem Be­griff "An­zeige" ge­kenn­zeich­net sind.

LG und OLG ga­ben dem Un­ter­las­sungs­an­trag statt. Der mit dem Re­vi­si­ons­ver­fah­ren be­fasste BGH setzte das Ver­fah­ren aus und legte dem EuGH fol­gende Frage zur Vor­ab­ent­schei­dung vor:

Steht die Richt­li­nie 2005/29 über un­lau­tere Ge­schäfts­prak­ti­ken der An­wen­dung ei­ner na­tio­na­len Vor­schrift (hier: § 10 Pres­seG BW) ent­ge­gen, die im Ge­gen­satz zu Art. 7 Abs. 2 und Nr. 11 des An­hangs I der Richt­li­nie jede ent­gelt­li­che Veröff­ent­li­chung un­abhängig von dem da­mit ver­folg­ten Zweck ver­bie­tet, wenn die Veröff­ent­li­chung nicht durch die Ver­wen­dung des Be­griffs "An­zeige" kennt­lich ge­macht wird, es sei denn, schon durch die An­ord­nung und Ge­stal­tung der Veröff­ent­li­chung ist zu er­ken­nen, dass es sich um eine An­zeige han­delt?

Die Gründe:
Es ist nicht Auf­gabe der Richt­li­nie, den Mit­be­wer­ber ei­nes Pres­se­ver­le­gers zu schützen, wenn die­ser ge­spon­serte Beiträge ohne Kenn­zeich­nung mit dem Be­griff "An­zeige" veröff­ent­licht hat, die ge­eig­net wa­ren, die Pro­dukte oder Dienst­leis­tun­gen des Spon­sors zu be­wer­ben. In­so­weit steht die Richt­li­nie der An­wen­dung ei­ner na­tio­na­len Be­stim­mung - hier § 10 Pres­seG BW - nicht ent­ge­gen, wo­nach Pres­se­ver­le­ger jede Veröff­ent­li­chung in ih­ren pe­rio­di­schen Druck­wer­ken, für die sie ein Ent­gelt er­hal­ten, spe­zi­ell kenn­zeich­nen müssen - im vor­lie­gen­den Fall mit dem Be­griff "An­zeige" -, es sei denn, durch die An­ord­nung und Ge­stal­tung der Veröff­ent­li­chung ist all­ge­mein zu er­ken­nen, dass es sich um eine An­zeige han­delt.

Die Richt­li­nie ver­pflich­tet zwar in der Tat die in­se­rie­ren­den Un­ter­neh­men, deut­lich dar­auf hin­zu­wei­sen, dass sie einen re­dak­tio­nel­len Me­di­en­in­halt fi­nan­ziert ha­ben, wenn die­ser In­halt ihre Pro­dukte oder Dienst­leis­tun­gen be­wer­ben soll. Fehlt ein sol­cher deut­li­cher Hin­weis, liegt eine un­lau­tere und da­mit ver­bo­tene Ge­schäfts­prak­tik des Spon­sors vor. Die­ses Ver­bot ist je­doch grundsätz­lich nicht auf den Pres­se­ver­le­ger an­wend­bar, der den ge­spon­ser­ten Bei­trag veröff­ent­licht. Nur dann, wenn er im Na­men und/oder Auf­trag des Spon­sors ge­han­delt hat - was vor­lie­gend nicht der Fall ist -, würde auch er von der Pflicht aus der Richt­li­nie er­fasst. Das be­deu­tet al­ler­dings nicht, dass das Ver­bot un­lau­te­rer Ge­schäfts­prak­ti­ken nicht auch un­mit­tel­bar für einen Pres­se­ver­le­ger gilt, wenn er für sein ei­ge­nes Pro­dukt - die Zei­tung - wirbt, z.B. in­dem er Ge­winn­spiele, Rätsel oder Preis­aus­schrei­ben an­bie­tet, die Ge­winn­chan­cen eröff­nen.

Zwar hat der Uni­ons­ge­setz­ge­ber im Rah­men der Richt­li­nie über au­dio­vi­su­elle Me­di­en­dienste (2010/13/EU) be­reits die Pflich­ten von An­bie­tern au­dio­vi­su­el­ler Me­dien für den Fall fest­ge­legt, dass ihre Dienste oder Sen­dun­gen von Drit­tun­ter­neh­men ge­spon­sert wer­den, doch hat er für die Print­me­dien noch keine ver­gleich­ba­ren Rechts­vor­schrif­ten er­las­sen. Da­her blei­ben die Mit­glied­staa­ten be­fugt, un­ter Be­ach­tung der Be­stim­mun­gen des Ver­trags über die Ar­beits­weise der EU, ins­bes. der­je­ni­gen über den freien Dienst­leis­tungs­ver­kehr und die Nie­der­las­sungs­frei­heit, den Pres­se­ver­le­gern die Pflicht auf­zu­er­le­gen, die Le­ser auf das Spon­so­ring von re­dak­tio­nel­len In­hal­ten auf­merk­sam zu ma­chen.

Link­hin­weis:

Für den auf den Web­sei­ten des EuGH veröff­ent­lich­ten Voll­text der Ent­schei­dung kli­cken Sie bitte hier.

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