Der Sachverhalt:
Nach dem KernbrStG vom 8.12.2010 unterlag Kernbrennstoff, der zur gewerblichen Erzeugung von elektrischem Strom verwendet wurde, der Besteuerung. Das KernbrStG sollte Besteuerungsvorgänge erfassen, bei denen die sich selbsttragende Kettenreaktion vor dem 1.1.2017 ausgelöst wurde. Bei der Steuer handelte es sich nach Auffassung des Gesetzgebers um eine "Verbrauchsteuer i.S.d. AO". Steuerschuldner waren die Betreiber von Kernkraftwerken. Die Steuereinnahmen aus der Kernbrennstoffsteuer betrugen für den Bundeshaushalt in den Jahren 2011 bis 2016 insgesamt über 6,2 Mrd. €.
Die Gründe:
Das KernbrStG vom 8.12.2010 ist mit Art. 105 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG unvereinbar und nichtig. Denn dem Bundesgesetzgeber fehlte die Gesetzgebungskompetenz zu seinem Erlass.
Innerhalb der durch Art. 105 und Art. 106 GG vorgegebenen Typusbegriffe steht es dem Gesetzgeber offen, neue Steuern zu "erfinden" und bestehende Steuergesetze zu verändern. Die Zuweisung von Gesetzgebungskompetenzen an Bund und Länder durch Art. 105 GG i.V.m. Art. 106 GG ist abschließend. Der einfache Gesetzgeber darf nur solche Steuern einführen, deren Ertrag durch Art. 106 GG dem Bund, den Ländern oder Bund und Ländern gemeinschaftlich zugewiesen wird. Ein freies Steuererfindungsrecht kommt weder dem Bund noch den Ländern zu.
Die Kernbrennstoffsteuer ist eine Steuer im finanzverfassungsrechtlichen Sinne, denn sie ist ohne individuelle Gegenleistung zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs erhoben worden. Sie entspricht aber nicht dem Typus der Verbrauchsteuer gem. Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG. Die Besteuerung des unternehmerischen Verbrauchs eines reinen Produktionsmittels ist mit einem gesetzgeberischen Konzept, im Wege der Verbrauchsteuer auf die private Einkommensverwendung Zugriff zu nehmen, regelmäßig nicht zu vereinbaren.
Der Verstoß des KernbrStG gegen Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG führte somit zur Nichtigerklärung des Gesetzes. Zwar kann die Notwendigkeit einer verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung es gebieten, von einer Rückwirkung der Entscheidung abzusehen. Die Notwendigkeit einer verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung kann allerdings nur Geltung beanspruchen, wenn der Gesetzgeber sich auf seine Finanz- und Haushaltsplanung verlassen durfte. Dies war im Hinblick auf die von Anfang an mit erheblichen finanzverfassungsrechtlichen Unsicherheiten belastete Kernbrennstoffsteuer allerdings nicht der Fall.
Hintergrund:
Soweit die Senatsmehrheit das KernbrStG für verfassungswidrig hielt, stimmten die Richter Huber und Müller dem zwar im Ergebnis, nicht jedoch in der Begründung zu.
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