Der Sachverhalt:
Der Sohn des Klägers befand sich bis einschließlich Februar 2012 in beruflicher Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik. Nach erfolgreichem Abschluss bewarb sich der damals 22-Jährige im selben Monat für einen Platz an einer Technikerschule sowie einer Fachoberschule für Technik. Bereits zu diesem Zeitpunkt strebte er diese Weiterbildungsmaßnahmen mit dem Fernziel der Erlangung des Abschlusses eines Elektrotechnikers oder Elektroingenieurs an.
Mitte Oktober 2012 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für den Sohn des Klägers im Hinblick auf den Streitzeitraum März bis Juli 2012 auf. Die Behörde war der Ansicht, ein Anspruch auf Kindergeld bestehe für diesen Zeitraum nicht, weil der Sohn - nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung im Februar 2012 - ab März bis Juli 2012 einer Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Stunden pro Woche nachgegangen sei.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Gründe:
Der Kläger hat nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG im Streitzeitraum einen Anspruch auf Kindergeld für seinen Sohn.
Der Anspruch auf Kindergeld war wegen der Erwerbstätigkeit des Sohnes im Streitzeitraum nicht ausgeschlossen. Er hatte in diesem Zeitraum schließlich noch keine erstmalige Berufsausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG abgeschlossen. Die Voraussetzung "Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung" i.S.d. Vorschrift liegt erst dann vor, wenn das Kind befähigt ist, einen von ihm angestrebten Beruf auszuüben. Dies hat zur Folge, dass auch erst dann der Verbrauch der Erstausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG eintreten kann.
Da es im Rahmen des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG auf das angestrebte Berufsziel des Kindes ankommt, muss der Tatbestand "Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung" nicht bereits mit dem ersten (objektiv) berufsqualifizierenden Abschluss (z.B. in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang) erfüllt. sein (BFH-Urt. v. 3.7.2014, Az.: III R 52/13). Dies folgt u.a. aus einer gegenüber § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a EStG (Kind, das "für einen Beruf ausgebildet wird") engeren Auslegung des Berufsausbildungsbegriffs. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an.
Ob bereits der erste (objektiv) berufsqualifizierende Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang zum Verbrauch der Erstausbildung führt oder ob bei einer mehraktigen Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss Teil der Erstausbildung sein kann, richtet sich danach, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt. Mehraktige Ausbildungsmaßnahmen sind dann als Teil einer einheitlichen Erstausbildung zu qualifizieren, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das - von den Eltern und dem Kind - bestimmte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann. Da das FG im vorliegenden Fall von anderen Maßstäben ausgegangen war, musste das Urteil aufgehoben werden.
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