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Kindergeld: Keine Berücksichtigung eines arbeitsunfähig erkrankten Kindes bei fehlender Meldung als arbeitssuchend

FG Köln 10.3.2016, 1 K 560/14

Die Mel­dung als Ar­beits­su­chen­der bleibt auch dann Vor­aus­set­zung für eine Berück­sich­ti­gung, wenn das Kind auf­grund ei­ner Er­kran­kung ar­beits­unfähig ist. Dies er­gibt sich be­reits aus dem ein­deu­ti­gen Wort­laut der Vor­schrift, wo­nach die Mel­dung als Ar­beits­su­chen­der bei ei­ner Agen­tur für Ar­beit zwin­gende Vor­aus­set­zung der Berück­sich­ti­gung ist.

Der Sach­ver­halt:
Der Sohn des Klägers hatte im Au­gust 2009 im Al­ter von 18 Jah­ren eine Be­rufs­aus­bil­dung zum Kfz-Me­cha­tro­ni­ker be­gon­nen. Die Aus­bil­dung be­en­dete er al­ler­dings be­reits im No­vem­ber 2009 wie­der. In der Folge be­gann der Sohn im De­zem­ber 2009 eine Be­rufs­aus­bil­dung im Be­trieb sei­nes Va­ters. Die­ses Aus­bil­dungs­verhält­nis wurde durch Auf­he­bungs­ver­trag im März 2010 be­en­det. Eine im Au­gust 2011 be­gon­nene Aus­bil­dung zum Ma­ler wurde eben­falls nach gut neun Mo­na­ten be­en­det. Im Juni 2012 be­gann der Sohn des Klägers eine er­neute Aus­bil­dung zum Ma­ler und La­ckie­rer.

Im Ja­nuar 2013 for­derte die Fa­mi­li­en­kasse den Kläger auf, u.a. für April 2010 bis Juli 2011 Un­ter­la­gen vor­zu­le­gen, aus de­nen sich ein Kin­der­geld­an­spruch ergäbe. Da dar­auf keine Re­ak­tion er­folgte, kündigte die Behörde für die­sen Zeit­raum die Auf­he­bung der Kin­der­geld­fest­set­zung und die Rück­for­de­rung an. Da auch hier­auf keine Re­ak­tion sei­tens des Klägers er­folgte, hob die Fa­mi­li­en­kasse im Sep­tem­ber 2013 die Fest­set­zung des Kin­der­gel­des für den Sohn des Klägers gem. § 70 Abs. 2 EStG ab April 2010 auf und for­derte das für den Zeit­raum ge­zahlte Kin­der­geld i.H.v. 3.040 € zurück.

Der Kläger erklärte, er und sein Kind hätten sich auf­grund ei­nes plötz­li­chen To­des­falls in­ner­halb des engs­ten Fa­mi­li­en­krei­ses in ei­ner be­son­de­ren Aus­nah­me­si­tua­tion be­fun­den. In­folge des Trau­mas habe sein Sohn sich von Juni bis Au­gust 2010 in sta­tionärer und von Sep­tem­ber bis Ende No­vem­ber 2010 in teil­sta­tionärer Be­hand­lung in ei­ner Kli­nik für Psych­ia­trie be­fun­den. Er reichte ein At­test über eine fest­ge­stellte mit­tel­gra­dige de­pres­sive Epi­sode ein. In­fol­ge­des­sen sei sein Sohn we­der in der Lage ge­we­sen sich bei ei­ner Agen­tur für Ar­beit ar­beit­su­chend zu mel­den noch ein Aus­bil­dungs­verhält­nis oder eine sons­tige Ar­beits­stelle an­zu­tre­ten oder fort­zu­set­zen. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG sei te­leo­lo­gi­sch da­hin­ge­hend aus­zu­le­gen, dass es im an­dau­ern­den Krank­heits­fall für die Gewährung des Kin­der­gel­des nicht auf die Mel­dung bei der Agen­tur für Ar­beit an­kom­men könne.

Das FG wies die Klage über­wie­gend ab. Al­ler­dings wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der sa­che die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Für den Mo­nat Juli 2011 war Kin­der­geld zu gewähren, da we­gen der im Au­gust 2011 be­gon­ne­nen Lehre be­reits Aus­bil­dungs­bemühun­gen für den Mo­nat Juli 2011 an­ge­nom­men wer­den konn­ten. Al­ler­dings hatte die Fa­mi­li­en­kasse für den Zeit­raum von April 2010 bis Juni 2011 zu Recht die Fest­set­zung des Kin­der­gel­des nach § 70 Abs. 2 EStG auf­ge­ho­ben und das Kin­der­geld gem. § 37 Abs. 2 AO zurück­ge­for­dert.

Eine Berück­sich­ti­gung nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG kam nicht in Be­tracht. Der Sohn des Klägers war in den strei­ti­gen Mo­na­ten nicht als Ar­beits­su­chen­der ge­mel­det. Ent­ge­gen der An­sicht des Klägers, bleibt die Mel­dung als Ar­beits­su­chen­der auch dann Vor­aus­set­zung für eine Berück­sich­ti­gung, wenn das Kind auf­grund ei­ner Er­kran­kung ar­beits­unfähig ist. Dies er­gibt sich be­reits aus dem ein­deu­ti­gen Wort­laut der Vor­schrift, wo­nach die Mel­dung als Ar­beits­su­chen­der bei ei­ner Agen­tur für Ar­beit zwin­gende Vor­aus­set­zung der Berück­sich­ti­gung ist. Aus der Ent­ste­hungs­ge­schichte der Vor­schrift er­gibt sich zu­dem, dass sie ty­pi­sie­rend un­ter­stellt, dass das be­schäfti­gungs­lose Kind ar­beitsfähig und -wil­lig ist und ver­zich­tet dem­gemäß auf eine nähere Er­for­schung die­ser Umstände.

Für eine Berück­sich­ti­gung nach 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 EStG fehlte es am Nach­weis der Be­hin­de­rung. Da­nach be­steht für ein volljähri­ges Kind ein An­spruch auf Kin­der­geld, wenn es we­gen körper­li­cher, geis­ti­ger oder see­li­scher Be­hin­de­rung außer­stande ist, sich selbst zu un­ter­hal­ten, und die Be­hin­de­rung vor Voll­en­dung des 25. Le­bens­jah­res ein­ge­tre­ten ist. Nach der BFH-Recht­spre­chung ist ein Men­sch be­hin­dert, wenn seine körper­li­che Funk­tion, geis­tige Fähig­keit oder see­li­sche Ge­sund­heit mit ho­her Wahr­schein­lich­keit länger als sechs Mo­nate von dem für das Le­bens­al­ter ty­pi­schen Zu­stand ab­weicht und da­her seine Teil­habe am Le­ben in der Ge­sell­schaft be­einträch­tigt ist (§ 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX). Eine solch schwer­wie­gende dau­er­hafte Er­kran­kung war den vor­ge­leg­ten Un­ter­la­gen nicht zu ent­neh­men. Al­ler­dings hat die Frage, ob ein ar­beits­unfähig er­krank­tes Kind trotz feh­len­der Mel­dung als Ar­beits­su­chen­der nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG berück­sich­ti­gungsfähig ist, grundsätz­li­che Be­deu­tung.

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