Der Sachverhalt:
Der Kläger ist der Vater seiner 1991 geborenen Tochter. Die Tochter bestand im Januar 2014 die Prüfung zur Steuerfachangestellten. Bis einschließlich Januar 2014 hatte die Familienkasse für sie Kindergeld festgesetzt. Von Ende Januar 2014 bis Dezember 2016 war die Tochter bei einer Steuerberatungsgesellschaft tätig (40 Stunden/Woche). Seit Januar 2017 ist sie in einer Steuerberaterkanzlei beschäftigt (39 Stunden/Woche). Im Frühjahr 2016 meldete sie sich zum Steuerfachwirt-Lehrgang an. Die Zulassung zur Prüfung als Steuerfachwirt(in) setzt die erfolgreiche Ablegung der Prüfung als Steuerfachangestellte sowie eine hauptberufliche praktische Tätigkeit im Steuer- und Rechnungswesen von mind. drei Jahren bei einem Steuerberater etc. voraus.
Den dagegen eingelegten Einspruch wies die Familienkasse zurück. Die dagegen gerichtete Klage hatte vor dem FG keinen Erfolg. Die Revision wurde zugelassen.
Die Gründe:
Der Kläger hat für den Zeitraum Februar 2014 bis einschließlich Februar 2016 keinen Anspruch auf Kindergeld für seine Tochter. Mit dem Bestehen der Prüfung zur Steuerfachangestellten hat diese eine erstmalige Berufsausbildung abgeschlossen. Einem Anspruch auf Kindergeld bis zur Ausbildung zur Steuerfachwirtin steht nach § 32 Abs. 4 S. 2 und 3 EStG die Berufstätigkeit in der Steuerberatergesellschaft in Vollzeit mit einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von über 20 Arbeitsstunden entgegen. Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind gem. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit ist dabei unschädlich.
Für die Frage, ob bereits der erste berufsqualifizierende Abschluss zum Abschluss einer Erstausbildung führt oder ob eine mehraktige Ausbildung vorliegt und auch ein nachfolgender Abschluss noch Teil der Erstausbildung sein kann, ist nach ständiger BFH-Rechtsprechung entscheidend, ob sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt. Es kommt dabei vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen (derselbe Fachbereich) und zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden.
Für Fälle, in denen - wie hier - der zweite Ausbildungsabschnitt eine Berufstätigkeit voraussetzt und in denen das Kind vor Beginn der zweiten Ausbildung eine entsprechende Berufstätigkeit aufnimmt, die nicht zur zeitlichen Überbrückung bis zum Beginn der nächsten Ausbildung dient, liegt keine einheitliche Erstausbildung mehr vor (BFH 4.2.2016, III R 14/15; 29.8.2017, XI 57/17). Die erforderliche Berufstätigkeit der Tochter führt sodann zu einer Zäsur, der den notwendigen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen den Abschnitten entfallen lässt. In einem solchen Fall liegt - wie hier - ein die berufliche Erfahrung berücksichtigender Weiterbildungsstudiengang (Zweitausbildung) vor und keine einheitliche mehraktige Ausbildungsmaßnahme. Die praktische Berufstätigkeit der Tochter kann nicht als Berufsausbildungsphase gewertet werden. Die Vollzeittätigkeit in einem bereits erlernten Beruf steht im Vordergrund.
Linkhinweis:
Für den auf den Webseiten der Justiz NRW veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.