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Steuerberatung

Kindergeldanspruch bis zum Abschluss des angestrebten Berufsziels

FG Rheinland-Pfalz 28.6.2017, 5 K 2388/15

Der Kin­der­geld­an­spruch en­det erst, wenn das von Be­ginn an an­ge­strebte Be­rufs­ziel ei­ner mehr­ak­ti­gen Aus­bil­dung er­reicht ist. Heute gibt es zahl­rei­che Aus­bil­dungs­wege die die Frage auf­wer­fen, ob mit dem Er­rei­chen des ers­ten be­rufs­qua­li­fi­zie­ren­den Ab­schlus­ses das Aus­bil­dungs­ziel be­reits er­reicht ist.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist Mut­ter ei­ner heute 25-jähri­gen Toch­ter, die am 7.7.2015 die Ab­schlussprüfung im Aus­bil­dungs­be­ruf "Im­mo­bi­li­en­kauf­frau" be­stan­den hatte und ab Ok­to­ber 2015 an dem Lehr­gang "geprüfter Im­mo­bi­li­en­fach­wirt/geprüfte Im­mo­bi­li­en­fach­wir­tin" der In­dus­trie- und Han­dels­kam­mer Ko­blenz (IHK) teil­nahm. Vor­aus­set­zung für die Teil­nahme an der Prüfung zur "geprüften Im­mo­bi­li­en­fach­wir­tin" ist das Be­ste­hen der Ab­schlussprüfung im Aus­bil­dungs­be­ruf "Im­mo­bi­li­en­kauf­frau" so­wie eine min­des­tens einjährige Be­rufs­pra­xis nach ab­ge­schlos­se­ner Lehre. In­fol­ge­des­sen war die Toch­ter ab Juli 2015 par­al­lel zu ih­rer schu­li­schen Aus­bil­dung in einem ent­spre­chen­den Aus­bil­dungs­be­trieb in Ko­blenz an­ge­stellt.

Im Ok­to­ber 2015 lehnte die Fa­mi­li­en­kasse den An­trag der Kläge­rin auf Kin­der­geld für die Zeit ab Au­gust 2015 ab. Die Behörde war der An­sicht, dass die Toch­ter be­reits im Juli 2015 ihre er­ste Be­rufs­aus­bil­dung ab­ge­schlos­sen und so­dann eine Er­werbstätig­keit auf­ge­nom­men habe. Des­halb könne die Aus­bil­dung bei der IHK nicht berück­sich­tigt wer­den. Die Kläge­rin machte hin­ge­gen gel­tend, ihre Toch­ter habe das von Be­ginn an an­ge­strebte Be­rufs­ziel "Im­mo­bi­li­en­fach­wir­tin" noch nicht er­reicht, das (u.a.) eine min­des­tens einjährige Be­rufs­pra­xis in Voll­zeit vor­aus­setze.

Das FG gab der Klage statt. Die Ent­schei­dung ist al­ler­dings noch nicht rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Erst­aus­bil­dung der Toch­ter der Kläge­rin en­dete erst mit Ab­schluss der Prüfung zur "geprüften Im­mo­bi­li­en­fach­wir­tin", so dass bis zur Voll­en­dung des 25. Le­bens­jah­res (= De­zem­ber 2016) Kin­der­geld zu gewähren war.

Nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 u. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a EStG be­steht für ein über 18 Jahre al­tes Kind, das noch nicht das 25. Le­bens­jahr voll­en­det hat, ein An­spruch auf Kin­der­geld, wenn das Kind für einen Be­ruf aus­ge­bil­det wird. Eine sol­che erst­ma­lige Be­rufs­aus­bil­dung ist nicht be­reits mit dem ers­ten (ob­jek­tiv) be­rufs­qua­li­fi­zie­ren­den Ab­schluss in einem öff­ent­lich-recht­lich ge­ord­ne­ten Aus­bil­dungs­gang be­en­det. Schließlich gibt es Aus­bil­dungsgänge, bei de­nen der er­ste Be­rufs­ab­schluss le­dig­lich in­te­gra­ti­ver Be­stand­teil ei­nes ein­heit­li­chen Aus­bil­dungs­gangs ist.

Sol­che mehr­ak­ti­gen Aus­bil­dungsmaßnah­men sind al­ler­dings nur dann als Teil ei­ner ein­heit­li­chen Erst­aus­bil­dung zu qua­li­fi­zie­ren, wenn sie zeit­lich und in­halt­lich so auf­ein­an­der ab­ge­stimmt sind, dass die Aus­bil­dung nach Er­rei­chen des ers­ten Ab­schlus­ses fort­ge­setzt wer­den soll und das von den El­tern und dem Kind be­stimmte Be­rufs­ziel erst über den wei­terführen­den Ab­schluss er­reicht wer­den kann. Liegt noch keine ab­ge­schlos­sene erst­ma­lige Be­rufs­aus­bil­dung vor, kommt es auf eine Er­werbstätig­keit des Kin­des nicht an.

Im vor­lie­gen­den Fall war die Erst­aus­bil­dung der Toch­ter so­mit nicht schon mit dem er­folg­rei­chen Ab­schluss im Aus­bil­dungs­be­ruf "Im­mo­bi­li­en­kauf­frau" be­en­det wor­den, son­dern erst mit dem wei­ter qua­li­fi­zie­ren­den Ab­schluss "geprüfte Im­mo­bi­li­en­fach­wir­tin". Denn die­ses Be­rufs­ziel hatte sie von Be­ginn an an­ge­strebt und erst über den wei­terführen­den Ab­schluss "Im­mo­bi­li­en­kauf­frau" er­rei­chen können. Un­mit­tel­bar nach dem Ende des ers­ten Aus­bil­dungs­ab­schnit­tes im Juli 2015 hat sie die Aus­bil­dung ohne Un­ter­bre­chung ab Au­gust 2015 fort­ge­setzt. Da ihre Erst­aus­bil­dung nicht im Juli 2015 ge­en­det hatte, war ihre Er­werbstätig­keit ab Au­gust 2015 un­schädlich.

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