Doch geht es um weit mehr als „nur“ eine Corona-Lockdown-Krise. Schon 2019 kündigte sich eine Eintrübung der weltweiten Konjunktur an: In den Schwellenmärkten ließ die Nachfrage nach, in Europa verlangsamte sich die Konjunktur, und im Dezember 2019 gab es in den USA Turbulenzen auf dem Repo-Markt. Nun treffen zusätzlich die Auswirkungen der Corona Pandemie die Wirtschaft. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie sich Geschäftsführer im gegenwärtigen Umfeld verhalten sollten.
Krisenmanagement
In Zeiten von Corona kann ein Unternehmen aufgrund nicht selbst beeinflussbarer Rahmenbedingungen in die Krise geraten. Gerade jetzt ist eine bedachte Unternehmenssteuerung unabdingbar. Hierzu gehört auch und gerade in unsicheren Zeiten eine Unternehmensplanung. Dass vieles derzeit nicht planbar erscheint, sollte nicht dazu verleiten, gänzlich von Planung abzusehen. Als Mindeststandard sollte eine rollierende 13-Wochen-Planung selbstverständlich sein. Damit kann ein zentrales betriebswirtschaftliches Instrument der Krisenüberwachung und -steuerung implementiert werden. In einer solchen Planung sind die erwarten Zahlungsströme unter Berücksichtigung bestehender Kreditlinien und Finanzierungszusagen sowie der fälligen Verbindlichkeiten zu erfassen. Diese Liquiditätsvorschau sollte durch die Einrichtung eines Liquiditätsbüros flankiert werden, das für die tagesgenaue Überwachung der Liquidität verantwortlich ist. Aus den Erkenntnissen der Planung sind dann entsprechende Maßnahmen zur Liquiditätssteuerung und -sicherung abzuleiten. Zugleich sollte für ein aktives Working-Capital Management gesorgt werden.
Was tun in der Akutkrise?
Tritt der akute Krisenfall ein und wird das Unternehmen zahlungsunfähig bzw. überschuldet, bestand bislang die Pflicht für die Geschäftsführung, binnen drei Wochen einen Insolvenzantrag zu stellen. Mit dem sog. Corona-Insolvenz-Aussetzungsgesetz (CorInsAG) hat der Gesetzgeber jedoch während der aktuellen Pandemielage die Insolvenzantragspflicht - gegenwärtig bis Ende September 2020 - außer Kraft gesetzt, es sei denn, die Insolvenzreife ist nicht auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie zurückzuführen und es bestehen keine Aussichten, eine eingetretene Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Zur Erleichterung der Feststellung hat der Gesetzgeber ein Stichtagsprinzip eingeführt. Danach gilt: War das Unternehmen zum 31.12.2019 zahlungsfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der Corona-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Solange die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt ist, gelten flankierend deutliche Haftungserleichterungen für den Geschäftsführer bei der Vornahme von Zahlungen.
Wie der Krisenfall vermieden werden kann
Um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern, sollte ggf. die Beantragung der staatlicherseits bereitgestellten Überbrückungsmöglichkeiten wegen der Corona-Krise in Betracht gezogen werden. Dies vor allem auch deshalb, weil das Management die Pflicht hat, alles Erforderliche zu tun, um einen Fortbestand des Unternehmens zu sichern. Zu diesen Maßnahmen können auch die Beantragung von Kurzarbeit, Personalabbaumaßnahmen oder Umstrukturierungen zählen. Keineswegs darf abgewartet werden, bis die gesamte Liquidität verbraucht ist. Die Hinzuziehung von Experten ist spätestens ab diesem Stadium dringend zu raten.
Unternehmenskrise auch ohne Corona
Unternehmen, die schon Ende 2019 - vor Hinzutreten der Corona-Pandemie - in Schwierigkeiten geraten sind und für die deshalb die Insolvenzantragspflicht nicht bis Ende September ausgesetzt ist, ist schnelles Handeln geboten. Dazu gehören auch die gerichtlichen Restrukturierungsformen wie Eigenverwaltung und Schutzschirmverfahren nach dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG), die eine eigenständige Restrukturierung unter Aufsicht eines vorläufigen Sachwalters ermöglichen. Demnächst wird ein weiteres förmliches Restrukturierungsverfahren hinzukommen. Sobald die sog. „Restrukturierungsrichtlinie“ (Richtlinie (EU) 2019/1023) umgesetzt ist, wird Unternehmen in Deutschland ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren zur Verfügung stehen. Kern des künftigen Restrukturierungsverfahrens bildet der sog. Restrukturierungsplan. Dieser ähnelt dem Insolvenzplan, setzt jedoch nicht die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens voraus, sondern ist gerade auf die Vermeidung der Insolvenz gerichtet.
An die Stakeholder denken!
Zu jeder Zeit einer Unternehmenskrise ist ein aktives Stakeholder-Management wichtig. Die Bedeutung von rechtzeitiger, offener und transparenter Kommunikation kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gesellschafter, Banken, Kreditversicherer sowie Lieferanten und Kunden sind ins Boot zu holen. Will man in einer akuten Krise noch etwas bewirken, kann dies nur auf Grundlage von Vertrauen in die handelnden Personen geschehen. Einmal verlorenes Vertrauen ist kaum wieder herzustellen.
Risiken begegnen und Chancen nutzen
Genug der Schwarzmalerei: Denn auch eine Krise kann Chancen mit sich bringen; etwa für Veränderungen, zu denen man sonst nicht bereit gewesen wäre. Zugleich sind Krisenzeiten Zeiten der Marktbereinigung. Und vielleicht trifft es ja den Wettbewerber. Es lohnt sich, nach Übernahmekandidaten Ausschau zu halten.