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Konsultation der 6. MaRisk-Novelle

Am 26.10.2020 eröff­nete die Ba­Fin die Kon­sul­ta­tion zum Ent­wurf ei­ner Neu­fas­sung der Min­dest­an­for­de­run­gen an das Ri­si­ko­ma­nage­ment (Ma­Risk). Ne­ben der Im­ple­men­tie­rung in­ter­na­tio­na­ler Re­gel­set­zun­gen, ins­be­son­dere der EBA-Leit­li­nien über das Ma­nage­ment not­lei­den­der und ge­stun­de­ter Ri­si­ko­po­si­tio­nen, zu Aus­la­ge­run­gen so­wie für das Ma­nage­ment von IKT- und Si­cher­heits­ri­si­ken, er­fol­gen auch auf­sicht­lich not­wen­dig er­schei­nende An­pas­sun­gen in den Be­rei­chen ope­ra­tio­nelle und Li­qui­ditätsri­si­ken, Han­dels­ge­schäfte und Ri­si­ko­tragfähig­keit.

Es ist keine Ver­schie­bung der Einführung der No­velle zu er­war­ten. Das bestätigte die Ba­fin jüngst in ih­rem FAQ un­ter der Ru­brik Ak­tu­el­les zum Corona-Vi­rus: „Die Ar­bei­ten an der No­vel­lie­rung der Ma­Risk ge­hen mit ei­ner ge­wis­sen Verzöge­rung wei­ter, wo­bei die neuen Vor­ga­ben nicht zum Stich­tag 31.12.2020 gel­ten und auch nicht für das Jahr 2020 prüfungs­re­le­vant sein wer­den. Darüber hin­aus wird auch nach der Einführung An­fang 2021 die geübte Pra­xis an­ge­wen­det wer­den, Überg­angs­fris­ten für neue An­for­de­run­gen zu gewähren, die mit Au­genmaß fest­ge­legt wer­den.“

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Nach­fol­gend wer­den die wich­tigs­ten Neue­run­gen erläutert.

Große und komplexe Institute

Die Ma­Risk rich­tet sich an alle na­tio­na­len In­sti­tute un­ter der Berück­sich­ti­gung des Prin­zips der dop­pel­ten Pro­por­tio­na­lität. Be­son­dere An­for­de­run­gen gal­ten für „sys­tem­re­le­vante In­sti­tute“ (bspw. Da­ten­ma­nage­ment, Ag­gre­ga­tion von Ri­si­ko­da­ten, Ri­si­ko­con­trol­ling- und Com­pli­ance-Funk­tion). Gemäß Kon­sul­ta­tion ist ge­plant, die dass die be­son­de­ren An­for­de­run­gen nun auch für „große und kom­plexe In­sti­tute“ gel­ten sol­len, de­ren Bi­lanz­summe auf Ein­zel­in­sti­tuts­ebene oder kon­so­li­diert auf Grup­pen­ebene EUR 30 Mrd. er­reicht oder über­schrit­ten hat.

Notleidende Risikopositionen

Um den nach­hal­ti­gen Ab­bau von ins­be­son­dere im Rah­men der Fi­nanz­krise auf­ge­bau­ten not­lei­ten­den Kre­di­ten zu for­cie­ren, wur­den im Ok­to­ber 2018 die EBA-Leit­li­nie über das Ma­nage­ment not­lei­den­der und ge­stun­de­ter Ri­si­ko­po­si­tio­nen fi­nal veröff­ent­licht und jetzt mit der Ma­Risk-No­velle in na­tio­na­les Recht um­ge­setzt.

Ins­be­son­dere für In­sti­tute mit ei­ner Quote not­lei­den­der Kre­dite (NPL-Quote) von 5 % oder mehr (sog. „In­sti­tute mit ho­hem NPL-Be­stand“) gel­ten zusätz­li­che An­for­de­run­gen. So ha­ben sie eine Stra­te­gie für not­lei­dende Ri­si­ko­po­si­tio­nen ein­zuführen, um einen zeit­lich fest­ge­leg­ten Ab­bau der not­lei­den­den Ri­si­ko­po­si­tio­nen über einen rea­lis­ti­schen, aber hin­rei­chend am­bi­tio­nier­ten Zeit­ho­ri­zont an­zu­stre­ben. Der struk­tu­rierte Ab­bau der NPL-Bestände soll durch spe­zia­li­sierte NPE-Ab­wick­lungs­ein­hei­ten er­fol­gen, die grundsätz­lich vom Kre­dit­ver­ga­be­pro­zess ge­trennt und nicht im Markt an­zu­sie­deln sind. Eine Über­wa­chung der stra­te­gi­schen Ab­bau­ziele und ins­be­son­dere de­ren Aus­wir­kung auf die Ei­gen­mit­tel­an­for­de­run­gen so­wie eine ent­spre­chende Be­richt­er­stat­tung hierüber hat durch die Ri­si­ko­con­trol­ling-Funk­tion an­hand zu de­fi­nie­ren­der Leis­tungs­in­di­ka­to­ren zu er­fol­gen.

Die Ba­Fin kann zu­dem die Ein­hal­tung der ge­nann­ten An­for­de­run­gen auch von In­sti­tu­ten ver­lan­gen, die eine ge­ringe NPL-Quote, aber ein we­sent­li­cher An­teil an not­lei­den­den Ri­si­ko­po­si­tio­nen in einem Port­fo­lio auf­wei­sen.

Hin­weis: In­sti­tute, wel­che ab­seh­bar als In­sti­tute mit ho­hem NPL-Be­stand zu qua­li­fi­zie­ren sind bzw. ggf. eine hohe port­fo­lio­in­di­vi­du­elle NPL-Quote auf­wei­sen, se­hen sich ho­hen auf­bau- und ab­lauf­or­ga­ni­sa­to­ri­schen Her­aus­for­de­run­gen ge­genüber und soll­ten zeit­nah einen Um­set­zungs­plan für die neuen An­for­de­run­gen ver­ab­schie­den.

Risikotragfähigkeit und Risikomanagement

Künf­tig ist zur Si­cher­stel­lung der Ri­si­ko­tragfähig­keit ne­ben der nor­ma­ti­ven Per­spek­tive auch die öko­no­mi­sche Per­spek­tive zu berück­sich­ti­gen. Da­mit wer­den die Vor­ga­ben des auf­sicht­li­chen Leit­fa­dens zur Ri­si­ko­tragfähig­keit in die Ma­Risk überführt.

Hin­weis: Die An­wen­dung der bis­lang von der Auf­sicht ak­zep­tier­ten „Go­ing Con­cern-Ansätze al­ter Prägung“ ist künf­tig nicht mehr möglich. In­sti­tute, die noch diese al­ten Ansätze nut­zen, soll­ten zeit­nah ihr Ri­si­ko­tragfähig­keits­kon­zept ent­spre­chend dem Ri­si­ko­tragfähig­keits­leit­fa­den der Ba­Fin um­stel­len.

Ergänzend müssen künf­tig un­we­sent­li­che Ri­si­ken, die ag­gre­giert we­sent­lich sind, im Rah­men der Ri­si­ko­tragfähig­keits­rech­nung an­ge­mes­sen berück­sich­tigt wer­den.

Das Ma­nage­ment ope­ra­tio­nel­ler Ri­si­ken sollte sich ins­be­son­dere auf de­ren we­sent­li­che Ausprägun­gen er­stre­cken, wel­che an­hand re­tro­spek­ti­ver und pro­spek­ti­ver Ana­ly­sen zu er­mit­teln sind.

Zu­dem wird in den neuen Ma­Risk klar­ge­stellt, dass sich die re­gelmäßige Ri­si­ko­be­richt­er­stat­tung auch auf vor­han­dene Ri­si­ko­kon­zen­tra­tio­nen er­stre­cken muss.

Notfallmanagement

Par­al­lel zu den eben­falls in Kon­sul­ta­tion be­find­li­chen BAIT er­folgte auch eine Über­ar­bei­tung der An­for­de­run­gen zum Not­fall­ma­nage­ment. Hand­lungs­fel­der be­tref­fen ins­be­son­dere Aus­wir­kungs- und Ri­si­ko­ana­ly­sen, Not­fall­kon­zepte so­wie die Be­richt­er­stat­tung an die Ge­schäfts­lei­tung (siehe Über­sicht 1).

Übersicht 1: Bestandteile des Notfallmanagementprozesses inkl. Notfallkonzept © Übersicht 1: Bestandteile des Notfallmanagementprozesses inkl. Notfallkonzept

Auslagerungen

Die An­pas­sung der Ma­Risk an die EBA-Leit­li­nien zu Aus­la­ge­run­gen ist ein Schwer­punkt der No­velle, dar­aus er­ge­ben sich um­fang­rei­che Neue­run­gen für die In­sti­tute.

So wur­den die An­for­de­run­gen an die re­gelmäßig vor­zu­neh­mende Ri­si­ko­ana­lyse er­wei­tert, wo­bei, so­weit sinn­voll, diese zukünf­tig durch eine Sze­na­rio­ana­lyse zu ergänzen ist.

Vor der Aus­la­ge­rung ha­ben In­sti­tute zukünf­tig zu überprüfen, ob das Aus­la­ge­rungs­un­ter­neh­men nach dem Recht sei­nes Sitz­lan­des be­fugt ist, die aus­ge­la­gerte Tätig­keit auszuüben.

Die Min­dest­an­for­de­run­gen an die Verträge mit we­sent­li­chen Aus­la­ge­rungs­part­nern wur­den deut­lich er­wei­tert; so wur­den bspw. die Re­ge­lun­gen zum Da­ten­schutz kon­kre­ti­siert und Aus­sa­gen zu Not­fall­kon­zep­ten auf­ge­nom­men. Das Aus­la­ge­rungs­un­ter­neh­men hat sich zu­dem auf den Ver­hal­tens­ko­dex des aus­la­gern­den In­sti­tuts zu ver­pflich­ten und im Falle ei­ner Kündi­gung des Aus­la­ge­rungs­ver­tra­ges die Re­inte­gra­tion der aus­ge­la­ger­ten Leis­tung in das In­sti­tut zu un­terstützen. Auch im Falle ei­ner In­sol­venz oder ei­ner Ein­stel­lung der Ge­schäftstätig­keit des Aus­la­ge­rungs­un­ter­neh­mens muss ein Zu­griff auf die bei Aus­la­ge­rungs­un­ter­neh­men ge­la­ger­ten Da­ten si­cher­ge­stellt sein.

Neu ist die Funk­tion ei­nes zen­tra­len Aus­la­ge­rungs­be­auf­trag­ten, wel­cher der Ge­schäfts­lei­tung un­mit­tel­bar zu un­ter­stel­len ist und das zen­trale Aus­la­ge­rungs­ma­nage­ment zu un­terstützen hat.

Hin­sicht­lich grup­pen- und ver­bund­in­ter­ner Aus­la­ge­run­gen wurde Er­leich­te­run­gen ein­geräumt. So wir­ken sich ein ein­heit­li­ches Ri­si­ko­ma­nage­ment und Durch­griffs­rechte ri­si­kom­in­dernd aus. Für ge­mein­same Aus­la­ge­run­gen be­steht die Möglich­keit, auf Grup­pen- oder Ver­bands­ebene ein zen­tra­les Aus­la­ge­rungs­ma­nage­ment ein­zu­rich­ten, wel­ches u. a. auch eine Vor­aus­wer­tung der Ri­si­ko­be­richte der Aus­la­ge­rungs­un­ter­neh­men vor­neh­men kann. Auf die Er­stel­lung von Aus­stiegs­pro­zes­sen und Hand­lungs­op­tio­nen kann bei grup­pen- und ver­bund­in­ter­nen Aus­la­ge­run­gen ver­zich­tet wer­den.

Neu sind auch kon­krete An­for­de­run­gen an ein Aus­la­ge­rungs­re­gis­ter, wel­ches we­sent­li­che In­for­ma­tio­nen zu den be­ste­hen­den Aus­la­ge­run­gen zu ent­hal­ten hat (siehe Über­sicht 2).

Übersicht 2: Anforderungen an das Auslagerungsregister © Übersicht 2: Anforderungen an das Auslagerungsregister

Ins­ge­samt dürfen die Aus­la­ge­run­gen nicht dazu führen, dass das In­sti­tut nur noch als „leere Hülle“ exis­tiert.

Die Ba­Fin hat zu­dem klar­ge­stellt, dass sich die neuen An­for­de­run­gen auch in der schrift­lich fi­xier­ten Ord­nung der In­sti­tute wi­der­spie­geln muss.

Hin­weis: Im Rah­men ei­ner Gap-Ana­lyse sollte zeit­nah der not­wen­dige An­pas­sungs­be­darf, ins­be­son­dere hin­sicht­lich des Ver­trags­we­sens, geprüft und an­schließend um­ge­setzt wer­den.

Kredit- und Handelsgeschäfte

Ins­ge­samt er­gibt sich aus der Ma­Risk-No­velle eine Erhöhung der An­for­de­run­gen an die Wert­er­mitt­lung von Im­mo­bi­li­en­si­cher­hei­ten, ins­be­son­dere an die Qua­li­fi­ka­tion und Un­abhängig­keit der Wert­er­mitt­ler.

Zu­dem er­folgt eine Klar­stel­lung, dass eine re­gelmäßige Be­wer­tung der Rück­zah­lungsfähig­keit des Kre­dit­neh­mers auch bei endfälli­gen Kre­di­ten durch­zuführen ist.

Hin­weis: Eine fort­lau­fende Zah­lung der Zins­beträge stellt kein aus­rei­chen­des In­diz dar, um von ei­ner Rück­zah­lungsfähig­keit des Kre­dit­neh­mers aus­zu­ge­hen.

Bei Si­cher­hei­ten für Pro­blem­kre­dite ist auf den Rea­li­sa­ti­ons­wert ab­zu­stel­len, d. h. es ha­ben eine Ab­zin­sung und an­ge­mes­sene Wert­ab­schläge zu er­fol­gen, wel­che aus­rei­chend zu begründen sind.

Zu­dem hat zukünf­tig ein Back­tes­ting hin­sicht­lich der ge­bil­de­ten Ri­si­ko­vor­sorge zu er­fol­gen.

Forbearance

Nach der Mitte 2019 er­folg­ten Ergänzung der CRR um Re­ge­lun­gen zum Um­gang mit NLP wur­den die ent­spre­chen­den An­for­de­run­gen in den Ma­Risk deut­lich ergänzt und er­wei­tert.
For­be­arance sind Zu­geständ­nisse an Kre­dit­neh­mer, die die­sen auf­grund fi­nan­zi­el­ler Schwie­rig­kei­ten gewährt wur­den und de­ren Ziel die tragfähige Rückführung des Kre­di­ten­ga­ge­ments ist. Hierfür hat das In­sti­tut eine Richt­li­nie zu im­ple­men­tie­ren, wel­che den Pro­zess und die er­for­der­li­chen For­be­arance-Maßnah­men dar­stellt.

Hin­weis: Die Um­set­zung der An­for­de­run­gen an For­be­arance er­for­dert eine um­fang­rei­che An­pas­sung der Auf­bau- und Ab­lauf­or­ga­ni­sa­tion (siehe Über­sicht 3), wo­mit zeit­nah be­gon­nen wer­den sollte.

Übersicht 3: Anforderungen an die Behandlung von Forbearance im Rahmen der Verfahren für die Früherkennung von Risiken © Übersicht 3: Anforderungen an die Behandlung von Forbearance im Rahmen der Verfahren für die Früherk

Handelsgeschäfte

Nach­dem be­reits An­fang 2020 u. a. das KWG um Re­ge­lun­gen zu Kryp­to­wer­ten ergänzt wurde, er­folgt mit der Ma­Risk-No­velle die Auf­nahme von Kryp­to­wer­ten in den An­wen­dungs­be­reich der Han­dels­ge­schäfte.

Hin­weis: Dem er­war­te­ten ho­hen An­pas­sungs­be­darf der Auf­bau- und Ab­lauf­or­ga­ni­sa­tion durch die Ma­Risk-No­velle sollte durch eine frühzei­tige Gap-Ana­lyse so­wie Pla­nung ent­spre­chen­der Um­set­zungs­pro­jek­ten Rech­nung ge­tra­gen wer­den.

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