Bezogene Gehälter eines Grenzgängers sind nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz im Ansässigkeitsstaat zu besteuern, wenn der Grenzgänger nach Arbeitsende regelmäßig an seinen Wohnsitz zurückkehrt. Die Grenzgängereigenschaft entfällt bei einer arbeitsbedingten Nichtrückkehr von mehr als 60 Arbeitstagen. Mit Urteil vom 30.09.2020 (Az. I R 37/17, DStR 2021, S. 782) stufte der BFH Tage, an denen ein Grenzgänger von einer Geschäftsreise aus dem Drittland an seinen inländischen Wohnsitz zurückkehrt, nicht als Nichtrückkehrtage i. S. von Art. 15a Abs. 2 DBA-Schweiz ein. Ebenso führen Geschäftsreisen an Wochenend- und Feiertagen nicht zu Nichtrückkehrtagen, wenn keine arbeitsvertragliche Regelung für die Arbeit an diesen Tagen besteht. Dies gilt laut BFH wegen des eindeutigen DBA-Wortlauts ungeachtet dessen, dass die Konsultationsvereinbarungsverordnung vom 20.12.2010 (KonsVerCHEV) diese Tage als Nichtrückkehrtage einstuft.
Hinweis: Damit kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass trotz der explizit in § 2 Abs. 2 AO geregelten Bindungswirkung von Konsultationsvereinbarungen diese nicht zur Anwendung kommen, soweit sie nicht im Einklang mit den DBA-Regelungen stehen. Für betroffene Steuerpflichtige ergibt sich daraus faktisch ein Wahlrecht, da sich zumindest die Finanzverwaltung an die von ihr eingegangenen Konsultationsvereinbarungen halten muss. Im Falle einer finanzgerichtlichen Streitigkeit kann aber mangels Bindungswirkung für die Gerichte die Anwendung der Konsultationsvereinbarungen abgelehnt werden.
Mit Urteil vom selben Tag stellt der BFH außerdem klar, dass es bei einem im Inland ansässigen CFO einer Schweizer Kapitalgesellschaft für die Anwendung der Sonderregelung für Direktoren, Geschäftsführer und Prokuristen nach Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz, wonach deren Einkünfte aus unselbständiger Arbeit in der Schweiz als Tätigkeitsstaat besteuert werden können, nicht auf die Eintragung der Funktion des Steuerpflichtigen ins Handelsregister ankommt (BFH vom 30.09.2020, Az. I R 60/17, DStRE 2021, S. 449). Soweit die Eintragung der Funktion als zusätzliches Tatbestandsmerkmal in § 19 Abs. 2 Satz 2 KonsVerCHEV gefordert wird, verstößt die KonsVerCHEV gegen den Gesetzesvorrang, da das ratifizierte DBA dieses Tatbestandsmerkmal nicht enthält.