Seit Inkrafttreten des KHZG im Oktober 2020 und Veröffentlichung der Förderrichtlinie des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) können Krankenhäuser intensiv Vorkehrungen treffen, die notwendigen Rahmenbedingungen für eine Förderung nach dem KHZG zu schaffen. Sie stehen hierbei vor der großen Herausforderung, die anspruchsvollen funktionalen Anforderungen eines Fördervorhaben zu erfüllen und dabei den straffen Zeitplan des KHZG einzuhalten.
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Aktueller Stand der Umsetzung des KHZG
Mit dem KHZG stellt der Bund den Krankenhäusern in Deutschland bis zu 3 Milliarden Euro Fördermittel für die Digitalisierung zur Verfügung. Die Verteilung der Fördermittel auf die Länder erfolgt durch das BAS nach dem sog. Königsteiner Schlüssel. Dieser regelt die Aufteilung des Länderanteils an gemeinsamen Finanzierungen. Die Länder und/oder die Krankenhausträger sollen im Wege der Ko-Finanzierung weitere 30 % der Investitionskosten übernehmen, so dass Projekte mit einem Gesamtvolumen von 4,3 Milliarden Euro gefördert werden können. Die Investitionen sollen in den Ausbau der digitalen Infrastruktur für die interne und sektorenübergreifende Versorgung, die Prozesse und Strukturen im Verlauf eines Krankenhausaufenthaltes, die Ausbesserung der modernen Notfallkapazitäten und die IT-Sicherheit fließen.
Ein Anspruch auf Gewährung der Fördermittel besteht nicht (§ 14a Abs. 4 Satz 4 KHG). Nach Bedarfsanmeldung und Entscheidung der Länder über eine Förderung legt das Bundesamt für Soziale Sicherung nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der jeweils zur Verfügung stehenden Landesanteile die Verteilung der Fördermittel fest.
Förderfähige Vorhaben
Welche Vorhaben nach dem KHZG konkret förderungsfähig sind, hat der Gesetzgeber in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 11 der Krankenhausstrukturfonds-Verordnung (KHSFV) fest vorgeschrieben. Dort werden elf Fördertatbestände aufgeführt, denen ein Vorhaben mindestens zuzuordnen sein muss. Die vom Bundesamt für Soziale Sicherheit (BAS) am 30.11.2020 erlassene Förderrichtlinie zur Konkretisierung der Voraussetzungen für die Förderung nach dem KHZG erläutert im Einzelnen die Anforderungen an jedes Fördervorhaben. Hierzu hat das BAS Mindestanforderungen, die sog. „Muss-Kriterien“ definiert, die im Zusammenhang mit dem jeweiligen Fördervorhaben zwingend und vollumfänglich umzusetzen sind. Dagegen sind die sog. „Kann-Kriterien“ nur optional zu erfüllen, d. h. sie sind als ein „Mehr“ zu verstehen. Die Konkretisierung der Voraussetzungen für die Förderung erfolgt dabei in einer beachtenswerten Detailtiefe, sodass die Umsetzung viele Krankenhäuser vor eine große Herausforderung stellen wird. Etwa formuliert der Fördertatbestand gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KHSFV (Patientenportale) insgesamt 17 Muss- und 16 Kann-Kriterien, die jeweils in drei Bereiche aufgeteilt sind: das digitale Aufnahme-, das Behandlungs- sowie das Entlass- und Überleitungsmanagement. Wie umfangreich der Katalog ausgestaltet ist, zeigen allein drei der 17 Muss-Kriterien. U. a. muss das Patientenportal die Möglichkeit einer Online-Terminbuchung, die Speicherung von Daten in und Zugriffsmöglichkeiten auf die elektronische Patientenakte sowie einen strukturierten Datenaustausch zwischen Leistungserbringern vorsehen, um nachgelagerte Behandlungsabläufe zu unterstützen. Für eine erfolgreiche Antragsstellung ist es ausschlaggebend, dass das Krankenhaus in seinem Digitalisierungsplan darlegen kann, dass das zur Förderung angemeldete Projekt am Ende tatsächlich sämtliche 17 Muss-Kriterien umsetzen kann. Wichtig ist daher für die Krankenhäuser, dass Produkte auf dem Markt verfügbar sind, die die Anforderungen der Fördertatbestände möglichst umfänglich erfüllen und/oder die sich sinnvoll kombinieren lassen. Die Produkte müssen sich zudem mit bereits vorhandenen IT-Strukturen vernetzen können.
Besonderer Fokus liegt auf Interoperabilität und IT-Sicherheit
Darüber hinaus muss für Vorhaben gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 und 9 KHSFV gesamtheitlich der gesetzlich vorgeschriebene, weitreichende Interoperabilitätsstandard eingehalten werden. Dies betrifft Vorhaben in den Bereichen
- Patientenportale (Nr. 2),
- digitale Dokumentation (Nr. 3),
- klinische Entscheidungsunterstützung (Nr. 4),
- Medikamentenmanagement (Nr. 5),
- digitale Leistungsanforderung (Nr. 6) und
- Telemedizin-Netzwerke (Nr. 9).
Medizinische Daten müssen auf Basis international anerkannter technischer, syntaktischer und semantischer Standards ausgetauscht werden können, anderenfalls werden die genannten Vorhaben nicht gefördert. Als Standard empfiehlt die Förderrichtlinie primär die über die KBV definierten Medizinischen Informationsobjekte (MIO) oder das Interoperabilitätsverzeichnis der gematik (vesta). Sofern kein MIO bzw. keine vesta- Standards verwendet werden, können IHE- oder FHIR-Standards genutzt werden. Neben der Interoperabilität wird ein großer Fokus auf die IT-Sicherheit gelegt. Vorgeschrieben ist, dass für die Verbesserung der IT-Sicherheit das Krankenhaus für jedes Vorhaben zwingend 15 % des angemeldeten Förderbedarfs aufwenden muss. Diese Regelung bezieht sich dabei auf jedes einzelne Fördervorhaben.
Gestaltung der Förderung durch die Länder
Unklar ist in einzelnen Bundesländern noch, welche Bemessungskriterien bei der Verteilung der Gelder durch die Länder zugrunde gelegt werden. Daher ist in einzelnen Bundesländern noch nicht transparent, mit welchen Fördersummen die einzelnen Häuser rechnen können. Als Bezugsgrößen kommen die Betten- oder Fallzahlen eines Krankenhauses oder der Case-Mix-Index in Betracht. Ungeachtet der Kriterien erhalten Krankenhäuser durch das KHZG die Möglichkeit und die nötigen finanziellen Mittel teilweise lange geplante Digitalisierungsprojekte zu starten.
Digitalisierung bis 2025 - anderenfalls drohen Abschläge
Der Gesetzgeber appelliert nicht nur an sämtliche Krankenhäuser, sich tatsächlich an entsprechenden Investitionsmaßnahmen zu beteiligen, sondern droht mit Sanktionen, sollten die in §§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 KHSFV aufgezählten digitalen Dienste (also beispielsweise die Einrichtung von Patientenportalen) nicht bereitgestellt werden. Für die Zeit ab dem 11.01.2025 ist dann für jeden voll- und teilstationären Fall ein Abschlag von maximal zwei Prozent des Rechnungsbetrags vorgesehen. Der einschlägige § 5 Abs. 3h Satz 4 KHEntgG schreibt vor, dass sich die Höhe des Abschlags nach der Einführung konkret benannter digitaler Dienste und deren Nutzungsquote richtet. Krankenhäuser müssen bei der Planung und Anschaffung von Produkten daher auch darauf achten, dass diese nachweislich genutzt werden. Hierfür ist vor allem auch die Akzeptanz der Systeme bei den Mitarbeitern erforderlich, die täglich mit den bereitgestellten Diensten arbeiten müssen. Um keine Abschläge zu riskieren, sollte der Digitalisierungsplan eines Krankenhauses alle fünf abschlagsrelevanten Bereiche umfassen.
Schulungen für IT-Dienstleister vorgesehen
Bei der Umsetzung der Fördervorhaben spielen IT-Dienstleister eine wichtige Rolle. IT-Dienstleister überprüfen, ob die bei den Vorhaben gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 4, 6 und 8 KHSFV vorgesehenen informationstechnischen Maßnahmen die Anforderungen an die Bewilligung von Fördermitteln erfüllen. Beispielsweise bewerten die IT-Dienstleister, ob die Interoperabilitätsstandards eingehalten wurden oder ob das Vorhaben technisch sinnvoll umgesetzt wird (Nr. 8). Hierfür stellt das BAS den IT-Dienstleistern nach § 21 Abs. 5 Satz 2 KHSFV eine kostenlose Schulung auf deren Homepage zur Verfügung. IT-Dienstleister müssen diese Schulung durchlaufen und an der anschließenden Lernkontrolle teilnehmen, um eine Berechtigung zu erhalten, die dann als Nachweis dem Antrag auf Förderung beim BAS beigefügt werden muss. Die berechtigten IT-Dienstleister helfen dabei, Vorhaben auf verlässliche Umsetzbarkeit hin zu überprüfen.
Antragsstellung
Krankenhausträger können bereits seit November 2020 ihren Förderbedarf unter Angabe des Vorhabens und der Fördersumme, unter Nutzung der vom BAS bereitgestellten Formulare bei den Ländern anmelden (sog. Bedarfsanmeldung). Welche Krankenhäuser Fördermittel bewilligt bekommen, wird vom Land entschieden, die die Förderung anschließend beim BAS beantragen. Bis wann Krankenhäuser ihren Bedarf stellen können, hängt von dem jeweiligen Land ab, bei dem Bedarf angemeldet wird. Fest steht, dass die Länder (nur) noch bis zum 31.12.2021 Anträge auf Auszahlung von Fördermitteln beim BAS stellen können.
Fazit und Ausblick
Das KHZG bietet den Krankenhäusern die notwendige und gewünschte finanzielle Unterstützung bei der Umsetzung ihrer zum Teil lange geplanten Digitalisierungsvorhaben. Um allerdings Fördermittelempfänger zu werden, müssen die insgesamt sehr anspruchsvollen Voraussetzungen für die Förderung nach dem KHZG erfüllt werden. Gerade unterdigitalisierte Krankenhäuser können hier in Schwierigkeiten geraten. Ihnen ist zu raten, sich bereits jetzt mit den Rahmenbedingungen des KHZG auseinandersetzen und ihren Digitalisierungsplan zu entwerfen. Für manche Häuser könnte auch die finanzielle Beteiligung an der Förderung der Vorhaben problematisch werden.