Der Sachverhalt:
Im vorliegenden Fall ging es um die zwischenzeitlich verstorbene Ehefrau des Klägers. Diese war gesetzlich krankenversichert und hatte sich im Jahr 2007 in einem fortgeschrittenen Stadium ihrer Erkrankung in eine Klinik begeben, die keine Vertragsklinik ihrer gesetzlichen Krankenkasse war. Die Therapie der Ehefrau war im Vorfeld durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen (MDK) auf ihre medizinische Notwendigkeit geprüft und befürwortet worden. Der MDK erstellte in den Jahren 2007 bis 2009 darüber hinaus Gutachten bzw. Verlaufsgutachten, die die medizinische Notwendigkeit der Therapie weiterhin belegten. Bei der Therapie handelte es sich um eine Kombination aus anerkannten medizinischen Leistungen und alternativen Behandlungsmethoden.
Der Kläger zahlte im Streitjahr Bestattungskosten für die Beerdigung der Ehefrau i.H.v. 6.104 € sowie Krankheitskosten i.H.v. 7.846,51 € und machte diese Kosten als außergewöhnliche Belastung gem. § 33 EStG geltend. Das Finanzamt erkannte die Kosten aufgrund des Klinikaufenthalts an, ließ jedoch u.a. Aufwendungen für die (Fern )Reiki-Behandlungen unberücksichtigt. Auch die Bestattungskosten erkannte es nicht als außergewöhnliche Belastungen an. Das FG wies die Klage sowohl im ersten als auch im zweiten Rechtsgang ab. Die Revision des Klägers blieb vor dem BFH erfolglos.
Gründe:
Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass keine höheren außergewöhnlichen Belastungen anzuerkennen sind, als das Finanzamt in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid bereits berücksichtigt hat.
Auch Aufwendungen, denen es objektiv an der Eignung zur Heilung oder Linderung mangelt, können, vorbehaltlich der Nachweisanforderungen des § 64 Abs. 1 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 zu den zwangsläufigen Krankheitskosten zählen, wenn der Steuerpflichtige an einer Erkrankung mit einer nur noch begrenzten Lebenserwartung leidet, die nicht mehr auf eine kurative Behandlung anspricht. Die Zwangsläufigkeit krankheitsbedingter Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel hat der Steuerpflichtige durch die Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers nachzuweisen (§ 33 Abs. 4 EStG i.V.m. § 64 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011). Dies gilt auch in den Fällen einer Erkrankung mit einer nur noch begrenzten Lebenserwartung, da die Regelung des § 64 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 keine Differenzierung zwischen verschiedenen Krankheitskosten enthält. Gegen diese Regelung bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Vor diesem Hintergrund wurden die Aufwendungen für das (Fern )Reiki zu Recht nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Denn in den in § 64 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 aufgeführten Fällen hat der Steuerpflichtige den Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 275 SGB V) zu führen. Daran fehlte es jedoch im Streitfall. Das praktizierte (Fern )Reiki war auch zutreffend als eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode i.S.v. § 64 Abs. 1 S. 1 Nr. 2f EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 angesehen worden.
Die Beerdigungskosten wurden ebenfalls zutreffend nicht zum Abzug zugelassen. Denn dabei handelt es sich um eine Nachlassverbindlichkeit, die den Erben als denjenigen belastet, dem das Vermögen des Erblassers zufällt. Beerdigungskosten können als außergewöhnliche Belastung nur abgezogen werden, soweit die Aufwendungen nicht aus dem Nachlass bestritten werden können oder nicht durch sonstige im Zusammenhang mit dem Tod zugeflossene Geldleistungen gedeckt sind. Daher führen Aufwendungen, die den Verkehrswert des Nachlasses nicht übersteigen, nicht zu einer Belastung i.S.v. § 33 EStG. So lag der Sachverhalt jedoch im Streitfall, in dem die Beerdigungskosten aus den Sparguthaben der Verstorbenen gedeckt werden konnten.
Hinsichtlich der zumutbaren Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) konnte nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes bei Krankheitskosten nicht verzichtet werden kann. Denn das Gesetz differenziert in § 33 Abs. 1 u. Abs. 3 EStG bei Ansatz und Ermittlung der zumutbaren Belastung nicht zwischen Krankheitskosten und anderen als außergewöhnliche Belastungen abziehbaren Aufwendungen. Diese Rechtsauffassung ist durchaus verfassungsgemäß.
Zwar muss der Gesetzgeber dass das einkommensteuerrechtliche Existenzminimum für alle Steuerpflichtigen unabhängig von ihrem individuellen Grenzsteuersatz in voller Höhe von der Einkommensteuer freistellen. Dies gilt jedoch nur für Aufwendungen, die tatsächlich von Verfassungs wegen auch dem einkommensteuerrechtlichen Existenzminimum zuzuordnen sind, weil die Aufwendungen dem im Sozialhilferecht niedergelegten Leistungsniveau entsprechen. Das sozialhilferechtliche Versorgungsniveau umfasst aber gerade keine zuzahlungsfreie Krankenversorgung. Aus diesem Grund bildet die sozialrechtliche Belastungsgrenze (§ 62 SGB V) auch von Verfassungs wegen keine betragsmäßige Grenze für den Ansatz der zumutbaren Belastung. Diese ist vielmehr nach den in § 33 Abs. 3 EStG geregelten steuerlichen Grundsätzen zu ermitteln.
Im Streitfall betrafen die verbleibenden, vom FA als außergewöhnliche Belastungen anerkannten Krankheitskosten von der Krankenkasse nicht erstattete Aufwendungen für ärztliche Behandlungen auf (private) Rechnung, Zuzahlungen zu einer Kur und zu einem Krankenhausaufenthalt, Praxisgebühren, Aufwendungen für eine "präventive Krankengymnastik" und für verschiedene durch Privatrezept verordnete Medikamente, Zuzahlungen zu Medikamenten und Rezepten sowie Fahrtkosten zu Kliniken und Krankenfahrten mit dem Taxi. Diese Aufwendungen gehören jedoch nicht zum sozialhilferechtlich gewährleisteten Leistungsniveau.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.