Der BFH hatte in seinem Urteil vom 29.7.2015 (Az. XI R 23/13, BFH/NV 2015, S. 1546) entschieden, dass die Lagerung von im Rahmen einer Fruchtbarkeitsbehandlung eingefrorenen Eizellen gegen Entgelt umsatzsteuerfrei ist, wenn damit ein therapeutischer Zweck verfolgt wird. Dies gilt bei Diagnose „Unfruchtbarkeit“ auch dann, wenn die Eizellen ohne konkreten weiteren Schwangerschaftswunsch nach erfolgreicher Schwangerschaft weiter aufbewahrt werden, weil das Krankheitsbild „Unfruchtbarkeit“ auch nach einer erfolgreichen künstlichen Befruchtung weiterhin Bestand hat. Auf die Frage, ob die Krankenkassen oder die Patienten die Einlagerung finanzieren, kommt es hierbei nicht an. Die Lagerung von Eizellen oder Spermien ohne medizinischen Anlass (sog. Social Freezing) fällt nicht unter die Steuerbefreiung. Das BMF hatte sich dieser Auffassung angeschlossen und den Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) in 2017 in Abschnitt 4.14.2 um einen neuen Abs. 4 erweitert. Darin stellt das BMF ausdrücklich fest, dass die Regelungen auch für Einrichtungen im Sinne des § 4 Nr. 14b UStG und damit insb. auch für Krankenhäuser gelten.
Das Finanzgericht Münster hat sich nun mit dem Thema erneut befasst (Urteil vom 6.2.2020, Az. 5 K 158/17 U). Im Sachverhalt ging es um die Kryokonservierung von Ei- und Samenzellen aus medizinischem Anlass, wobei die Konservierung nicht vom behandelnden Arzt, sondern von einem anderen Unternehmen durchgeführt wurde. Bei dem anderen Unternehmen handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der mehrere Frauenärzte beteiligt waren. Laut Finanzgericht stehe der Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14a UStG nicht entgegen, dass die Einlagerungsleistung von einem anderen Unternehmer erbracht wurde als die eigentliche Fruchtbarkeitsbehandlung. Es sei vielmehr maßgeblich, dass das gesamte Verfahren einem therapeutischen Zweck diene. Die Einlagerung stelle einen unerlässlichen Bestandteil des Gesamtverfahrens der künstlichen Befruchtung dar.
Hinweis
Im vorliegenden Fall handelte es sich bei dem die Kryokonservierung durchführenden Unternehmer um eine Ärzte-GbR. Für einen reinen gewerblicher Dienstleister, bei dem es sich nicht um einen Arzt oder einen Zusammenschluss von Ärzten handelt, käme die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14a UStG nicht zur Anwendung. Die Revision beim BFH ist zugelassen.