Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte im Jahr 1984 mit der Beklagten einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von 10.000 DM abgeschlossen, der 1992 auf eine Bausparsumme von 50.000 DM erhöht wurde. Das Bausparguthaben wird mit jährlich 3 % verzinst. Der Bausparvertrag wird laut ABB der Beklagten zugeteilt, wenn seit dem Vertragsabschluss mindestens 18 Monate vergangen sind, eine bestimmte Bewertungszahl erreicht oder ein Bausparguthaben von mindestens 40 % der Bausparsumme angespart wurde. Außerdem ist in der ABB u.a. geregelt, dass die Bausparkasse den Bausparvertrag nicht kündigen kann, solange der Bausparer seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt. "Verzichtet der Bausparer auf die Zuteilung oder wird die Zuteilung widerrufen, wird der Bausparvertrag fortgesetzt."
Die Klägerin war der Ansicht, die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil die vereinbarte Bausparsumme noch nicht vollständig angespart sei. Die Beklagte war hingegen der Auffassung, sie sei gem. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur Kündigung des Bausparvertrages berechtigt gewesen. Das Eintreten der Zuteilungsreife sei als vollständiger Empfang des Darlehens im Sinne der Vorschrift zu verstehen.
Das LG wies die Klage auf Feststellung des Fortbestehens des Bausparvertrages ab. Die Berufung der Klägerin blieb vor dem OLG erfolglos. Allerdings wurde in allen drei Fällen (Az.: 31 U 234/15, 31 U 271/15 und 31 U 278/15) die Revision zugelassen.
Die Gründe:
Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Feststellung zu, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Bausparvertrag fortbesteht. Die Beklagte hat den Vertrag mit Schreiben vom 12.12.2014 wirksam zum 30.6.2015 gekündigt.
Das Kündigungsrecht stand der Bausparkasse als Darlehensnehmerin während der Ansparphase zu. Nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit einem gebundenen Sollzins in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen. Der Zweck der Vorschrift liegt im Interessenausgleich und im Schutz des Darlehensnehmers. Durch die Vorschrift sollen marktgerechte Zinsen ermöglicht werden. Die Vorschrift gilt für alle Arten von Darlehensverträgen, demzufolge auch für das hier vorliegende Darlehen aus dem Bausparvertrag.
Die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gilt nicht nur zugunsten von Verbrauchern. Sie steht auch anderen Darlehensnehmern, u.a. Bausparkassen zu, da sie ihrem Wortlaut nach eine Begrenzung in personeller Hinsicht nicht enthält und auch nach dem gesetzgeberischen Willen eine solche nicht beabsichtigt war. Der Gesetzgeber hat insoweit klargestellt, dass die Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers, der Verbraucher ist, sich nunmehr in § 500 BGB-E befänden und die Kündigungsmöglichkeiten nach den §§ 489, 490 BGB ergänzten. Daraus lässt sich entnehmen, dass der Anwendungsbereich des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht auf Verbraucher beschränkt werden sollte.
Der Senat hat damit an seiner Rechtsprechung in früher entschiedenen Fällen mit einer vergleichbaren rechtlichen Problematik festgehalten und sich der hiervon abweichenden aktuellen Rechtsprechung des OLG Stuttgart (Urt. v. 30.3.2016, Az. 9 U 171/15 und v. 4.5.2016, Az. 9 U 230/15) nicht angeschlossen.
Linkhinweis:
- Der Volltext des Urteils ist erhältlich unter www.nrwe.de - Rechtsprechungsdatenbank des Landes NRW.
- Um direkt zu dem Volltext von Az.: 31 U 234/15 zu kommen, klicken Sie bitte hier.