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Kürzung garantierter Renditen für Betreiber von Strom- und Gasnetzen ist rechtmäßig

BGH v. 9.7.2019 - EnVR 41/18 u.a.

Die Sen­kung der staat­lich ga­ran­tier­ten Ren­di­ten für Netz­be­trei­ber durch die Bun­des­netz­agen­tur in der drit­ten Re­gu­lie­rungs­pe­riode ist rechtmäßig. Der BGH hat da­mit seine zu früheren Re­gu­lie­rungs­pe­rio­den er­gan­gene Recht­spre­chung bekräftigt, wo­nach der Bun­des­netz­agen­tur bei der Be­stim­mung des Zins­sat­zes, ins­be­son­dere bei der Wahl der dafür her­an­ge­zo­ge­nen Me­tho­den, in ein­zel­nen Be­zie­hun­gen ein Be­ur­tei­lungs­spiel­raum zu­steht.

Der Sach­ver­halt:
In Deutsch­land müssen die Lie­fe­ran­ten von Gas und Elek­tri­zität an die Be­trei­ber der von ih­nen ge­nutz­ten Netze ein Ent­gelt zah­len. Der Ge­samt­be­trag die­ser Ent­gelte darf al­ler­dings eine be­stimmte Ober­grenze nicht über­schrei­ten. Diese Erlösober­grenze set­zen die Bun­des­netz­agen­tur und die Lan­des­re­gu­lie­rungs­behörden für je­den in ih­ren Zuständig­keits­be­reich fal­len­den Netz­be­trei­ber je­weils für einen be­stimm­ten Zeit­raum - die sog. Re­gu­lie­rungs­pe­riode - im Vor­aus fest.

Bei der Be­rech­nung der Ober­grenze ist u.a. eine an­ge­mes­sene Ver­zin­sung des vom Netz­be­trei­ber ein­ge­setz­ten Ei­gen­ka­pi­tals zu gewähr­leis­ten. Den maßgeb­li­chen Zins­satz legt die Bun­des­netz­agen­tur für jede Re­gu­lie­rungs­pe­riode ge­son­dert fest. Für die er­ste Re­gu­lie­rungs­pe­riode lag er bei 9,29% für Neu­an­la­gen und bei 7,56% für Alt­an­la­gen, für die zweite Re­gu­lie­rungs­pe­riode bei 9,05% bzw. 7,14%. Für die dritte Re­gu­lie­rungs­pe­riode (Gas: 2018 bis 2022; Strom: 2019 bis 2023) hat die Bun­des­netz­agen­tur den Zins­satz auf 6,91% für Neu­an­la­gen und 5,12% für Alt­an­la­gen fest­ge­legt. Da­ge­gen ha­ben zahl­rei­che Netz­be­trei­ber Be­schwerde er­ho­ben.

Das OLG Düssel­dorf hat den Be­schluss der Bun­des­netz­agen­tur auf­ge­ho­ben. Es war der An­sicht, dass die Vor­ge­hens­weise der Bun­des­netz­agen­tur im An­satz zwar rechtmäßig ge­we­sen sei. Al­ler­dings habe die Bun­des­netz­agen­tur einen für die Be­stim­mung des Zins­sat­zes maßgeb­li­chen Fak­tor - die sog. Markt­ri­si­koprämie - me­tho­di­sch feh­ler­haft al­lein aus his­to­ri­schen Da­ten ab­ge­lei­tet, ohne die Son­der­si­tua­tion des ge­genwärti­gen Markt­um­felds zu berück­sich­ti­gen und eine um al­ter­na­tive Ansätze ergänzte Würdi­gung und Plau­si­bi­litätskon­trolle durch­zuführen. Prägend für die­ses Markt­um­feld sei ins­be­son­dere eine hohe Vo­la­ti­lität der Ak­ti­enmärkte, ein his­to­ri­sch nied­ri­ges Zins­ni­veau und eine un­gewöhn­lich hohe Dif­fe­renz zwi­schen den Zinssätzen für In­ter­ban­ken­ge­schäfte und Staats­an­lei­hen.

Auf Rechts­be­schwer­den bei­der Par­teien hat der BGH das Rechts­mit­tel der Netz­be­trei­be­rin, die eine ihr noch güns­ti­gere Be­ur­tei­lung an­ge­strebt hatte, zurück­ge­wie­sen. Auf die Rechts­be­schwerde der Bun­des­netz­agen­tur hat er die Ent­schei­dung des OLG Düssel­dorf auf­ge­ho­ben und die Fest­le­gung der Bun­des­netz­agen­tur bestätigt. Die Rechts­sa­che, wurde in zwei ge­trenn­ten Ver­fah­ren (je­weils ei­nes für Gas und für Elek­tri­zität) geführt.

Gründe:
Wie von der Vor­in­stanz be­reits fest­ge­stellt, war die von der Bun­des­netz­agen­tur gewählte Me­thode bei An­le­gung des Maßstabs im Aus­gangs­punkt recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Al­ler­dings war die Bun­des­netz­agen­tur aus Rechtsgründen nicht ver­pflich­tet, diese Me­thode im Hin­blick auf his­to­ri­sche Be­son­der­hei­ten am Ka­pi­tal­markt zu mo­di­fi­zie­ren oder den er­mit­tel­ten Zins­satz ei­ner ergänzen­den Plau­si­bi­litätsprüfung zu un­ter­zie­hen.

Zwar hält die Ein­schätzung des OLG, dass die für den in Rede ste­hen­den Zeit­raum maßgeb­li­che Si­tua­tion sich als his­to­ri­sch ein­ma­lig dar­stellt, der recht­li­chen Überprüfung für sich ge­se­hen stand. Al­ler­dings er­ge­ben sich aus den vom OLG ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen keine An­halts­punkte dafür, dass die von der Bun­des­netz­agen­tur gewählte Me­thode als sol­che nicht ge­eig­net ist, die­sen Be­son­der­hei­ten an­ge­mes­sen Rech­nung zu tra­gen, und des­halb eine zusätz­li­che Plau­si­bi­li­sie­rung ge­bo­ten ist.

Da­mit hat der BGH seine zu früheren Re­gu­lie­rungs­pe­rio­den er­gan­gene Recht­spre­chung bekräftigt, wo­nach der Bun­des­netz­agen­tur bei der Be­stim­mung des Zins­sat­zes, ins­be­son­dere bei der Wahl der dafür her­an­ge­zo­ge­nen Me­tho­den, in ein­zel­nen Be­zie­hun­gen ein Be­ur­tei­lungs­spiel­raum zu­steht.

Link­hin­weise:

  • Der Voll­text die­ser Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
  • Für den Voll­text der Pres­se­mit­tei­lung kli­cken Sie bitte hier.
     
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