Der Sachverhalt:
Die Klägerin stellt Druckerzeugnisse her, die sie ausschließlich an eigene Tochtergesellschaften liefert. Sie ist Alleingesellschafterin und Konzernmuttergesellschaft der u-Deutschland-GmbH. Die u-Deutschland-GmbH und die Beklagte sind Wettbewerber beim Vertrieb von Druckerzeugnissen im Internet. Am 30.5.2012 erschien auf der Startseite des Internetauftritts der Beklagten folgende Angabe: Kundenbewertung 4,8/5 Garantiert echte Meinungen
Kundenauszeichnung e.
Im Schlichtungsverfahren können Anbieter und Kunde jederzeit die Entscheidung eines Kundenmeinungsmanagers der Streithelferin darüber anfordern, ob die Bewertung veröffentlicht wird oder nicht. Der Kunde kann seine Bewertung stets wieder zurückziehen, etwa weil das Problem zufriedenstellend gelöst wurde. Schlichtungsverfahren können auch mehr als fünf Tage nach Benachrichtigung des Anbieters über die Bewertung eingeleitet werden. In diesem Fall bleibt die Anbieterbewertung während des Schlichtungsverfahrens jedoch veröffentlicht. Falls sich der Kunde nach Eröffnung des Schlichtungsverfahrens nicht innerhalb von 14 Tagen zur Sache geäußert hat, wird das Schlichtungsverfahren eingestellt und die negative Meinung nicht veröffentlicht.
Beteiligt sich der Anbieter nicht aktiv am Schlichtungsverfahren, wird es ebenfalls beendet und die negative Kundenmeinung freigeschaltet. Die Streithelferin behält sich vor, jedes Schlichtungsverfahren nach vier Wochen abzuschließen. Wird zwischen Anbieter und Kunden bis dahin keine Einigung erreicht, trifft die Streithelferin eine Entscheidung auf Grundlage der Diskussion im Schlichtungsverfahren. Im Hinblick auf nachträglich bekannt werdende Tatsachen behält sich die Streithelferin eine Änderung von Entscheidungen im Schlichtungsverfahren vor, etwa durch nachträgliche Veröffentlichung oder Löschung der Anbieterbewertung. Die Klägerin hält die Werbung mit der Kundenbewertung 4,8/5 für irreführend. Sie hat nach erfolgloser Abmahnung sowie Einleitung eines letztlich ebenfalls erfolglosen Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Klage erhoben.
Das LG wies die Klage ab. Das OLG gab ihr statt, untersagte der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln, mit der oben bezeichneten Mitteilung zu werben, wenn die Kundenbewertung nach den Richtlinien erfolgt, verurteilte die Beklagte zur Zahlung von Abmahnkosten zzgl. Zinsen sowie zur Auskunft über den Umfang der untersagten Werbemaßnahmen und stellte die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz fest. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Das OLG hat zwar die Aktivlegitimation der Klägerin zutreffend bejaht. Seine Beurteilung, die beanstandete Werbung sei irreführend, hält revisionsrechtlicher Nachprüfung auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen jedoch nicht stand.
Es ist ohne Bedeutung für die Unternehmenseigenschaft der Klägerin, dass es sich bei ihren Lieferungen an die u-Deutschland-GmbH um konzerninterne Geschäfte handelt. Für den Unternehmerbegriff des UWG kommt es gem. § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG allein darauf an, ob eine natürliche oder juristische Person geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt. Das ist bei der Klägerin als Herstellerin von Druckerzeugnissen, die im Einzelhandel an Endverbraucher vertrieben werden, der Fall. So muss sie für ihre Herstellertätigkeit Waren und Dienstleistungen am Markt beziehen. Die Unternehmereigenschaft i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG ist danach abstrakt zu bestimmen. Für den Unternehmerbegriff kommt es nicht darauf an, ob der Anspruchssteller selbst konkret geschäftliche Handlungen der Art vornimmt wie derjenige, dessen Handeln er lauterkeitsrechtlich beanstandet.
Die Klägerin steht mit der Beklagten in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Es ist nicht Voraussetzung, dass die Parteien auf der gleichen Vertriebsstufe tätig sind, solange sie letztlich gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen. Nach diesen Grundsätzen besteht im Streitfall ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien. Durch eine unlautere Werbung der Beklagten kann nicht nur der Absatz von Druckerzeugnissen durch die als Einzelhändlerin tätige Tochtergesellschaft der Klägerin behindert werden, sondern auch die Möglichkeit der Klägerin, die von ihr hergestellten Druckerzeugnisse über ihre Tochtergesellschaft an Endverbraucher zu verkaufen. Das beeinträchtigt die Stellung der Klägerin als Herstellerin auf dem Markt für Druckerzeugnisse. Die Förderung des eigenen Wettbewerbs der Beklagten steht insofern in Wechselwirkung mit einer Beeinträchtigung der Klägerin im Wettbewerb.
Auf der Grundlage der vom OLG getroffenen Feststellungen kann keine Irreführung durch die beanstandete Werbung der Beklagten mit der Kundenbewertung angenommen werden. Der Senat konnte in der Sache nicht selbst entscheiden, weil noch weitere Feststellungen zu treffen sind. Die Sache war daher an das OLG zurückzuverweisen. Für die Begründetheit der Klage kommt es darauf an, ob die Beklagte tatsächlich, wie sie behauptet, alle Bewertungen sofort ungeschönt berücksichtigt hat oder ob am 30.5.2012 keine neutralen oder negativen Bewertungen vorlagen. Sollten nicht alle Bewertungen sofort ungefiltert von der Beklagten eingestellt worden sein, wäre eine Irreführung zu bejahen. Wie das OLG zutreffend angenommen hat, erweckt eine Werbung mit "garantiert echten Meinungen" beim Kunden den Eindruck, dass positive wie negative Meinungen grundsätzlich ungefiltert veröffentlicht werden und in die Ermittlung der durchschnittlichen Kundenbewertung eingehen.
Ist diese Kundenerwartung unbegründet, weil die Möglichkeit eines Schlichtungsverfahrens zu einer die Berücksichtigung negativer und neutraler Anbieterbewertungen einschränkenden Filterung führen kann, muss zur Vermeidung einer Irreführung bei einer Werbung mit der Kundenbewertung deutlich über das Schlichtungsverfahren aufgeklärt werden. Nach den Bewertungsrichtlinien der Streithelferin liegt die Annahme einer Filterung nicht fern, weil Kunden die Mitwirkung am Schlichtungsverfahren lästig sein kann, mit der Folge, dass sie sich daran nicht beteiligen und ihre neutralen oder negativen Bewertungen nicht veröffentlicht oder von den Kunden selbst geändert oder zurückgezogen werden. Auch die vom OLG angenommene Abschreckungswirkung der Bewertungsrichtlinien kann nicht ohne weitere tatsächliche Feststellungen angenommen werden.
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