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Steuerberatung

Kurze Vermietung: Steuerpflichtiger Verkauf der selbstgenutzten Wohnung?

BFH v. 3.9.2019 - IX R 10/19

Wird eine Wohn­im­mo­bi­lie im Jahr der Veräußerung kurz­zei­tig ver­mie­tet, ist dies für die An­wen­dung der Aus­nah­me­vor­schrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3  2. Alt. EStG un­schädlich, wenn der Steu­er­pflich­tige das Im­mo­bi­li­en­ob­jekt - zu­sam­menhängend - im Veräußerungs­jahr zu­min­dest an einem Tag, im Vor­jahr durch­ge­hend so­wie im zwei­ten Jahr vor der Veräußerung zu­min­dest einen Tag lang zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken ge­nutzt hat.

Der Sach­ver­halt:
Strei­tig ist, ob der Kläger im Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2014 (Streit­jahr) einen steu­er­ba­ren Ge­winn aus einem pri­va­ten Veräußerungs­ge­schäft er­zielt hat.

Der Kläger er­warb 2006 eine Ei­gen­tums­woh­nung, die er bis ein­schließlich April 2014 durch­ge­hend zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken nutzte und mit no­ta­ri­ell be­ur­kun­de­tem Kauf­ver­trag von De­zem­ber 2014 wie­der veräußerte. Im Zeit­raum von Mai 2014 - sei­nem Aus­zug - bis zur Veräußerung im De­zem­ber 2014 hatte der Kläger die Woh­nung an Dritte ver­mie­tet. Das Fi­nanz­amt er­mit­telte hier­aus einen steu­er­pflich­ti­gen Veräußerungs­ge­winn i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Es liegt kein steu­er­ba­res Veräußerungs­ge­schäft liege vor.

Da der Kläger die Woh­nung in den Jah­ren 2012 und 2013 so­wie im Zeit­raum von Ja­nuar bis ein­schließlich April 2014 durch­ge­hend zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken ge­nutzt hat, sind die Vor­aus­set­zun­gen für die An­wen­dung der Aus­nah­me­vor­schrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3  2. Alt. EStG erfüllt. Die Zwi­schen­ver­mie­tung von Mai 2014 bis De­zem­ber 2014 ist un­schädlich.

Nach § 22 Nr. 2 EStG sind sons­tige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG) auch Einkünfte aus pri­va­ten Veräußerungs­ge­schäften i.S.d. § 23 EStG. Dazu gehören gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG u.a. Veräußerungs­ge­schäfte bei Grundstücken, bei de­nen der Zeit­raum zwi­schen An­schaf­fung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Aus­ge­nom­men sind gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG Wirt­schaftsgüter, die im Zeit­raum zwi­schen An­schaf­fung oder Fer­tig­stel­lung und Veräußerung aus­schließlich zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken (1. Alt.) oder im Jahr der Veräußerung und in den bei­den vor­an­ge­gan­ge­nen Jah­ren zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken (2. Alt.) ge­nutzt wur­den. Der Aus­druck "Nut­zung zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken" setzt in bei­den Al­ter­na­ti­ven le­dig­lich vor­aus, dass eine Im­mo­bi­lie zum Be­woh­nen ge­eig­net ist und vom Steu­er­pflich­ti­gen auch be­wohnt wird. Eine Nut­zung zu "ei­ge­nen Wohn­zwe­cken" liegt nicht vor, wenn der Steu­er­pflich­tige die Woh­nung ent­gelt­lich oder un­ent­gelt­lich an einen Drit­ten überlässt, ohne sie zu­gleich selbst zu be­woh­nen.

Die Aus­nah­me­vor­schrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3  2. Alt. EStG setzt vor­aus, dass die Woh­nung im Jahr der Veräußerung und in den bei­den vor­an­ge­gan­ge­nen Jah­ren zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken ge­nutzt wird. Da­bei muss die Nut­zung zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken im Jahr der Veräußerung und im zwei­ten Jahr vor der Veräußerung nicht während des ge­sam­ten Ka­len­der­jahrs vor­ge­le­gen ha­ben; viel­mehr genügt ein zu­sam­menhängen­der Zeit­raum der Nut­zung zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken, der sich über drei Ka­len­der­jahre er­streckt, ohne sie - mit Aus­nahme des ers­ten Jah­res vor der Veräußerung ("mitt­le­res Ka­len­der­jahr") - voll aus­zufüllen. Das be­deu­tet: Aus­rei­chend für die An­wen­dung der Aus­nah­me­vor­schrift ist eine zu­sam­menhängende Nut­zung von einem Jahr und zwei Ta­gen - wo­bei sich die Nut­zung zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken auf das ge­samte mitt­lere Ka­len­der­jahr er­stre­cken muss, während die ei­gene Wohn­nut­zung im zwei­ten Jahr vor der Veräußerung und im Veräußerungs­jahr nur je­weils einen Tag zu um­fas­sen braucht.

Das an­ge­foch­tene Ur­teil des FG ent­spricht die­sen Maßstäben. Zu­tref­fend ist das FG von dem Grund­satz aus­ge­gan­gen, dass eine "Zwi­schen­ver­mie­tung" vor der Veräußerung ei­nes nämli­chen Wirt­schafts­guts i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG für die An­wen­dung der Aus­nah­me­vor­schrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3  2. Alt. EStG un­schädlich ist, wenn der Steu­er­pflich­tige das Wirt­schafts­gut - zu­sam­menhängend - im Veräußerungs­jahr zu­min­dest an einem Tag, im Vor­jahr durch­ge­hend und im zwei­ten Jahr vor der Veräußerung zu­min­dest einen Tag lang zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken ge­nutzt hat.

Der Kläger hat seine Ei­gen­tums­woh­nung zwar in­ner­halb der in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ge­nann­ten Veräußerungs­frist an­ge­schafft und wie­der veräußert. Das Veräußerungs­ge­schäft ist je­doch nicht steu­er­bar, da die Aus­nah­me­vor­schrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3  2. Alt. EStG im Streit­fall greift: Un­strei­tig hat der Kläger seine im De­zem­ber 2014 veräußerte Woh­nung in den Jah­ren 2012 und 2013 so­wie im Zeit­raum von Ja­nuar bis ein­schließlich April 2014 durch­ge­hend zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken ge­nutzt; die Nut­zung er­streckt sich, wie von der ge­nann­ten Aus­nah­me­vor­schrift ver­langt, dem­nach über drei Ka­len­der­jahre. Die "Zwi­schen­ver­mie­tung" der Woh­nung im Zeit­raum von Mai 2014 bis De­zem­ber 2014 ist für die An­wen­dung der Aus­nah­me­vor­schrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3  2. Alt. EStG un­schädlich.

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