Entwickelt wurde die neue Kennzahl von einem Team um Prof. Dr. med. Patrick Friederich (Chefarzt Anästhesiologie, Operative Intensivmedizin und Schmerztherapie, München Klinik Bogenhausen).
Der LDF-OPF soll der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und der Behandlungsqualität innerhalb der operativen Medizin dienen, im Vergleich zu den klassischen OP-Kennzahlen jedoch ein effizienteres Werkzeug darstellen und das Leistungsgeschehen im OP vollständiger abbilden.
Die Fachgesellschaften der Anästhesiologen und Chirurgen in Deutschland berücksichtigen bei der Herleitung der klassischen OP-Kennzahlen unter anderem die Anzahl der durchgeführten Operationen, die Auslastung des OP-Saals sowie den täglichen OP-Beginn und die durchschnittliche Wechseldauer zwischen zwei Operationen. Diese Kennzahlen dienen üblicherweise auch der ersten wirtschaftlichen Beurteilung von Prozessen und der Organisation im OP.
Bei der Kalkulation des LDF-OPF fließen neben der Fallzahl aller in einem definierten Zeitraum operativ behandelter Patienten die entsprechenden Casemix-Punkte und die durchschnittliche Fallschwere, weitere Einflussfaktoren zur besseren Beurteilung der operativen Gesamtleistung ein, wie die durchschnittliche OP-Dauer und die durchschnittliche Verweildauer der Patienten.
Hohe Relativgewichte, kurze Schnitt-Naht-Zeiten und kurze Verweildauern gehen mit einer hohen Leistungsdichte einher. Dagegen drücken sich niedrige Relativgewichte, lange Schnitt-Naht-Zeiten und lange Verweildauern in einem geringeren Leistungsdichtefaktor aus.
Die relevanten Einflussgrößen, die durchschnittliche Schnitt-Naht-Zeit und die durchschnittliche Verweildauer unterliegen der Steuerungsmöglichkeit der jeweiligen Fachabteilung. Externe Einflüsse sowie Einflüsse, die nicht dem Zugriff der Fachabteilungen unterliegen, werden weitestgehend eliminiert. Dementsprechend liegt die Gestaltungshoheit primär bei den jeweiligen operierenden Fachabteilungen selbst. Im Hinblick auf Prozess-Reorganisation und Optimierung sind diese Kennzahlen weiter von hoher Bedeutung. Bspw. wirken sich eine Verkürzung der OP-Dauer bei konstanter oder zunehmender Fallschwere oder eine Reduzierung der Verweildauer unmittelbar positiv auf den Leistungsdichtefaktor aus. Auf diese Weise kann mit Hilfe des LDF-OPF die Leistungsentwicklung einzelner Fachabteilungen bestimmt und perspektivisch Fachabteilungen miteinander verglichen werden. Darüber hinaus gewährt der Leistungsdichtefaktor, unter Einbehaltung einer standardisierten Datenbasis, ebenfalls die Möglichkeit einer objektiven Vergleichbarkeit der Leistungs- und Effizienzentwicklung zwischen Krankenhäusern einer Versorgungsstufe.
Die räumliche Zuordnung und damit die Anzahl der zur Verfügung stehenden OP-Säle besitzt für die Ermittlung des LDF-OPF keine Relevanz. Vielmehr ist entscheidend, welche Leistung für einen Patienten in welcher Zeiteinheit realisiert wird. Die Verteilung der Leistung auf einen oder mehrere Säle ist dabei unerheblich. Außerdem eliminiert der Leistungsdichtefaktor den Bias zugunsten langer Operationen mit hohen Relativgewichten. Fachabteilungen, deren Operationen von kürzerer Dauer sind, weisen ein ungünstigeres Verhältnis zwischen Schnitt-Naht-Zeit und Wechselzeit auf. Aus diesem Grunde sind diese Fachabteilungen durch eine niedrigere Auslastung der OP-Säle gekennzeichnet. Durch die Berücksichtigung der Schnitt-Naht-Zeit in Kombination mit der Verweildauer kann dieser Effekt jedoch kompensiert werden.
Aufgrund der Vernachlässigung der Wechselzeiten zwischen Operationen werden auch unzureichende Leistungsprozesse Dritter (z. B. Aufwachraum, Anästhesie, Transport, Reinigung etc.) bei der Berechnung des Leistungsdichtefaktors eliminiert. Ferner wird dem Umstand gesundheitspolitischer Vorgaben oder der Neukalkulationen des InEK Rechnung getragen, da die Herleitung anhand der Casemix-Punkte erfolgt, die in bisherigen Analyseansätzen kaum Berücksichtigung findet.
Die Etablierung dieser neuen OP-Kennzahl soll nach Vorstellung des Teams von Prof. Dr. med. Patrick Friederich einen erheblichen Mehrwert für das Aufzeigen von defizitären Abläufen und der Beurteilung von Maßnahmen zur Prozessoptimierung liefern.
Hingegen wirft die Etablierung einer neuen OP-Kennzahl erneut die Frage nach der kontrovers diskutierten Debatte um die Anzahl überflüssiger operativer Eingriffe auf. Nach einer Studie der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2019 wird in Deutschland zu häufig unnötig operiert und diagnostiziert. Die Gründe für diese Art der Überversorgung haben vielfältige Ursachen. Neben Planungs-, Vergütungs- und Steuerungsdefiziten im Gesundheitssystem, die als Treiber des Problems gelten, spielen die Erwartungen und Einstellungen von Patienten und Ärzten eine große Rolle. Hierbei ist der qualitätsorientierte Vergütungsansatz zu diskutieren.
Darauf Bezug nehmend lässt sich anführen, dass der Leistungsdichtefaktor, in Abgrenzung zu den klassischen OP-Kennzahlen, keine überwiegende Fokussierung auf OP-Saal-bezogene Prozess- und Mengenanalytik legt, sondern ebenfalls qualitative Aspekte der Patientenversorgung berücksichtigt. Denn operative Fachabteilungen sind in der Lage, ihre Leistungsfähigkeit über den gesamten Versorgungsprozess unabhängig von externen Störgrößen zu bestimmen und zu steuern. Überdies wird eine Diskussion bezüglich einer angemessene Ressourcenallokation durch die Ermittlung der LDF-OPF je Fachabteilung überhaupt erst möglich.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Leistungsdichtefaktor für operative Fachabteilungen durchaus ein gewisses Potenzial bietet, zu einer prozessualen Optimierung und somit zu einer effizienteren Patientenversorgung im Sinne des SGB V beizutragen und perspektivisch objektivierte Vergleiche zu realisieren.