Mit einem oft hohen Investitionsbedarf, regelmäßigen Einzahlungen aus Leistungsabrechnungen sowie branchenübergreifend vergleichsweise hohen Personalaufwendungen sind Krankenhäuser durch „cash-nahe“ Geschäftsprozesse gekennzeichnet. Das zunehmend erschwerte Markt- und Wettbewerbsumfeld belastet die Finanzierungssituation von Krankenhäusern zusätzlich. Infolgedessen wird auch in Krankenhäusern ein effizientes Working Capital Management zur Sicherung von Liquidität unerlässlich. Im Folgenden beleuchten wir, inwieweit Kliniken eine starke Kapitalbindung im Umlaufvermögen verhindern können und stellen Lösungsansätze für die Liquiditätsoptimierung in Zahlen dar.
Zur Messung der Effizienz des Working Capital Managements bietet sich insbesondere die Analyse der Debitorenlaufzeit an. Diese bemisst den durchschnittlichen Zeitraum zwischen Rechnungsstellung und Zahlungseingang in Tagen und eignet sich aufgrund einer hohen Vergleichbarkeit gut für einen brancheninternen Vergleich. Zu dieser Kennzahl haben wir basierend auf über 200 veröffentlichten Jahresabschlüssen von Krankenhäusern ein Benchmarking durchgeführt. Dabei haben wir eine Differenzierung der jeweiligen Trägerschaft des Krankenhauses vorgenommen und den Median verwendet, um mögliche Ausreißer zu vermeiden. Unsere Auswertungen ergeben folgende Ergebnisse:
1) Anzahl der Krankenhäuser
2) Debitorenlaufzeit in Tagen, Grau = Vergleichsgruppe, Grün = Benchmark (Median)
Unabhängig von der Trägerschaft liegt der Median für die Debitorenlaufzeit bei 51,3 Tagen. Bei dem Großteil der Krankenhäuser (rund 94 %) beträgt die Zeitspanne zwischen Rechnungserstellung und Zahlungseingang länger als einen Monat. Bei 24 % der untersuchten Krankenhäuser wurde eine Debitorenlaufzeit von länger als 2 Monaten festgestellt. Die kürzeste Debitorenlaufzeit im Median von 45,2 Tagen weisen die Kliniken in privater Trägerschaft aus. Eine signifikant höhere Laufzeit von Forderungen ergibt sich bei Kliniken in frei-gemeinnütziger Trägerschaft (51,7 Tage) sowie in öffentlicher Trägerschaft (53,2 Tage). Dieser Sachverhalt lässt sich auf die Prozessoptimierung der stärker gewinnorientierten privaten Kliniken zurückführen. Diese verkürzen die Dauer zwischen der Entlassung eines Patienten und der Fakturierung mit einem systematischen Forderungsmanagement. Vorteilhaft auf die Debitorenlaufzeit kann sich hierbei auch eine Umstellung von fallabschließender zu fallbegleitender Kodierung auswirken.
Anhand eines Beispiels soll in Zahlen verdeutlicht werden, wie zusätzliche Liquidität durch effizientes Working Capital Management freigesetzt werden kann.
Unsere Beispielklinik weist keinerlei Altforderungen auf und erzielt Erlöse in Höhe von 10 Mio. Euro pro Monat, d. h. 120 Mio. Euro pro Jahr. Bei einer Debitorenlaufzeit von mehr als 60 Tagen fließen der Klinik nach Ablauf des Jahres ceteris paribus lediglich die Erlöse der ersten zehn Geschäftsmonate, d. h. in Höhe von 100 Mio. Euro, zu. Gelingt es der Klinik nun (etwa durch die Einführung einer fallbegleitenden Kodierung), die Debitorenlaufzeit zu halbieren, ergäbe sich ein einmaliger positiver Liquiditätseffekt in Höhe von 10 Mio. Euro. Die Vorfinanzierung von Aufwendungen des operativen Geschäfts ließe sich hierdurch also deutlich verringern.
Eine weitere liquiditätsrelevante Kennzahl ist die Kreditorenlaufzeit. Diese spiegelt die durchschnittliche Zeit in Tagen wider, die sich eine Klinik zur Begleichung von Lieferantenverbindlichkeiten nimmt. Dabei werden die Verbindlichkeiten zu dem Materialaufwand ins Verhältnis gesetzt und auf 365 Tage umgeschlagen. Auch hier haben wir ein Benchmarking vorgenommen:
3) Anzahl der Krankenhäuser
4) Kreditorenlaufzeit in Tagen, Grau = Vergleichsgruppe, Grün = Benchmark (Median)
Unsere Auswertung ergab, dass sich die Kreditorenlaufzeit im Median bei 36,8 Tagen befindet. Auffällig hierbei ist, dass lediglich 11 % der untersuchten Krankenhäuser Zahlungen über zwei Monate hinweg verschleppen. Auch hier lassen sich deutliche Diskrepanzen zwischen Krankenhäusern in privater Trägerschaft (29,5 Tage) gegenüber solchen in öffentlicher sowie frei-gemeinnütziger Trägerschaft (39,0 Tage und 36,9 Tage) erkennen. Die Kürze der Kreditorenlaufzeit bei privaten Trägerschaften liegt unter anderem daran, dass diese einen stärkeren Fokus auf die Ausübung von Zahlungszielvereinbarungen (Skonti) und generell die Optimierung der Einkaufsbedingungen über einen stärkeren strategischen Einkauf legen, um damit eine Aufwandsminderung zu generieren. Allerdings führt eine zeitnahe Tilgung von Lieferantenverbindlichkeiten zur Vorfinanzierung der laufenden Geschäftstätigkeit und belastet somit die Liquidität einer Klinik. Deutlich wird dies, wenn beide Kennzahlen, differenziert nach ihrer jeweiligen Trägerschaft, gegenübergestellt werden:
5) Anzahl der Krankenhäuser
6) Hellgrün = Debitorenlaufzeit (Median), Grün = Kreditorenlaufzeit (Median)
Auf den ersten Blick ist zu erkennen, dass - unabhängig von der Trägerschaft - die Debitorenlaufzeit deutlich oberhalb der Kreditorenlaufzeit verläuft. Dies erschwert die Liquiditätsgenerierung und verdeutlicht den oben aufgeführten Effekt der Vorfinanzierung der laufenden Geschäftstätigkeit.
Fazit
Die Kapitalbindung an das Umlaufvermögen von Kliniken unterscheidet sich nach wie vor stark, abhängig u. a. von ihrer jeweiligen Trägerschaft. Während private Kliniken durch ihr Gewinnmaximierungskalkül Prozesse optimieren, lassen öffentliche und frei-gemeinnützige Krankenhäuser regelmäßig hohe Liquiditätspotentiale liegen. Wichtig ist jedoch, die Liquiditätsentwicklung sowohl kurz- als auch langfristig auf dem Schirm zu haben, um Engpässe zu vermeiden oder zumindest hervorzusehen. Insbesondere für die langfristige Liquiditätsentwicklung ist - speziell in Krisenzeiten - das Vorhalten einer integrierten Planungsrechnung unerlässlich. Nur so lassen sich die Auswirkungen aller Planwerke eines Unternehmens konsistent abbilden und Überraschungen vermeiden. Gerne unterstützen wir Sie mit unserer langjährigen Projekterfahrung hierbei.