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Lizenzmanagement und Vergütung auf der Blockchain am Beispiel der Musikindustrie

Mu­sik wird im­mer häufi­ger ge­streamt. Da­bei wird es im­mer kom­pli­zier­ter, das Geld dafür ge­recht zu ver­tei­len. Ein Grund dafür ist, dass das Strea­ming auf­grund der un­ter­schied­li­chen Wech­sel­kurse übe­rall auf der Welt un­ter­schied­lich viel Geld ein­bringt.

Dazu kommt, dass zwar im­mer we­ni­ger Leute für Mu­sik be­zah­len wol­len, gleich­zei­tig aber im­mer mehr Leute (wie z. B. Strea­ming­dienst­leis­ter, Be­zahl­sys­tem­dienst­leis­ter, Händ­ler etc.) ne­ben den Künst­lern daran mit­ver­die­nen.

Lizenzmanagement und Vergütung auf der Blockchain am Beispiel der Musikindustrie© Fotolia

Durch neue, di­gi­tale Be­zahl­sys­teme soll es jetzt möglich wer­den, dass Mu­si­ker ein­fach, fair und di­rekt be­zahlt wer­den. Die Tech­no­lo­gie da­hin­ter: Block­chain.

Die Blockchain-Technologie

Heut­zu­tage ermögli­chen Block­chain-In­fra­struk­tu­ren An­wen­dun­gen, mit de­nen sich Trans­ak­tio­nen ausführen las­sen, ohne dass eine zen­trale Prüfstelle not­wen­dig ist. Mit­tels ei­nes Peer-to-Peer-Netz­werks hat je­der be­tei­ligte User Zu­griff auf sein Konto (das so­ge­nannte „Ledger“). Das Ledger be­inhal­tet Trans­ak­tio­nen in dem ent­spre­chen­den Block­chain-Netz­werk, die einem be­stimm­ten Mus­ter ent­spre­chen. Hier­durch können Trans­ak­tio­nen durch an­dere User und de­ren Ledger zu­verlässig ve­ri­fi­ziert wer­den.

Durch die Block­chain-Tech­no­lo­gie können Un­ter­neh­men nicht nur ihre ei­gene Block­chain-Währung kre­ie­ren, son­dern diese eben­falls für den in­ter­nen Zah­lungs­ver­kehr, die Ver­wal­tung von Wa­ren und Gütern so­wie Echt­heitsprüfun­gen nut­zen.

Ein wei­te­rer Ein­satz­be­reich für die Block­chain-Tech­no­lo­gie fin­det sich in der Ver­lags-, Film und Mu­sik­in­dus­trie. Im Fol­gen­den ge­hen wir auf den Ein­fluss und die Verände­rung in der Mu­sik­bran­che ein. Die­ses Vor­ge­hen lässt sich je­doch auch auf die Ver­lags- und Film­in­dus­trie ad­ap­tie­ren.

Die aktuelle Situation der Musikindustrie

Während Mu­sik­lieb­ha­ber die Di­gi­ta­li­sie­rung als De­mo­kra­ti­sie­rung der Mu­sik­in­dus­trie ge­fei­ert ha­ben, hat sich die glo­bale Mu­sik­in­dus­trie kaum verändert. Mu­sik­pi­ra­te­rie durch il­le­gal her­un­ter­ge­la­dene, ko­pierte und ge­teilte In­halte schmälert wei­ter­hin die Um­satz­be­tei­li­gung der Künst­ler und der Mu­sik­la­bels. Hinzu kommt das Feh­len ei­nes ro­bus­ten Rech­te­ver­wal­tungs-sys­tems, das zu Um­satz­einbußen für den Künst­ler führt. Der­zeit sind die Da­ten­bestände auf unzählige Da­ten­ban­ken ver­teilt, so­dass eine Un­wis­sen­heit über die Rechte an Mu­sikstücken herrscht, wor­aus eine nicht im­mer ord­nungs­gemäße Ver­tei­lung der Ein­nah­men re­sul­tiert.

Der Zeit­raum, bis die Ein­nah­men den Künst­ler tatsäch­lich er­rei­chen, kann sich auf bis zu zwei Jahre er­stre­cken. Dies hängt mit den Tan­tie­me­ab­rech­nun­gen der La­bels und der Ver­lage zu­sam­men, auf wel­che die Künst­ler ver­trauen müssen.

Ein wei­te­rer Be­reich, der An­lass zur Sorge gibt, sind nicht aus­ge­zahlte bzw. zurück­ge­hal­tene Li­zenz­gebühren, die häufig auf­grund feh­len­der In­for­ma­tio­nen oder we­gen des un­geklärten Ei­gen­tums an Rech­ten aus­ge­setzt wer­den. Da­ne­ben ist der Zu­griff auf di­gi­tale Echt­zeit-Ver­kaufs­da­ten er­schwert, da die Strea­ming­dienste diese nicht im­mer be­reit­stel­len.

In der Kon­se­quenz lei­den Künst­ler un­ter ei­ner man­geln­den Ver­kaufstrans­pa­renz, ob­wohl di­gi­tale Ser­vice Pro­vi­der eine große Menge an Strea­ming-Trans­ak­tio­nen mel­den. Die Künst­ler er­hal­ten die Aus­schüttung von GEMA oder GVL oft erst nach einem Jahr oder länger. Meist wis­sen die Künst­ler dann nicht ge­nau, wofür oder wie die Mu­sik er­wor­ben und kon­su­miert wurde. Dies ist un­ter an­de­rem ein Grund dafür, dass ei­nige Künst­ler ihre Mu­sik von sol­chen On-De­mand-Strea­ming-Diens­ten fern­hal­ten, was zu beträcht­li­chen Lücken in den Bi­blio­the­ken po­pulärer Dienste wie Spo­tify, Apple Mu­sic oder Google Play Mu­sic führt.

Die erhoffte Revolution der Musikindustrie durch die Blockchain-Technologie

Die­sen Pro­ble­men kann die Block­chain-Tech­no­lo­gie ent­ge­gen­wir­ken. Als öff­ent­li­che be­wert­bare und de­zen­tra­li­sierte Da­ten­bank, wel­che über das In­ter­net ver­teilt wird, be­inhal­tet das Block­chain-Netz­werk nicht lösch­bare Da­tensätze, die kryp­to­gra­fi­sch ge­gen Ma­ni­pu­la­tion ab­ge­si­chert sind. Trans­ak­tio­nen fin­den, wie oben be­reits erwähnt, über ein Peer-to-Peer-Netz­werk statt und wer­den un­ter Ver­wen­dung ei­ner au­to­ma­ti­sier­ten Kon­sens­me­thode be­rech­net, ve­ri­fi­ziert und auf­ge­zeich­net. Hier­durch ist die Not­wen­dig­keit für einen Ver­mitt­ler oder Dritte zur Ver­wal­tung oder Steue­rung von In­for­ma­tio­nen überflüssig.

Ein Be­reich in dem die Block­chain-Tech­no­lo­gie po­si­tive Verände­run­gen be­wir­ken könnte, wäre die Er­stel­lung ei­ner Da­ten­bank für di­gi­tale Rechte. Der Nach­weis di­gi­ta­ler Rechte ist ei­nes der Haupt­pro­bleme der heu­ti­gen Mu­sik­in­dus­trie. Das Iden­ti­fi­zie­ren des Ur­he­ber­rechts ei­nes Songs und das De­fi­nie­ren, wie Li­zenz­gebühren zwi­schen Songwri­tern, In­ter­pre­ten, Ver­le­gern und Pro­du­zen­ten auf­ge­teilt wer­den soll­ten, sind im di­gi­ta­len Raum ebenso schwie­rig wie in der ana­lo­gen Welt. Oft­mals ver­lie­ren Künst­ler auf­grund der kom­pli­zier­ten ur­he­ber­recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen Li­zenz­ein­nah­men. Das un­veränder­bare ver­teilte Haupt­buch der Block­chain-Tech­no­lo­gie kann si­cher­stel­len, dass kein ein­zel­nes Un­ter­neh­men oder eine ein­zelne Per­son Ei­gen­tums­rechte un­rechtmäßig aus­schließlich für sich be­an­spru­chen kann. Si­chere Da­teien mit al­len re­le­van­ten In­for­ma­tio­nen wie Kom­po­si­tion, Lied­tex­ten, li­nea­ren No­ti­zen, Co­ver Art, Li­zen­zie­rung oder ge­ne­rell ei­ner Da­ten­bank mit zu­gehöri­gen Me­ta­da­ten, können in der Block­chain co­diert bzw. hin­ter­legt wer­den, um so­mit einen dau­er­haf­ten und un­auflösba­ren Da­ten­satz zu er­stel­len.

Die Di­gi­ta­li­sie­rung der Mu­sik- und Me­di­en­bran­che hat auch dazu geführt, dass sich Künst­ler und Pro­du­zen­ten mit dem Pro­blem der Pi­ra­te­rie aus­ein­an­der­set­zen müssen. Die Un­veränder­lich­keit und Ma­ni­pu­la­ti­ons­si­cher­heit der Block­chain-Tech­no­lo­gie können ge­nutzt wer­den, um eine un­auto­ri­sierte Ver­brei­tung mit neuen Lösun­gen zu ver­hin­dern. Eine Möglich­keit be­steht darin, Tracks auf der Block­chain zu co­die­ren, wo­durch si­cher­ge­stellt wird, dass je­des Mal, wenn ein Song ab­ge­spielt wird, eine ein­deu­tige Auf­nahme er­stellt wird, die das "Rip­pen" des In­halts ver­hin­dert.

Hinzu kommt, dass man die Be­zahl­mo­da­litäten trans­pa­rent auf­schlüsseln kann, so­dass im­mer ein­deu­tig er­kenn­bar ist, wer wel­che Rechte an dem an­ge­bo­te­nen Mu­sikstück hat und wie oft die Ti­tel ab­ge­ru­fen wur­den. In­ter­pre­ten, Kom­po­nis­ten oder Künst­ler können ihre Werke di­rekt auf ei­ner dafür ge­schaf­fe­nen Web­seite zum Down­load und/oder zum Stream an­bie­ten. Vorab muss ein On­line­for­mu­lar aus­gefüllt wer­den, in wel­chem dar­ge­stellt wird, wer wel­che Rechte an dem Werk hat. Mit die­sen In­for­ma­tio­nen wird die Block­chain befüllt. Durch Ver­kauf oder Stream ein­ge­nom­mene Gelder können so au­to­ma­ti­sch und ex­akt an die An­teils­eig­ner aus­ge­schüttet wer­den.

Aktuelle Projekte

Ein An­bie­ter ei­ner de­zen­tra­len Mu­sik-Platt­form ist VOISE. VOISE ist ein Block­chain-ba­sier­ter Strea­ming und Down­load Dienst, wel­cher ein ei­ge­nes To­ken­sys­tem ver­wen­det. Mit die­sen To­kens können im VOISE-Por­tal sämt­li­che Trans­ak­tio­nen durch­geführt wer­den, d. h. Mu­sik be­zo­gen wer­den. Die ein­ge­setz­ten To­kens ba­sie­ren auf Smart-Con­tracts (vgl. no­vus In­for­ma­ti­ons­tech­no­lo­gie III. 2017, S. 12) auf der Ethe­reum-Block­chain.

Ex­terne In­for­ma­tio­nen können als Auslöser ei­nes Smart Con­tracts ver­wen­det wer­den, die dann über die fest­ge­leg­ten Re­geln des Ver­tra­ges eine be­stimmte Ak­tion her­vor­ru­fen. Ein Vor­teil ist die Verläss­lich­keit. Ist ein Smart Con­tract kor­rekt pro­gram­miert, sind In­ter­pre­ta­ti­ons­schwie­rig­kei­ten der Ver­trags­be­din­gun­gen, also die Auf­tei­lung der Ein­nah­men, na­hezu aus­ge­schlos­sen. Vor­aus­set­zung ist je­doch eine Pro­gram­mie­rung des Smart Con­tracts die frei von in­halt­li­chen und lo­gi­schen Feh­lern ist. Sollte dies nicht gewähr­leis­tet sein, ist eine ge­rechte Auf­tei­lung der Ein­nah­men evtl. nicht möglich oder ma­ni­pu­lier­bar. Eben­falls ist die Si­cher­heit ein wich­ti­ges Merk­mal von Smart Con­tracts. Sind Smart Con­tracts auf Ba­sis ei­ner Block­chain pro­gram­miert, sind diese durch kryp­to­gra­fi­sche Ver­schlüsse­lungs­ver­fah­ren vor Ha­ckern na­hezu si­cher. Nie­mand kann die hin­ter­legte Auf­tei­lung der Ein­nah­men im Nach­hin­ein verändern. Ein Aus­weg könnte sein, die Smart Con­tracts mit einem Schal­ter zu ent­wi­ckeln, also einem im Nach­hin­ein ex­tern ak­ti­vier­ba­ren Zu­stand, bspw. ei­ner de­fi­nier­ten Trans­ak­tion in einem an­de­ren Block­chain-Ac­count durch einen fest­ge­leg­ten Ab­sen­der. Hierüber kann die Ver­ar­bei­tung verändert wer­den oder der Ver­tag wird für neue Trans­ak­tio­nen de­ak­ti­viert.

Das Ge­schäfts­mo­dell von VOISE ist dar­auf aus­ge­legt, un­abhängi­gen Künst­lern 100 % der Ein­nah­men zu­kom­men zu las­sen. Das an­onyme und de­zen­trale Netz­werk ermöglicht als Nut­zer das Strea­ming und den Down­load von Mu­sik in der Voice-App.

Eine wei­tere Möglich­keit zum Ver­kauf von Mu­sik mit­tels Block­chain-Tech­no­lo­gie hat das aus­tra­li­sche Un­ter­neh­men Bit­tu­nes ent­wi­ckelt. Bit­tu­nes ba­siert auf der Bit­coin-Block­chain und bie­tet Mu­si­kern an, ihre ei­gene Mu­sik, wie auch bei VOISE, über eine Peer-to-Peer-Platt­form zu ver­kau­fen. Der Käufer er­wirbt ein­zelne Mu­sik­tracks für 50 Cent, wo­von eine Hälfte an die Mu­si­ke­rIn­nen geht und die an­dere Hälfte an bis zu 5 Vor­verkäufer. Mu­sik­ti­tel, die es in Top-100-Charts schaf­fen, kos­ten US-Dol­lar 1, wo­von je­weils 40 % an die Künst­ler und die La­bels aus­be­zahlt wer­den und 20 % bei Bit­tu­nes als Gebühr ver­blei­ben.

Projektion auf andere Branchen

Die Block­chain-Tech­no­lo­gie lässt sich ebenso auf an­dere Bran­chen pro­ji­zie­ren. So kann diese z. B. auch in der Film­bran­che und Ver­lags­bran­che ein­ge­setzt wer­den.

Ana­log der Mu­sik­bran­che könnte eine zen­trale Rech­te­da­ten­bank inkl. der Ver­wen­dung von Smart Con­tracts si­cher­stel­len, dass bspw. Schau­spie­ler, Pro­du­zen­ten, Re­gis­seure ebenso aber auch Au­to­ren und Ver­le­ger bei Ein­nah­men ih­ren An­teil di­rekt und fair er­hal­ten.

In der Ver­lags­bran­che wäre nicht nur die zen­trale Rech­te­da­ten­bank ein denk­ba­res Sze­na­rio, son­dern auch das Wei­ter­ver­kau­fen von di­gi­ta­len In­hal­ten. Wer heut­zu­tage ein E-Book be­sitzt, kann die­ses auch an Freunde ver­schen­ken, ver­lei­hen oder wei­ter­ver­kau­fen. Wer Be­sit­zer ei­nes E-Books ist, wäre in der Block­chain in ei­ner Art von öff­ent­li­cher Buch­hand­lung. Der Wei­ter­ver­kauf von di­gi­ta­len In­hal­ten mit­tels Block­chain wäre denk­bar. Mit­tels Smart Con­tracts könn­ten so dem Rech­te­in­ha­ber bei je­der Trans­ak­tion ent­spre­chend den an­ge­ge­be­nen Li­zenz­be­din­gun­gen An­teile des Erlöses zu­kom­men.

Zukunftsmusik

Ei­nige Star­tups zei­gen er­ste An­wen­dungs­fel­der auf. In ers­ter Li­nie han­delt es sich um den Auf­bau von zen­tra­len Mu­sik-, Film- oder Ver­lags­da­ten­ban­ken, die eine trans­pa­rente Ver­wer­tung von Mu­sik, Film oder Büchern ermögli­chen.

Der Un­ter­schied zu den der­zeit be­ste­hen­den Lösun­gen ist, dass Ein­nah­men nicht umständ­lich ab­ge­rech­net wer­den müssen, son­dern der Zah­lungs­vor­gang di­rekt über eine Kryp­towährung, wie z. B. Etherum oder Bit­coins, er­folgt.

Darüber hin­aus kann die oft ein­ge­for­derte glo­bale (Mu­sik-) Da­ten­bank für eine ein­fa­che Rech­te­ver­wer­tung um­ge­setzt wer­den, wenn die re­le­van­ten und großen Ak­teure des Mu­sik­busi­ness mit­wir­ken. Hier sind auch die großen Künst­ler ge­fragt, die ihre La­bels auf die­sen Weg brin­gen müssen.

Je­doch kann so­wohl das nicht vor­han­dene In­ter­esse bzw. die Ab­wehr­hal­tung ge­genüber der Block­chain-Tech­no­lo­gie, als auch das Hemm­nis zur An­eig­nung der Tech­no­lo­gie durch Kon­zerne, die Eu­pho­rie an der Block­chain im Mu­sik­busi­ness bald ver­flie­gen las­sen. Des Wei­te­ren wäre mit Nut­zung der Block­chain-Tech­no­lo­gie die Not­wen­dig­keit der Ge­sell­schaft für mu­si­ka­li­sche Aufführungs- und me­cha­ni­sche Ver­vielfälti­gungs­rechte (GEMA) in Frage zu stel­len, da es kei­ner Prüfstelle mehr be­darf.

Es sind zu­dem bei Wei­tem noch nicht alle tech­ni­schen Hürden ei­ner mas­sen­taug­li­chen An­wen­dung der Block­chain über­wun­den. Es braucht noch viel Ent­wick­lungs­ar­beit und eine wei­tere Zu­nahme der Rech­ner­leis­tung, da­mit die Block­chain-Tech­no­lo­gie in un­se­rem All­tag an­kommt.

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