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Auslandsengagements

BMF zur Ermittlung des steuerpflichtigen Arbeitslohns in DBA-Fällen im Lohnsteuerabzugsverfahren

Mit der Ände­rung der Lohn­steuer-Richt­li­nie zum Lohn­steu­er­ein­be­halt vom lau­fen­den Ar­beits­lohn für Ar­beits­tage, an de­nen der Ar­beit­neh­mer auch nicht dem inländi­schen Lohn­steu­er­ab­zug un­ter­lie­gen­den Ar­beits­lohn be­zo­gen hat, R 39b.5 Abs. 2 S. 4 Lohn­steuer-Richt­li­nie 2023, zum 01.01.2023 er­ga­ben sich unzählige Fra­gen und Rechts­un­si­cher­hei­ten

Kon­kret war un­klar, wie die Be­rech­nung der Lohn­steuer bei Ar­beit­neh­mern mit teil­weise steu­er­pflich­ti­gem und teil­weise nicht dem Lohn­steu­er­ab­zug un­ter­lie­gen­den Ar­beits­lohn in der prak­ti­schen Um­set­zung durch­zuführen ist.

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Worum geht es?

Ist ein Ar­beit­neh­mer in einem Ka­len­der­mo­nat nur zeit­weise in Deutsch­land tätig, wa­ren bis 31.12.2022 auch sol­che in den Lohn­zah­lungs­zeit­raum fal­lende Ar­beits­tage mit­zuzählen, für die der Ar­beit­neh­mer kei­nen steu­er­pflich­ti­gen Ar­beits­lohn be­zo­gen hat (R 39b.5 Abs. 2 Satz 3 LStR 2015). Da­nach ent­stand lohn­steu­er­lich kein Teil­lohn­zah­lungs­zeit­raum, wenn ein un­be­schränkt steu­er­pflich­ti­ger Ar­beit­neh­mer für sei­nen Ar­beit­ge­ber eine nach Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men oder Aus­landstätig­keits­er­lass steu­er­freie Aus­landstätig­keit während des Mo­nats be­gann oder be­en­dete. Ent­spre­chen­des galt, wenn ein be­schränkt steu­er­pflich­ti­ger Ar­beit­neh­mer für sei­nen Ar­beit­ge­ber im Lohn­zah­lungs­zeit­raum zeit­weise in Deutsch­land und zeit­weise im Aus­land tätig war. Auch in die­sen Fällen fand die sog. Mo­nats­ta­belle An­wen­dung.

Durch die Ände­rung der Lohn­steu­er­richt­li­nie zum 01.01.2023 sind nun­mehr je­doch bei der Be­mes­sung des Lohn­zah­lungs­zeit­raums Ar­beits­tage, an de­nen der Ar­beit­neh­mer Ar­beits­lohn be­zo­gen hat, der etwa beim Be­zug von steu­er­freiem Ar­beits­lohn nach DBA oder nur ta­ge­wei­ser Be­schäfti­gung im In­land nicht dem inländi­schen Lohn­steu­er­ab­zug un­ter­liegt, nicht mehr mit­zuzählen. Statt­des­sen kommt die Ta­ges­ta­belle zur An­wen­dung. Dies hat in der Re­gel eine deut­lich höhere Lohn­steu­er­be­las­tung für die Be­trof­fe­nen und für die Durchführung der Lohn­steu­er­ab­zugs­ver­pflich­tun­gen des Ar­beit­ge­bers er­heb­li­che An­wen­dungs­schwie­rig­kei­ten zur Folge.

Klarstellungen mit aktuellem BMF-Schreiben

Mit Schrei­ben vom 08.10.2024 zur „Er­mitt­lung des steu­er­pflich­ti­gen und steu­er­freien Ar­beits­loh­nes nach Dop­pel­be­steue:001) hat das BMF nun fi­nal Stel­lung be­zo­gen. Das BMF-Schrei­ben er­setzt das BMF-Schrei­ben vom 14.03.2017.

Eine gute Nach­richt vorab: Das BMF be­an­stan­det aus Ver­ein­fa­chungsgründen nicht, wenn die An­wen­dung der Ta­ges­ta­belle gemäß R 39b.5 Abs. 2 Satz 4 LStR 2023 erst für nach dem 31.12.2024 en­dende Lohn­zah­lungs­zeiträume um­ge­setzt wird (an­ders als nach dem Ent­wurf des BMF-Schrei­bens vom 03.07.2024, das be­reits eine An­wen­dung für alle Lohn­zah­lungs­zeiträume ab dem Jahr 2023 vor­sah). So­mit bleibt noch et­was Zeit, die tech­ni­sche Um­set­zung an die neuen An­for­de­run­gen des BMF an­zu­pas­sen.

Auf­tei­lung des Ar­beits­lohns nach Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men

Für Auf­tei­lung des Ar­beits­lohns nach DBA un­ter An­wen­dung der Ta­ges­ta­belle sind die Grundsätze des BMF-Schrei­bens vom 12.12.2023 „Steu­er­li­che Be­hand­lung des Ar­beits­lohns nach Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men“ (Az. IV B 2 - S 1300/21/10024 :005) zu be­ach­ten. Dem­nach ist der dem je­wei­li­gen Zeit­raum di­rekt zu­or­den­bare Ar­beits­lohn (z. B. Rei­se­kos­ten, Über­stun­den­vergütun­gen, Zu­schläge etc.) zu er­mit­teln und der Aus­lands- bzw. In­landstätig­keit zu­zu­ord­nen.

Der ver­blei­bende nicht zu­or­den­bare Ar­beits­lohn (lau­fen­der Ar­beits­lohn, Zu­satz­vergütun­gen) ist auf­zu­tei­len. Für das Lohn­steu­er­ab­zugs­ver­fah­ren gel­ten dies­bezüglich ergänzende Grundsätze.

Me­tho­den der Auf­tei­lung des ver­blei­ben­den Ar­beits­lohns

Das BMF lässt fol­gende Me­tho­den zur Auf­tei­lung des ver­blei­ben­den Ar­beits­lohns zu:

  • Auf­tei­lung nach tatsäch­li­chen Ar­beits­ta­gen im ge­sam­ten Be­schäfti­gungs­zeit­raum in­ner­halb ei­nes Ka­len­der­jah­res
  • Auf­tei­lung nach tatsäch­li­chen Ar­beits­ta­gen im ein­zel­nen Ka­len­der­mo­nat
  • Auf­tei­lung nach pau­schal an­ge­setz­ten Ar­beits­ta­gen im ge­sam­ten Be­schäfti­gungs­zeit­raum in­ner­halb ei­nes Ka­len­der­jah­res
  • Auf­tei­lung nach pau­schal an­ge­setz­ten Ar­beits­ta­gen im ein­zel­nen Ka­len­der­mo­nat (neu)
  • Auf­tei­lung nach ver­ein­bar­ten Ar­beits­ta­gen im ein­zel­nen Ka­len­der­mo­nat.

Das BMF lässt neu die Auf­tei­lung nach pau­schal an­ge­setz­ten Ar­beits­ta­gen zu. Hierzu er­folgt die Auf­tei­lung un­ter An­wen­dung von pau­schal 20 Ge­samt­ar­beits­ta­gen (In- und Aus­land) je Ka­len­der­mo­nat. Der pau­schale An­satz ist an­tei­lig zu kürzen, so­weit der Ar­beit­neh­mer ty­pi­scher­weise an we­ni­ger als fünf Ar­beits­ta­gen pro Wo­che tätig ist (z. B. bei Teil­zeittätig­keit; vgl. Rn. 7 u. 8 des BMF-Schrei­bens).

Ein­heit­li­che An­wen­dung und Ände­rung der Pro­gnose

Während des Ka­len­der­jah­res ist kein Wech­sel zwi­schen den Auf­tei­lungs­me­tho­den er­laubt (vgl. Rn. 10 des BMF-Schrei­bens). Ändert sich eine ge­trof­fene Pro­gnose, so ist der neue er­mit­telte Auf­tei­lungsmaßstab ab dem fol­gen­den Lohn­zah­lungs­zeit­raum an­zu­wen­den (vgl. Rn. 12 des BMF-Schrei­bens).

Me­tho­den für die Be­rech­nung der sog. „Steu­er­tage“

Für die An­wen­dung der Ta­ges­ta­belle gemäß R 39b.5 Abs. 2 Satz 4 LStR 2023 sind die un­ter der Mo­nats­ta­belle an­zu­wen­den­den 30 Steu­er­tage an­zu­pas­sen. Für die Um­rech­nung der Steu­er­tage bei verkürz­ten Lohn­zah­lungs-/Teil­lohn­zah­lungs­zeiträumen ste­hen drei Al­ter­na­ti­ven zur Verfügung (vgl. Rn. 16a u. 16b des BMF-Schrei­bens):

  • Verhält­nis der Ka­len­der­tage zu den Ge­samt­ar­beits­ta­gen
  • Pau­scha­ler An­satz von 20 Ge­samt­ar­beits­ta­gen - je­der vor­aus­sicht­lich tatsäch­li­che (In­lands-)Ar­beits­tag wird mit Fak­tor 1,5 an­ge­setzt
  • Inländi­sche Auf­ent­halts­tage.

Überprüfung des un­terjähri­gen Lohn­steu­er­ab­zugs - Jah­res­be­trach­tung

Am Ende des Ka­len­der­jah­res hat der Ar­beit­ge­ber den un­terjährig durch­geführ­ten Lohn­steu­er­ab­zug an­hand der tatsäch­li­chen Verhält­nisse zu prüfen. Ein Wahl­recht für die Er­mitt­lung des steu­er­pflich­ti­gen Ar­beits­loh­nes so­wie die für die Lohn­steu­er­be­rech­nung zu Grunde zu­le­gen­den Steu­er­tage be­steht nicht. Die Möglich­keit als Steu­er­tage die tatsäch­li­chen Auf­ent­halts­tage im In­land an­zu­set­zen, bleibt da­von un­berührt. Diese sind je­doch durch den Ar­beit­neh­mer glaub­haft nach­zu­wei­sen.

Wird eine Kor­rek­tur er­for­der­lich, ist diese für je­den ein­zel­nen Ka­len­der­mo­nat vor­zu­neh­men. Die bis­he­rige Möglich­keit, (bei ganzjähri­ger Be­schäfti­gung) eine ein­zige Kor­rek­tur zum Ka­len­der­jah­res­ende vor­zu­neh­men, be­steht nicht mehr. Dies gilt so­wohl für be­schränkt als auch für un­be­schränkt steu­er­pflich­tige Ar­beit­neh­mer.

Kritische Stellungnahme

Das mit Span­nung er­war­tete BMF-Schrei­ben ist zu begrüßen, al­ler­dings un­ter fol­gen­den Punk­ten kri­ti­sch zu würdi­gen:

  • Die ge­ne­relle Ab­run­dung der er­mit­tel­ten Steu­er­tage führt ins­be­son­dere bei be­schränkt steu­er­pflich­ti­gen Ar­beit­neh­mern, bei de­nen die Lohn­steuer Ab­gel­tungs­wir­kung ent­fal­tet, zu ei­ner steu­er­li­chen Mehr­be­las­tung und Un­gleich­be­hand­lung.
  • Auf­grund der not­wen­di­gen Überprüfung zum Ka­len­der­jah­res­ende ist wei­ter­hin die Do­ku­men­ta­tion der tatsäch­li­chen Ar­beits­tage im In- und Aus­land er­for­der­lich (z. B. mit­tels Rei­se­ka­len­der). Die Möglich­keit, pau­schal Ar­beits­tage an­zu­set­zen, bie­tet so­mit le­dig­lich Er­leich­te­run­gen für den un­terjähri­gen Lohn­steu­er­ab­zug, nicht je­doch für die „Ge­samt­ab­wick­lung“.
  • Auf­grund der vor­zu­neh­men­den Jah­res­be­trach­tung sind ggf. Kor­rek­tu­ren im je­wei­li­gen Ka­len­der­mo­nat vor­zu­neh­men.
  • Es er­folgt keine Un­ter­schei­dung zwi­schen der un­be­schränk­ten und be­schränk­ten Steu­er­pflicht ei­nes Ar­beit­neh­mers; bei un­be­schränkt steu­er­pflich­ti­gen Ar­beit­neh­mern ist durch die Ver­pflich­tung zur Ab­gabe ei­ner Ein­kom­men­steu­er­erklärung die ord­nungs­gemäße Be­steue­rung der Ar­beits­einkünfte si­cher­ge­stellt. Der Lohn­steu­er­ab­zug hat in­so­weit le­dig­lich Vor­aus­zah­lungs­cha­rak­ter; die tatsäch­li­che Steu­er­schuld wird im Rah­men der Ein­kom­men­steu­er­ver­an­la­gung des Mit­ar­bei­ters fest­ge­setzt, so dass durch die Be­schränkung der An­wen­dung der Ta­ges­ta­belle auf le­dig­lich be­schränkt steu­er­pflich­tige Ar­beit­neh­mer, keine Min­der­steu­er­ein­nah­men zu befürch­ten wären.

Die Re­ge­lun­gen gel­ten für alle inländi­schen Ar­beit­ge­ber gemäß § 38 EStG, insb. auch für „deut­sche“ Un­ter­neh­men, die als sog. wirt­schaft­li­cher Ar­beit­ge­ber an­zu­se­hen sind. Auf Grund der Ver­schärfung der Re­ge­lung durch An­wen­dung der Ta­ges­ta­belle steigt das Haf­tungs­ri­siko für den inländi­schen Ar­beit­ge­ber, da ent­ge­gen der bis­he­ri­gen An­wen­dung der Mo­nats­ta­belle bei An­wen­dung der Ta­ges­ta­belle in den meis­ten Fällen eine Lohn­steuer be­rech­net wird.

Hin­weis: Die Möglich­keit, einen Lohn­steu­er­jah­res­aus­gleich gemäß § 42b EStG durch­zuführen, schei­det auf Grund ei­nes neuen § 42b Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG-E i. d. F. des der­zeit noch nicht ver­ab­schie­de­ten JStG 2024 aus. Die Neu­re­ge­lung soll rück­wir­kend ab dem 01.01.2024 An­wen­dung fin­den.

Bei be­schränkt Steu­er­pflich­ti­gen ist in der Re­gel für die Er­mitt­lung der Steu­er­tage das Verhält­nis der tatsäch­li­chen In­lands­ar­beits­tage zu den Ge­samt­ar­beits­ta­gen vor­teil­haf­ter, so­fern sich diese le­dig­lich zur Ar­beits­ausübung in Deutsch­land auf­hal­ten.

Zu­dem emp­feh­len wir die Prüfung An­wen­dung des § 40a Abs. 7 EStG, wo­nach der Ar­beit­ge­ber un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen die Lohn­steuer für Bezüge von kurz­fris­ti­gen, im In­land ausgeübten Tätig­kei­ten be­schränkt steu­er­pflich­ti­ger Ar­beit­neh­mer mit einem Pau­schal­steu­er­satz von 30 % des Ar­beits­lohns er­he­ben kann. Da­bei sind wirt­schaft­li­che Gründe (z. B. hohe Ad­mi­nis­tra­ti­ons­kos­ten) ge­gen eine mögli­che höhere Steu­er­be­las­tung auf Grund der Pau­scha­lie­rung ab­zuwägen. Die Re­ge­lung kann insb. in sol­chen Fällen vor­teil­haft sein, in de­nen der Ar­beit­ge­ber die deut­sche Steuer für den Ar­beit­neh­mer über­nimmt; die Steuerüber­nahme ist durch den Pau­schal­steu­er­satz ab­ge­gol­ten.; Es muss also bei ei­ner et­wai­gen Über­nahme der deut­schen Lohn­steuer durch den Ar­beit­ge­ber bei in­di­vi­du­el­ler Ver­steue­rung keine sog. Net­to­hoch­rech­nung vor­ge­nom­men wer­den. Da die Re­ge­lung nur für einen ein­ge­schränk­ten Per­so­nen­kreis An­wen­dung fin­det, sollte die Vor­ge­hens­weise durch das zuständige Be­triebsstätten­fi­nanz­amt bestätigt wer­den.

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