Der Sachverhalt:
Streitig ist im zweiten Rechtsgang, ob das Wahlrecht, die Lohnsteuer für geldwerte Vorteile bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach § 40 Abs. 2 S. 2 EStG zu pauschalieren, erstmals nach der Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigungen für den Pauschalierungszeitraum ausgeübt werden kann.
Bei einer Lohnsteuer-Außenprüfung stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin im Jahr 2005 Grundbeträge i.H.v. insgesamt rd. 400.000 € an die Verkehrsgesellschaften entrichtet, aber nicht dem Lohnsteuerabzug unterworfen hatte. Der Lohnsteuer-Außenprüfer beurteilte diesen Betrag als steuerbaren geldwerten Vorteil, der im Streitfall rd. 75 € je Arbeitnehmer betrage und nicht mtl., sondern sofort und in vollem Umfang zugeflossen sei. Die mtl. 44 €-Freigrenze für Sachbezüge sei deshalb überschritten. Denn bei den von den einzelnen Arbeitnehmern erworbenen Jobtickets handele es sich ausnahmslos um Jahreskarten. Der geldwerte Vorteil aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung solcher Karten fließe nach der Rechtsprechung des BFH insgesamt im Zeitpunkt der Überlassung zu. Eine nachträgliche Pauschalierung der Besteuerungsgrundlagen nach § 40 Abs. 2 S. 2 EStG mit 15 Prozent könne rückwirkend nicht vorgenommen werden. Es ergebe sich für die Nachforderung ein Bruttosteuersatz in Anlehnung an § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG von 30,10 Prozent für das Jahr 2005. Das Finanzamt erließ dementsprechend den Haftungsbescheid.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Das FG habe im zweiten Rechtsgang zu prüfen, in welchem Umfang der dem vorliegenden Jobticketprogramm innewohnende Vorteil, d.h. der Nachlass auf den Normalpreis einer entsprechenden Jahresnetzkarte, den teilnehmenden Arbeitnehmern durch den Arbeitgeber vermittelt worden sei. Auf Anregung des FG schlossen die Beteiligten im zweiten Rechtsgang eine tatsächliche Verständigung über die Höhe des der Besteuerung unterliegenden geldwerten Vorteils im Streitjahr und bezifferten diesen auf insgesamt rd. 210.000 €. Das Finanzamt schlug vor, den im Haftungsbescheid angewendeten Bruttosteuersatz i.H.v. 30,10 Prozent weiterhin anzuwenden. Dieser Bruttosteuersatz stand bisher nicht im Streit. Mit Schriftsatz vom 29.8.2013 begehrte die Klägerin im zweiten Rechtsgang erstmals die Anwendung der Pauschalierung nach § 40 Abs. 2 S. 2 EStG. Gleichwohl wies das FG die Klage teilweise ab.
Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Inanspruchnahme der Klägerin als Haftungsschuldnerin § 40 Abs. 2 S. 2 EStG nicht entgegensteht.
Der angefochtene Haftungsbescheid ist im klageabweisenden Umfang rechtmäßig. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht ihrer Inanspruchnahme als Haftungsschuldnerin § 40 Abs. 2 S. 2 EStG nicht entgegen. Für die Pauschalierung nach § 40 Abs. 2 S. 2 EStG ist ein Antrag oder eine Genehmigung durch das Finanzamt nicht erforderlich. Das Wahlrecht wird vielmehr durch die Anmeldung der mit einem Pauschsteuersatz erhobenen Lohnsteuer ausgeübt. Danach hat das FG im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Haftungsbescheid - soweit die Klage abgewiesen wurde - auch nicht deshalb aufzuheben ist, weil die Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 29.8.2013 beantragt hat, die Lohnsteuer für den hier streitgegenständlichen Sachbezug gem. § 40 Abs. 2 S. 2 EStG zu pauschalieren.
Zwar wird die kostenlose oder (wie hier) verbilligte Abgabe von Fahrkarten des öffentlichen Personennahverkehrs (Job-Ticket) grundsätzlich von § 40 Abs. 2 S. 2 EStG erfasst. Vorliegend hat die Klägerin für den hier zu beurteilenden geldwerten Vorteil aus der verbilligten Überlassung der Job-Tickets jedoch in keiner Lohnsteuer-Anmeldung pauschale Lohnsteuer erhoben. Der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 29.8.2013 erstmals gestellte Antrag auf Lohnsteuerpauschalierung geht ins Leere, da ein solcher Antrag für die Pauschalierung nach § 40 Abs. 2 S. 2 EStG gesetzlich nicht vorgesehen ist. Als bloße Absichtserklärung vermag er insbesondere die nach § 40 Abs. 2 S. 2 EStG erforderliche Erhebung der pauschalen Lohnsteuer in der Lohnsteuer-Anmeldung weder zu ersetzen noch das Pauschalierungsverfahren nach § 40 Abs. 2 EStG in Gang zu setzen.
Da die Klägerin ihr Pauschalierungswahlrecht nach § 40 Abs. 2 S. 2 EStG nicht ausgeübt hat, kann die von ihr aufgeworfene Rechtsfrage, ob das Wahlrecht des Arbeitgebers, die Lohnsteuer für geldwerte Vorteile bei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach § 40 Abs. 2 S. 2 EStG zu pauschalieren, noch im Klageverfahren und damit auch noch nach Übermittlung oder Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigungen ausgeübt werden kann, ebenfalls offenbleiben.
Damit kann auch dahinstehen, ob an der Rechtsprechung, nach der ein erstmals im Klageverfahren ausgeübtes Pauschalierungswahlrecht gegenüber einem Haftungsbescheid geltend gemacht werden kann, festzuhalten ist. Denn eine andere zeitliche Begrenzung des Pauschalierungseinwands gegen einen Haftungsbescheid könnte deshalb geboten sein, weil für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids nach ständiger BFH-Rechtsprechung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung maßgeblich ist. Die Ausübung eines Wahlrechts im Revisionsverfahren vor dem BFH kommt ohnehin nicht in Betracht.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.