Die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung hängt im Falle sog. Massenentlassungen u. a. von einer wirksam erstatteten Massenentlassungsanzeige ab. Bislang herrschte Einigkeit darüber, welche Angaben in dieser Anzeige gemacht werden müssen und welche Angaben der Arbeitgeber (freiwillig) machen kann. Das Hessische LAG sieht dies gemäß Urteil vom 25.06.2021 (Az. 14 Sa 1225/20) anders.
Arbeitgeber müssen unter gewissen Voraussetzungen eine Massenentlassungsanzeige bei der zuständigen Agentur für Arbeit erstatten. Von der ordnungsgemäßen Durchführung des Massenentlassungsanzeigeverfahrens hängt dann die Wirksamkeit der jeweiligen betriebsbedingten Kündigungen ab. Die Erstattung der Massenentlassungsanzeige ist insbesondere bei umfangreichen Restrukturierungen wichtig.
Welche Angaben zu machen sind, ergibt sich aus § 17 Abs. 3 Sätze 4 und 5 KSchG. Dabei wird zwischen Muss-Angaben (Name Arbeitgeber, Sitz des Betriebs etc.), § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG, und Soll-Angaben (Geschlecht, Alter, Beruf der Arbeitnehmer etc.), § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG, unterschieden. Die Muss-Angaben sind in das Formblatt der eigentlichen Entlassungsanzeige einzugeben, während die Soll-Angaben bisher in einem gesonderten Formblatt zu erfassen sind. Auf diesem gesonderten Formblatt (Stand Januar 2019) befindet sich der Hinweis, dass alle Angaben freiwillig sind und später nachgereicht werden können. Im Merkblatt für Arbeitgeber der Agentur für Arbeit (Stand Oktober 2017) wird bisher zudem klargestellt, dass die Soll-Angaben freiwillig und keine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Entlassungsanzeige sind.
Das Hessische LAG sieht dies anders und erachtet eine Massenentlassung für unwirksam, wenn nicht auch die Soll-Angaben in der Anzeige enthalten sind. Dazu führt es aus, dass die Massenentlassungsanzeige alle zweckdienlichen Angaben enthalten müsse, die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen, wobei kein Unterschied zwischen Soll- und Muss-Angaben bestehe. Vielmehr habe der Gesetzgeber beide Kategorien von Informationen für zweckdienlich gehalten. Der Unterschied bestehe lediglich darin, dass der Arbeitgeber stets über alle Muss-Angaben verfügt, während die Soll-Angaben nicht aus seiner Sphäre stammen und daher nur anzugeben sind, wenn sie dem Arbeitgeber vorliegen. Entgegen der oben dargestellten bisherigen Praxis hält das Hessische LAG damit die Soll-Angaben für zwingend erforderlich und befand die streitbefangene Massenentlassungsanzeige und in der Folge auch die ausgesprochenen Kündigungen für unwirksam.
Hinweis:
Die Entscheidung des Hessischen LAG ist noch nicht rechtskräftig. Das Urteil schafft allerdings erhebliche Rechtsunsicherheit. Verzichtet der Arbeitgeber auf die Einreichung des Formblatts „BA-KSchG 2“, in dem die Soll-Angaben aufgeführt sind und das bislang als freiwilliger Zusatz galt, droht betriebsbedingten Kündigungen im Rahmen einer Massenentlassung die Unwirksamkeit. Arbeitgeber sollten bis auf Weiteres auch die Soll-Angaben in ihre Massenentlassungsanzeige aufzunehmen.