Der Sachverhalt:
In der im Jahre 2014 abgegebenen Einkommensteuererklärung 2012 teilte der Kläger mit, dass keine Investition der in 2009 angegebenen Güter erfolgt sei. Das Finanzamt beabsichtigte daraufhin ausweislich der vorgehefteten Unterlagen zur Bilanzakte "Überwachungsbogen [§ 7g EStG] VZ 2009" die Hinzurechnung eines Betrags von 15.800 € in 2009, d.h. die Rückgängigmachung des seinerzeit berücksichtigten Investitionsabzugsbetrags. Es erließ daraufhin am 29.9.2014 einen Änderungsbescheid. Als Änderungsvorschrift benannte er § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG.
Es hieß, der in 2009 gewinnmindernd abgezogene Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG i.H.v. 15.800 € werde rückgängig gemacht, weil keine Investition bis zum dritten auf das Jahr der Rückstellungsbildung folgende Jahr (d.h. bis zum Jahr 2012) erfolgt sei. Im Widerspruch zu diesen Angaben erhöhte die Behörde jedoch nicht den Gewinn um 15.800 €, sondern verminderte den Gewinn aus selbständiger Tätigkeit von 89.174 € um 14.200 € auf 74.974 € und setzte hierzu eine Einkommensteuer i.H.v. 21.242 € fest. Dies bewirkte beim Kläger eine Erstattung i.H.v. 5.964 € Einkommensteuer (zzgl. Zinsen und SolZ; Erstattung insgesamt 7.542,04 €).
Etwa zweieinhalb Jahre später bemerkte das Finanzamt den Fehler und setzte mit hier streitgegenständlichem Bescheid vom 21.2.2017 den Gewinn von 74.974 € auf 104.974 € (d.h. ursprünglich erklärter Gewinn 89.174 € zzgl. Rückgängigmachung Investitionsabzugsbetrag von 15.800 €) herauf. Die Gewinnerhöhung betrug damit insgesamt 30.000 € und entfiel zu 14.200 € auf die Korrektur des früheren Fehlers und zu 15.800 € auf die wohl schon 2014 beabsichtigte Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags. Hierdurch entstand eine Nachzahlungslast von 12.600 € Einkommensteuer zzgl. Zinsen und SolZ, insgesamt i.H.v. 15.435 €. Als Rechtsgrundlage benannte der Beklagte erneut § 7g Abs. 3 EStG und führte unter Verweis auf § 7g Abs. 3 Satz 3 EStG aus, die Festsetzungsfrist sei nicht abgelaufen. Sie richte sich nach der für den Veranlagungszeitraum 2012 (= Jahr, in dem die Investition endgültig nicht erfolgt ist) geltenden Festsetzungsfrist und ende wegen Erklärungsabgabe im Jahr 2014 erst mit Ablauf des 31.12.2018.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt. Allerdings wurde die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az. VIII R 45/18 anhängig.
Die Gründe:
Soweit das Finanzamt den Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit um 14.200 € erhöht hatte und damit den im Bescheid vom 29.9.2014 unterlaufenen Fehler ("falsche Änderungsrichtung und falscher Änderungsbetrag") rückgängig gemacht hat, ist der Änderungsbescheid rechtswidrig.
Bezüglich einer Gewinnerhöhung von 14.200 € (von insgesamt 30.000 €) mangelt es an einer Rechtsgrundlage für die Änderung, wodurch der Bescheid insoweit formell fehlerhaft ist. Entgegen der Rechtsauffassung des Finanzamtes kann die Änderung nicht auf § 7g Abs. 3 EStG gestützt werden. Soweit der Investitionsabzugsbetrag nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres nach § 7g Abs. 2 EStG hinzugerechnet wurde, ist der Abzug nach § 7g Abs. 1 EStG rückgängig zu machen (§ 7g Abs. 3 Satz 1 EStG 2009). Wurde der Gewinn des maßgebenden Wirtschaftsjahres bereits einer Steuerfestsetzung oder einer gesonderten Feststellung zugrunde gelegt, ist der entsprechende Steuer- oder Feststellungsbescheid insoweit zu ändern (§ 7g Abs. 3 Satz 2 EStG 2009).
Das gilt auch dann, wenn der Steuer- oder Feststellungsbescheid bestandskräftig geworden ist; die Festsetzungsfrist endet insoweit nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem das dritte auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgende Wirtschaftsjahr endet (§ 7g Abs. 3 Satz 3 EStG 2009). Im Streitfall gestattet § 7g Abs. 3 EStG damit nach Überzeugung des Senats, wie auch am Wortlaut ("insoweit") ersichtlich ist, nur eine auf den seinerzeit geltend gemachten und berücksichtigten Investitionsabzugsbetrag betragsmäßig beschränkte Änderung. Die Änderung nach § 7g EStG kann damit höchstens 15.800 € betragen und gestattet keine Gewinnerhöhung um weitere 14.200 €.
Soweit jedoch die Behörde den Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit um 15.800 € erhöht hatte und damit den seinerzeit in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbetrag rückgängig gemacht hat, ist der Änderungsbescheid vom 21.2.2017 - trotz der bereits im Änderungsbescheid vom 29.9.2014 benannten Korrekturvorschrift des § 7g Abs. 3 EStG - rechtmäßig. Insoweit konnte der Änderungsbescheid auf § 7g Abs. 3 EStG gestützt werden. Durch den fehlerhaften Änderungsbescheid vom 29.9.2014 wurde ein Investitionsabzugsbetrag bislang (objektiv) gerade nicht rückgängig gemacht. Die im Änderungsbescheid vom 21.2.2017 vorgenommene Gewinnerhöhung um 15.800 € stellt damit objektiv die erstmalige Rückgängigmachung des ursprünglich in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbetrags dar. Die Festsetzungsfrist für eine solche Änderung begann gem. § 7g Abs. 3 Satz 3 EStG mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkommensteuererklärung 2012 (d.h. des dritten auf das Bildungsjahr folgende Jahr) abgegeben worden war, d.h. mit Ablauf des 31.12.2014. Sie endet damit erst mit Ablauf des 31.12.2018.
Allerdings ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt, ob die spezielle Korrekturvorschrift des § 7g Abs. 3 EStG eine mehrfache Änderung eines Bescheids ermöglicht und in diesem Zusammenhang im Vorbescheid unterlaufene Fehler (zusätzlich zur eigentlichen Gewinnerhöhung um den Investitionsabzugsbetrag) zulasten des Steuerpflichtigen korrigiert werden dürfen, weshalb wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen wurde.
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