Das BMF-Schreiben dürfte es in der Praxis zwar leichter machen, den Meldepflichten gerecht zu werden. Zahlreiche Rechtsbegriffe bleiben gleichwohl in hohem Maße auslegungsbedürftig. Weiterhin wird am konkreten Einzelfall zu prüfen sein, ob ein meldepflichtiger Sachverhalt gegeben ist.
Gesetzliche Regelung
Grenzüberschreitende Steuergestaltungen sind bei Erfüllung bestimmter Kennzeichen (sog. Hallmarks) innerhalb von 30 Tagen der Finanzverwaltung zu melden: Dabei erstrecken sich die Meldepflichten keineswegs nur auf Steuervermeidungsstrategien. Erfasst werden vielmehr auch Sachverhalte, die sich klar an den gesetzgeberisch gesetzten Grenzen orientieren und keinerlei missbräuchliche Tendenz aufweisen.
Die Meldung hat grundsätzlich durch den Intermediär (insb. Steuerberater, Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer) an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu erfolgen. Sofern der Nutzer der Gestaltung (in der Regel der Steuerpflichtige) dem Intermediär keine Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht erteilt, sind personenbezogene Daten von ihm direkt zu übermitteln. In einigen Fällen obliegt die Meldepflicht insgesamt dem Nutzer.
Die Prüfung, ob im konkreten Fall eine Meldepflicht besteht, wird durch die zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffe in den gesetzlichen Vorgaben erschwert. Zur Erläuterung dieser Begriffe und zur Klärung praxisrelevanter Abgrenzungsfragen veröffentlichte das BMF am 29.03.2021 ein umfassendes Anwendungsschreiben.
Erkenntnisse aus dem BMF-Schreiben
Neben ausführlichen Erläuterungen, wer konkret die Meldepflichten zu erfüllen hat, geht das BMF insb. auf die unterschiedlichen Kennzeichen ein. Bestimmte Kennzeichen führen nur dann zur Meldepflicht, wenn einer der zu erwartenden Hauptvorteile der Gestaltung die Erlangung eines Steuervorteils ist (sog. Relevanztest).
So geht das BMF u. a. näher darauf ein, in welchen Fällen nach Durchführung des Relevanztests von einer meldepflichtigen Steuergestaltung wegen einer standardisierten Gestaltung, dem Umwandeln von Einkünften, zirkulären Transaktionen, präferenziell oder (nahe) null besteuerten Zahlungen im Konzern auszugehen ist.
Ungeachtet eines Relevanztests führen etwa gruppeninterne grenzüberschreitende Zahlungen, die beim Zahlenden als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, zu einer Meldepflicht, wenn der Zahlungsempfänger in einem Staat ansässig ist, der in der EU- oder der OECD-Blacklist nichtkooperativer Staaten aufgeführt wird. Die derzeit hierunter fallenden Staaten werden auf der Internetseite des Bundeszentralamts für Steuern (www.bzst.de) aufgeführt, worauf das BMF in seinem Schreiben hinweist.
Zudem hat das BMF seinen Ausführungen eine sog. White List angefügt, in der Standardfälle aufgeführt sind, die regelmäßig keine Meldepflicht im Rahmen der Kennzeichen mit Relevanztest auslösen. So soll z. B. die Ausübung steuerlicher Wahlrechte oder die Nutzung steuerlicher Freigrenzen oder Freibeträge regelmäßig keinen steuerlichen Hauptvorteil erfüllen.
Was ist zu tun?
Mit dem finalen BMF-Schreiben liegt nun die offizielle Rechtsauffassung der Finanzverwaltung zu zahlreichen Fragestellungen im Zusammenhang mit DAC 6 vor. Damit besteht auch mehr Klarheit, in welchen Fällen eine umfassende Prüfung des Einzelfalls erforderlich ist, um den DAC 6-Meldepflichten gerecht zu werden. Dabei lässt sich aus den Ausführungen des BMF allerdings nicht für jede Fallgestaltung entnehmen, wie vorzugehen ist. Anspruch auf abschließende Aufzählungen oder Prüfungsvorgaben für jeden Einzelfall kann das BMF-Schreiben angesichts der Vielzahl an steuerlichen Gestaltungs- und Optimierungsmöglichkeiten nicht erheben.
Für Sie und Ihr Unternehmen ergeben sich hieraus folgende Überlegungen:
Hat Ihr Unternehmen Meldepflichten zu erfüllen?
Inwiefern könnten in Ihrem Unternehmen meldepflichtige Steuergestaltungen vorliegen? Anders als der Name es vermuten lässt, können auch ganz gewöhnliche Konzernsachverhalte unter die Meldepflicht fallen.
Ob Ihr Unternehmen betroffen ist, klären wir mit Ihnen in individuell gestalteten Workshops. Per Online-Konferenz oder, sofern möglich, künftig auch wieder vor Ort identifizieren wir gemeinsam (potenziell) meldepflichtige Sachverhalte (Betroffenheitsanalyse), ausgehend von konkreten Praxisfällen.
Ist eine effiziente Erfüllung der Meldepflichten sichergestellt?
Um den Meldepflichten effizient nachzukommen, bedarf es klarer Prozesse, bei denen alle Unternehmensbereiche mit Berührungspunkten zu den DAC 6-Meldepflichten eingebunden sind. Im Anschluss an unseren gemeinsamen Workshop oder auf Basis einer Analyse Ihrer Unternehmensstruktur und der Abläufe in Ihrem Unternehmen erarbeiten wir mit Ihnen DAC 6-Prozesse. Die Ergebnisse können wir gemeinsam mit Ihnen als individuelle DAC 6-Guideline zusammenfassen, so dass Sie diese allen Beteiligten im Unternehmen zur Verfügung stellen können. Dabei geben die DAC 6-Guidelines die typischen Fallkonstellationen im Unternehmen unter Einbindung der zuständigen Personen oder Abteilungen sowie der hieraus erwachsenden Handlungsschritte wieder und fördern somit die Effizienz der Prozesse.
Sind Ihre bestehenden Prozesse up to date?
Das BMF-Schreiben vom 29.03.2021 führt in einigen Punkten zu mehr Klarheit darüber, in welchen Fällen Meldepflichten bestehen können. Angesichts der sich daraus ergebenden Erkenntnisse sollte geprüft werden, ob Ihre bestehenden DAC 6-Prozesse angepasst oder verbessert werden können. In einem Follow-up Workshop arbeiten wir mit Ihnen gemeinsam heraus, inwieweit Prozessmodifikationen vorgenommen werden sollten.
Wie werden die Prüfergebnisse festgehalten?
Die Ergebnisse aus der Prüfung vergangener Gestaltungen beinhalten wichtige Informationen für den Umgang mit vergleichbaren künftigen Sachverhalten und bergen damit großes Optimierungspotential. Um dieses zu nutzen, empfiehlt sich eine strukturierte Dokumentation, in der Sachverhaltsgruppen gebildet werden. Aus identifizierten meldepflichtigen Gestaltungen lassen sich oftmals effiziente Prozesse ableiten, um vergleichbare künftige Konstellationen rechtzeitig erkennen und eine fristgerechte Meldung vornehmen zu können. Hilfreich ist zudem die Dokumentation von Sachverhalten, für die eine DAC 6-Meldung nach entsprechender Würdigung des Einzelfalls begründet abgelehnt wurde. Dies gilt insbesondere für Fälle, in denen eine Meldepflicht über den nicht erfüllten Relevanztest verneint wird.
Durchführung der Meldungen?
Falls Meldungen durchzuführen sind, stehen verschiedene technische Verfahren zur Verfügung. Zu den Vor- und Nachteilen der einzelnen Verfahren beraten wir Sie gern. Darüber hinaus können wir auch die Übermittlung der Meldungen übernehmen, sofern Sie diese nicht selbst durchführen können oder dies nicht selbst vornehmen möchten.
Meldepflichten im Ausland?
Da die Meldepflichten auf EU-rechtlichen Vorgaben beruhen, bestehen in den anderen EU-Mitgliedstaaten entsprechende Regelungen. Wir klären, ob originär eine Meldepflicht in Deutschland und/oder im EU-Ausland besteht. Über unser Nexia-Netzwerk erhalten wir aus erster Hand Informationen zu den konkreten Ausgestaltungen der DAC 6-Meldepflichten im jeweiligen EU-Staat. Bei Bedarf unterstützen wir Sie in Zusammenarbeit mit unseren Nexia-Partnern auch gerne bei der Übermittlung etwaiger DAC 6-Meldungen im Ausland.
Compliance sichergestellt?
Durch die für Sie übermittelten Meldungen im In- und Ausland werden die entsprechenden Meldepflichten erfüllt. Ferner unterstützen wir Sie dabei, dass die erforderlichen Angaben in den Steuererklärungen ab 2019 enthalten sind. So können die gesetzlichen Pflichten erfüllt und Ordnungswidrigkeiten vermieden werden. Um dies auch künftig zu gewährleisten, unterstützen wir Sie dabei, Prozesse für Ihr Unternehmen zu definieren und ggf. in Ihr bestehendes Compliance Management System zu integrieren.
Noch Fragen?
Gerne steht Ihnen Ihr bekannter Ansprechpartner von Ebner Stolz zur Verfügung, der jederzeit auf unser Expertenteam zu Fragen rund um die Meldepflichten bei grenzüberschreitenden Steuergestaltungen zurückgreifen kann.