Der Sachverhalt:
Die klagende GbR ist Vermieterin einer Wohnung. Der im Oktober 2008 mit den Beklagten geschlossene Mietvertrag bestimmt unter § 4 ("Zahlung der Miete"):
3. Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung kommt es nicht auf die Absendung, sondern auf den Eingang des Geldes an. Aus mehrfach verspäteter Mietzahlung kann der Mieter keine Rechte herleiten; vielmehr kann dies im Einzelfall ein Grund für eine Kündigung des Mietverhältnisses sein."
Im August 2013 mahnte die Klägerin die Beklagten schriftlich unter Hinweis darauf ab, dass die Miete in den Monaten Januar, Februar, März, Mai und Juli 2013 nicht bis zum dritten Werktag des Monats auf ihrem Konto eingegangen sei. In den Monaten März, April und Mai 2014 zahlten die Beklagten die Miete spätestens am dritten Werktag des Monats in bar bei ihrem Zahlungsdienstleister (Deutsche Post AG) ein und erteilten gleichzeitig einen Überweisungsauftrag. Die Klägerin macht geltend, in den vorgenannten Monaten sei die Miete erneut nach dem dritten Werktag auf ihrem Konto eingegangen.
Mit Anwaltsschreiben, mit der Klageschrift (jeweils im Mai 2014) sowie mit Schriftsatz (Juli 2014) kündigte sie das Mietverhältnis wegen verspäteter Mietzahlungen jeweils fristlos, hilfsweise fristgerecht. Die Kündigung von Juli 2014 stützte die Klägerin zusätzlich darauf, dass die Beklagte zu 1) in einem gegen ihre Mutter gerichteten Parallelverfahren eine dem Mieterverein erteilte Vollmacht von Juni 2014 für einen Widerspruch gegen die Kündigung des Mietverhältnisses ihrer Mutter mit deren Namen unterzeichnet habe, ohne dies gegenüber der Klägerin offenzulegen.
AG und LG wiesen die auf Räumung und Herausgabe der Wohnung sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichtete Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das LG hat einen Anspruch der Klägerin auf Räumung und Herausgabe der vermieteten Wohnung gem. § 546 Abs. 1, § 985 BGB zu Recht verneint.
Die auf verspätete Mietzahlungen gestützten fristlosen (§ 543 Abs. 1 BGB) sowie hilfsweise ordentlichen (§ 573 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB) Kündigungen sind schon deshalb unwirksam, weil die Beklagten die Miete jeweils pünktlich spätestens am dritten Werktag des Monats gezahlt haben. Hierfür genügte es gem. § 556b Abs. 1 BGB, dass sie die Leistungshandlung (Überweisungsauftrag) jeweils bis zu diesem Zeitpunkt vorgenommen haben; auf einen späteren Eingang der Miete auf dem Konto der Klägerin kommt es nicht an. Aus § 4 Nr. 3 des Mietvertrages, der für die Rechtzeitigkeit auf den Eingang der Miete beim Vermieter abstellt, ergibt sich nichts anderes. Diese Formularklausel ist gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung der Beklagten unwirksam, weil sie abweichend von § 556b Abs. 1 BGB dem Mieter das Risiko von Zahlungsverzögerungen im Überweisungsverkehr auferlegt, die durch Zahlungsdienstleister verursacht worden sind.
Nach § 556b Abs. 1 BGB, der durch das Mietrechtsreformgesetz von Juni 2001 zum 1.9.2001 eingefügt wurde, ist die Miete zu Beginn, spätestens bis zum dritten Werktag der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten, nach denen sie bemessen ist. Dem entspricht § 4 Nr. 1 des Mietvertrags, wonach die Miete spätestens am dritten Werktag des Monats an den Vermieter zu zahlen ist. Insoweit genügt es für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung, dass der Mieter seinem Zahlungsdienstleister den Zahlungsauftrag (§ 675f Abs. 3 S. 2, § 675n Abs. 1 BGB) für die Überweisung (Zahlungsdienst i.S.v. § 675c Abs. 3 BGB, § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZAG) bis zum dritten Werktag des Monats erteilt und das Konto des Mieters ausreichend gedeckt ist. Dem haben die Beklagten unstreitig Rechnung getragen.
Schon dem Gesetzeswortlaut des § 556b Abs. 1 BGB lässt sich nicht zwingend entnehmen, dass eine im Überweisungsverkehr gezahlte Miete bereits am dritten Werktag des Monats auf dem Konto des Vermieters eingegangen sein muss. Entscheidend ist letztlich die in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gekommene Zielsetzung des § 556b Abs. 1 BGB. Danach ist der Eingang der Miete auf dem Konto des Vermieters nicht maßgeblich für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung. Der Schuldner hat für die Gefahr, dass sich die Übermittlung des Geldes verzögert, nicht einzustehen und werden die eingeschalteten Zahlungsdienstleister nicht als seine Erfüllungsgehilfen i.S.v. § 278 BGB tätig. Anders als die Revision meint, ändern die EU-Richtlinie 2011/7/EU (Zahlungsverzugsrichtlinie) und die Rechtsprechung des EuGH daran nichts.
Eine unpünktliche Mietzahlung der Beklagten lässt sich auch nicht aus der in § 4 Nr. 3 des Mietvertrags enthaltenen Bestimmung herleiten, wonach es für die Rechtzeitigkeit der Zahlung nicht auf die Absendung, sondern auf den Eingang des Geldes ankommt. Denn diese Formularklausel ist gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung der Beklagten unwirksam. Die vorgenannte Klausel verlagert - jedenfalls bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung - das Risiko von Verzögerungen, die von Zahlungsdienstleistern zu verantworten sind, entgegen der gesetzlichen Regelung formularmäßig auf den Wohnraummieter.
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