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Mietzuschuss: Zum Fehlen konstitutiver Merkmale eines Gelddarlehens

BFH 12.7.2016, IX R 56/13

Ist die Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung vom Ein­tritt ei­ner Be­din­gung der­ge­stalt abhängig, dass nicht nur der Zeit­punkt der Rück­zah­lung un­ge­wiss ist, son­dern auch, ob die Ver­pflich­tung zur Rück­gewähr un­be­dingt ent­steht, und trägt hierfür der Dar­le­hens­ge­ber das wirt­schaft­li­che Ri­siko, führt die Hin­gabe des Gel­des beim Empfänger zu ei­ner Ein­nahme.

Der Sach­ver­halt:
Die kla­gende vermögens­ver­wal­tende KG be­treibt und ver­wer­tet ge­werb­li­che Im­mo­bi­lien. Im Au­gust 1992 er­warb sie ein Grundstück zu dem Zweck, hier­auf ein Bürohaus zu er­rich­ten. Im Sep­tem­ber 1992 schloss die Kläge­rin mit der B-GmbH einen Ge­ne­ralüber­neh­mer­ver­trag, mit dem die­ser die schlüssel­fer­tige Er­stel­lung des Gebäudes über­tra­gen wurde. Die B-GmbH er­hielt zu­dem den Auf­trag zur Erst­ver­mie­tung des Gebäudes und über­nahm eine Zins­ga­ran­tie. Im No­vem­ber 1994 teilte die B-GmbH der Kläge­rin (aus­zugs­weise) mit:

"Das Bürohaus, wird im De­zem­ber die­ses Jah­res be­zugs­fer­tig. Nach jet­zi­ger Ein­schätzung der Ver­mie­tungs­si­tua­tion in D ge­hen wir als mit der Erst­ver­mie­tung be­auf­tragte Ge­sell­schaft da­von aus, dass erst im Laufe des kom­men­den Jah­res eine Voll­ver­mie­tung des Fonds­ob­jek­tes er­reicht wer­den kann. Die B-GmbH stellt ohne An­er­ken­nung ei­ner Rechts­pflicht für das Jahr 1995 eine Aus­schüttung i.H.v. 2,5 Pro­zent - dies sind 50 Pro­zent der pro­spek­tier­ten Aus­schüttung - durch Gewährung ei­nes Miet­zu­schus­ses si­cher."

Im No­vem­ber 1995 über­wies die B-GmbH der Kläge­rin einen Be­trag i.H.v. rd. 4,6 Mio. DM. Ein Rest­be­trag wurde im Jahr 1996 durch Ver­rech­nung mit For­de­run­gen der B-GmbH ge­zahlt. Im Juni 1996 schloss die Kläge­rin mit der B-GmbH eine Ver­ein­ba­rung über die vor­zei­tige Til­gung des Dar­le­hens. Mit der Rück­zah­lung ei­nes Be­trags von rd. 2,7 Mio. DM sollte da­nach das gewährte zins­lose Dar­le­hen i.H.v. ins­ge­samt rd. 5,1 Mio. DM als in vol­lem Um­fang ge­tilgt gel­ten. Im Au­gust 1996 zahlte die Kläge­rin den ver­ein­bar­ten Be­trag an die B-GmbH. Die Kläge­rin be­han­delte die 1995 von der B-GmbH er­hal­tene Zu­wen­dung als ein­kom­mens­neu­tra­len Dar­le­hens­zu­fluss. Das Fi­nanz­amt wer­tete die Zu­wen­dung hin­ge­gen als steu­er­pflich­tige Ga­ran­tie­leis­tung für im Streit­jahr ent­gan­gene Miet­ein­nah­men.

Das FG wies die Klage ab. Die Re­vi­sion der Kläge­rin hatte vor dem BFH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Das FG hat die von der B-GmbH ge­leis­tete Zu­wen­dung über rd. 4,6 Mio. DM im Er­geb­nis zu Recht als Ein­nahme der Kläge­rin im Rah­men ih­rer Ver­mie­tungstätig­keit er­fasst.

Ein­nah­men aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung i.S.v. § 8 Abs. 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG sind alle Güter in Geld oder Gel­des­wert, die dem Steu­er­pflich­ti­gen im Rah­men sei­ner Ver­mie­tungstätig­keit als Ge­gen­leis­tung für die zeit­li­che Über­las­sung des Ge­brauchs oder der Nut­zung von un­be­weg­li­chem Vermögen zu­fließen. Für die Be­ur­tei­lung, ob die Zu­wen­dung des Drit­ten als Ein­nahme aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung zu wer­ten ist, ist maßge­bend auf den wirt­schaft­li­chen Ge­halt der zu­grunde lie­gen­den Ver­ein­ba­rung/en ab­zu­stel­len, wie er sich nach dem Ge­samt­bild der ge­stal­te­ten Verhält­nisse des Ein­zel­falls un­ter Berück­sich­ti­gung des wirk­li­chen Wil­lens der Ver­trags­par­teien er­gibt.

Je­den­falls in Fällen, in de­nen es an den ty­pi­schen Merk­ma­len ei­nes Dar­le­hens fehlt, ist die Zu­wen­dung bei Vor­lie­gen der zu­vor ge­nann­ten Vor­aus­set­zun­gen im Zeit­punkt ih­res Zu­flus­ses (§ 11 Abs. 1 S. 1 EStG) als steu­er­pflich­tige Ein­nahme aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung zu er­fas­sen. Kon­sti­tu­ti­ves Merk­mal ei­nes Geld­dar­le­hens ist die Über­las­sung der Va­luta auf Zeit. Hieran fehlt es, wenn die Pflicht zur Rück­gewähr der Zu­wen­dung vom Ein­tritt ei­ner Be­din­gung der­ge­stalt abhängig ist, dass nicht nur der Zeit­punkt der Rück­zah­lung un­ge­wiss ist, son­dern auch, ob die Ver­pflich­tung zur Rück­gewähr un­be­dingt ent­steht. Dies gilt umso mehr, wenn der Zu­wen­dungs­ge­ber ne­ben dem Bo­nitätsri­siko, dem We­sen ei­nes Dar­le­hens­ver­trags wi­der­spre­chend, auch das wirt­schaft­li­che Ri­siko für das Ent­ste­hen der Rück­gewähr­schuld über­nimmt, weil der Ein­tritt der Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung von Umständen abhängt, die der Zu­wen­dungs­empfänger maßgeb­lich be­ein­flus­sen kann.

Denn in einem sol­chen Fall ist die Leis­tungsfähig­keit des Steu­er­pflich­ti­gen tatsäch­lich erhöht, weil der er­hal­te­nen Zu­wen­dung keine wirt­schaft­lich gleich­wer­tige Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung ge­genüber­steht. Eine wirt­schaft­li­che Sal­die­rung mit ei­ner sol­chen, le­dig­lich la­ten­ten, Rück­zah­lungs­ver­pflich­tung ist nicht möglich. Erhält der Steu­er­pflich­tige diese Zu­wen­dung an­stelle ent­gan­ge­ner oder ent­ge­hen­der Miet­ein­nah­men, ist sie durch die Ver­mie­tungstätig­keit ver­an­lasst. Nach die­sen Grundsätzen ist das FG im Er­geb­nis zu Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass die von der B-GmbH ge­leis­tete Zu­wen­dung i.H.v. rd. 4,6 Mio. DM als Ein­nahme der Kläge­rin im Rah­men ih­rer Ver­mie­tungstätig­keit zu er­fas­sen ist.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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