Der Sachverhalt:
Die Klägerin reichte in der Vergangenheit die von ihr geforderte Einsatzplanung für Arbeitgeber bei der Bundeszollverwaltung ein und versicherte dabei u.a. die zum Nachweis der Erfüllung der Vorgaben des Mindestlohngesetzes erforderlichen Unterlagen auf Anforderung der Behörden der Zollverwaltung für eine Prüfung in deutscher Sprache in Deutschland bereitzustellen, soweit diese Unterlagen zunächst nur im Ausland bereitgehalten werden. Aus der exemplarisch für den Zeitraum vom 1..1. bis 30.6.2015 vorgelegten Anmeldung geht hervor, dass sich die Fahrer der Klägerin durchschnittlich acht Tage monatlich auf dem Gebiet der Bundesrepublik aufhalten.
Die Klägerin sieht ein berechtigtes rechtliches Interesse an der Feststellung, nicht zu den nach § 17 Abs. 2 MiLoG gebotenen Handlungen verpflichtet zu sein. Das FG wies ihren Antrag, festzustellen, dass diese Dokumentationspflicht nicht besteht, ab. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen.
Die Gründe:
Die Klägerin unterliegt den aus § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 MiLoG, § 2 Abs. 3 Satz 3 MiLoMeldV folgenden Dokumentations- und Bereithaltungspflichten, denn das Mindestlohngesetz findet auf sie Anwendung, obwohl sie in Polen ansässig und auf die mit ihren Fahrern geschlossenen Arbeitsverträge grundsätzlich polnisches Recht anwendbar ist (Art. 8 Rom-I-VO).
§ 20 MiLoG ordnet an, dass Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland verpflichtet sind, ihren im Inland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens i.H.d. sich aus § 1 Abs. 2 MiLoG ergebenden gesetzlichen Mindestlohns zu zahlen. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin als Unternehmen des Speditions- und Transportgewerbes zudem die Pflicht, die für die Kontrolle der Einhaltung des Mindestlohns erforderlichen Unterlagen zu erstellen, aufzubewahren und auf Anforderung den Zollbehörden vorzulegen, §§ 15, 17 Abs. 1 und 2 MiLoG i. V. m. § 2a Abs. 1 Nr. 4 SchwarzArbG.
Die Ansicht, bereits der Wortlaut des § 20 MiLoG schließe die Anwendung des Mindestlohngesetzes in einem solchen Fall aus, denn eine Beschäftigung im Inland erfordere nach allgemeinem Verständnis das Bestehen eines Arbeitsvertrages nach deutschem Recht, was voraussetze, dass der Arbeitgeber mit Sitz im Ausland eine Niederlassung in Deutschland unterhalte, überzeugt nicht. Ebenso wenig überzeugt die Auffassung, der im Mindestlohngesetz verwendete Begriff der Beschäftigung sei nach den in § 7 Abs. 1 SGB IV enthaltenen sozialversicherungsrechtlichen Kriterien zu bestimmen.
Das Mindestlohngesetz findet nach kollisionsrechtlichen Maßstäben grundsätzlich auch auf die von der Klägerin eingegangenen Arbeitsverhältnisse Anwendung, wenn eine Beschäftigung in Deutschland vorliegt (FG Baden-Württemberg, Urt. v. 17.7.2018, 11 K 544/16 und 11 K 2644/16), denn insoweit besteht eine hinreichende Verbindung zum Recht verschiedener Staaten (Art. 1 Abs. 1 Rom-I-VO). Dafür bedarf es keiner besonderen Umstände. Vielmehr genügt es, dass aufgrund des zu beurteilenden Sachverhalts überhaupt in Frage steht, welche Rechtsordnung anzuwenden ist. Und so liegt es hier, wenn die Arbeitsleistung der in Polen angestellten Fernfahrer (teilweise) in Deutschland erbracht werden soll.
Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns auch im Speditions- und Transportsektor und die damit verbundene Dokumentationspflicht stehen im Einklang mit Europarecht. Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns verstößt nicht gegen die auch im Verkehrssektor geltende Dienstleistungsfreiheit (Art. 56, 58 Abs. 1 i.V.m. Art. 91 AEUV). Zwar beeinträchtigt die zwingende Verpflichtung der grenzüberschreitende Dienstleistungen im Verkehrssektor erbringenden Klägerin, ihren in Deutschland Beschäftigten den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen, die Dienstleistungsfreiheit ebenso wie damit verbundene Dokumentations- und Bereithaltungspflichten, doch ist diese Beeinträchtigung gerechtfertigt.
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