Der Sachverhalt:
Die Beteiligte zu 1) (Edeka) beabsichtigt, sämtliche Geschäftsanteile an den Beteiligten zu 4) bis zu 7) zu erwerben (insgesamt: Kaiser´s Tengelmann - KT). Jene vier Zielgesellschaften sind im Lebensmitteleinzelhandel tätig; sie betreiben die KT-Filialnetze im Großraum Berlin, in München/Oberbayern sowie in Nordrhein-Westfalen mit insgesamt rund 450 Filialen nebst Logistik- und Verwaltungsstandorten. Das Bundeskartellamt untersagte das Zusammenschlussvorhaben im März 2015 gem. § 36 Abs. 1 GWB, weil die beabsichtigte Fusion eine erhebliche Wettbewerbsbeschränkung sowohl auf der Absatzseite als auch auf mehreren Beschaffungsmärkten für Produkte des Lebensmitteleinzelhandels erwarten lasse. Das dagegen gerichtete Beschwerdeverfahren wird beim Senat unter dem Az. VI - Kart 5/16 (V) geführt.
Die sich ebenfalls um eine Übernahme der KT-Filialen bemühenden Mitbewerber, der Rewe-Konzern und die Markant AG (Antragssteller), legten gegen die erteilte Ministererlaubnis Beschwerde ein (Az. VI - Kart 5/16 (V)). Da bis zu einer Entscheidung über diese Beschwerde die Erlaubnis wirksam ist, die Übernahme also vollzogen werden könnte, beantragten sie darüber hinaus im gegenständlichen Eilverfahren, die Ministererlaubnis zunächst außer Kraft zu setzen.
Das OLG gab diesem Antrag statt. Die Übernahme darf bis zu einer abschließenden Entscheidung des Senats im Beschwerdeverfahren nicht vollzogen werden.
Die Gründe:
Die erteilte Ministererlaubnis ist unter mehreren Gesichtspunkten rechtswidrig.
Der Minister durfte über die Erteilung der Erlaubnis nicht entscheiden, da sein Verhalten im Erlaubnisverfahren die Besorgnis seiner Befangenheit und fehlenden Neutralität begründet. Der Minister hat in der entscheidenden Phase des Erlaubnisverfahrens mit Edeka und KT geheime Gespräche geführt, während bereits ein schriftliches Angebot von Rewe zur Übernahme von KT vorlag. Zudem gab es "Sechs-Augen-Gespräche" zwischen dem Minister, dem Vorstandsvorsitzenden von Edeka sowie einem Miteigentümer von KT zur Erteilung einer Ministererlaubnis, deren Inhalt nicht aktenkundig gemacht worden ist, und die ohne Kenntnis und unter Ausschluss der weiteren Beteiligten, insbesondere Rewe, geführt worden sind. Der Minister hat insoweit die für ein transparentes, objektives und faires Verfahren unverzichtbare gleichmäßige Einbeziehung und Information aller Verfahrensbeteiligten unterlassen.
Die Ministererlaubnis ist zudem rechtswidrig, weil der Minister bei seiner Entscheidung zu Unrecht den Erhalt der kollektiven Arbeitnehmerrechte (etwa Tarifverträge) bei KT als einen Gemeinwohlbelang berücksichtigt hat. Das in Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG schrankenlos gewährte Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen (Gewerkschaften) zu bilden, beinhaltet gleichrangig und unterschiedslos das Recht, einer solchen Vereinigung auch fern zu bleiben, sich also nicht gewerkschaftlich zu organisieren. Aufgrund dieser verfassungsrechtlichen Gleichrangigkeit können der Erhalt und die Sicherung bestehender kollektiver Arbeitnehmerrechte kein Gemeinwohlbelang sein, das die ministerielle Erlaubnis einer wettbewerbsschädlichen Unternehmensfusion rechtfertigen kann. Andernfalls würde der Bildung von Arbeitnehmervereinigungen ein höherer Rang eingeräumt als dem Verzicht auf diese. Diese Annahme widerspricht jedoch der Verfassung.
Die Ministererlaubnis kann voraussichtlich auch deshalb keinen Bestand haben, da der Minister den Gemeinwohlbelang der Arbeitsplatz- und Beschäftigungssicherung bei KT nicht unter Berücksichtigung aller relevanten Gesichtspunkte bewertet hat. Er geht davon aus, dass durch die Nebenbestimmungen der Erlaubnis die Sicherung der rd. 16.000 Arbeitsplätze bei KT gewährleistet ist. Der Ministererlaubnis ist jedoch nicht zu entnehmen, ob und in welchem Umfang die Möglichkeit eines fusionsbedingten Stellenabbaus bei Edeka in die Abwägungsentscheidung einbezogen wurde. Diese Möglichkeit musste aber bei den Abwägungsüberlegungen berücksichtigt werden. Denn den Angaben von Edeka bis zum Ende des Verhandlungstermins am 16.11.2015 ist deutlich zu entnehmen, dass der geplante Unternehmenszusammenschluss bei kaufmännisch vernünftigem Handeln mit einem erheblichen Personalabbau verbunden sein muss.
Im Übrigen sind die verfügten Nebenbestimmungen auch nicht geeignet, die 16.000 Arbeitsplätze bei KT in vollem Umfang zu sichern. Die Nebenbestimmungen enthalten Klauseln, die einen Arbeitsplatzabbau auch innerhalb des zu sichernden Fünf-Jahreszeitraums mit Zustimmung der Tarifparteien zulassen. Einzelne Nebenbestimmungen sind zudem nicht ausreichend bestimmt.