Ein Glanzstück des Museums ist die Dauerausstellung Regenwald. Diese gehört zu den aufwendigsten Ausstellungsprojekten am ZFMK. Der Ausstellungsbereich Unterholz wurde im April 2016 eröffnet. Zurzeit befindet sich der Bereich Kronendach im Aufbau. Zahlreiche Unterstützer haben dazu beigetragen, dass bereits ein Teil der ambitionierten Ausstellungspläne realisiert werden konnte. Nun fehlen noch die letzten 100.000 Euro, um das Projekt vollständig zu finanzieren. Kein leichtes Unterfangen, in Zeiten von Corona Spendengelder einzusammeln. Ebner Stolz in Bonn hat mit einer großzügigen Spende einen Beitrag dazu geleistet, dass das Projekt alsbald finalisiert werden kann. Torsten Janßen, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Partner von Ebner Stolz in Bonn spricht mit Prof. Bernhard Misof (Direktor des ZFMK) und Helmut Stahl (Präsident der Alexander Koenig Gesellschaft) über die aktuellen Herausforderungen eines Museums in Zeiten von Corona.
Wie fühlt sich ein Lockdown für Sie als Direktor eines Forschungsmuseums an?
Prof. Misof: Für uns alle ist das ein GAU – das Größte Aller Ungemache. Museen sind ja dazu da, besucht zu werden. Im Museum Koenig herrscht meist pralles Leben. Familien, Schulklassen, Menschen aus der nahen wie weiteren Umgebung bevölkern das Haus – und jetzt: Stille. Nicht nur das. Wir forschen mit Tieren, haben beispielsweise eine Süßwasser-Ausstellung mit lebendigen Fischen, die unter Corona-Bedingungen betreut werden müssen. Da haben wir alle richtig rotiert beim ersten Lockdown im März 2020. Danach die Wiedereröffnung unter neuen Hygienevorschriften. Auch nicht einfach. Wir mussten Besuchspläne entwickeln, um unsere Besucher möglichst in einem Einbahnsystem durch unsere Ausstellungen zu führen.
Wir haben waschbare Handschuhe eingeführt, um Kindern wie auch Erwachsenen die Möglichkeit der Interaktion zu bewahren. Diese Handschuhe wurden besonders bei Kindern sehr beliebt. Für uns war es auch wichtig, auf Aspekte der Nachhaltigkeit zu achten, indem wir waschbare und wiederverwendbare Handschuhe gewählt haben. Zusätzlich mussten wir noch unser Aufsichtspersonal aufstocken. Insgesamt hoffen wir so einigermaßen budget-ausgeglichen diese Zeit zu durchleben. Jetzt der erneute Lockdown. Wir sehnen uns nach wieder normaleren Zeiten.
Also erstmal Stillstand auf der ganzen Linie?
Herr Stahl: Ganz und gar nicht (lachend). Im Gegenteil. Das hat mehrere Gründe. Wie gesagt müssen wir ja die Krise managen. Aber in der stecken auch Chancen. So können wir weitgehend ungestört die Regenwald-Ausstellung vollenden. Dank der großzügigen Unterstützung der Bonner Partner von Ebner Stolz geht das nun zügig. Wir erarbeiten neue Konzepte für unsere Besucher. Wir wollen sie mehr und mehr zu Botschaftern der Achtsamkeit im Umgang mit unserer natürlichen Umwelt machen. Und mehr „Civil Scientists“ gewinnen, von ihnen lernen und mit ihnen arbeiten. Und natürlich mit unserer Museumspädagogik verstärkt die Herzen von Kindern und Jugendlichen erreichen. Auch dafür erproben wir neue, insbesondere digitale Formate. Diese Arbeit hat im Museum einen richtigen Innovationsschub ausgelöst. Ich glaube aber, dass wir post-COVID-19 über unsere physischen Angebote, unsere Ausstellungen, sehr viel nachdenken müssen. Wir sehen eine weltweite Entwicklung der Museen hin zu Orten der Begegnung, der Präsenz. Das digitale Museum wird es geben, aber ein Ort der Erfahrung, der Begegnung, des Dialogs wird noch wichtiger werden, als wir es bisher kannten.
Und wer bezahlt das Ganze, Museum, Forschung, den Aufwand für Ihre Expansion oder die Pandemie-bedingten Einnahmeausfälle und Zusatzkosten?
Prof. Misof: Üblicherweise haben wir an einem Wochenende etwa 2000-3000 Besucher. Dies schwankt natürlich. Erfreulicherweise kamen vor der neuerlichen Schließung im November wieder sehr viele Menschen in unser Museum. Es ist offensichtlich, dass der Hunger nach kulturellen Angeboten, nach Inspiration und Begeisterung nicht nachlässt.
„Als Leibniz-Forschungsmuseum sind wir durch eine Bund-Länderfinanzierung abgesichert, und damit in einer sehr privilegierten Situation. Besuchereinnahmen fallen im Moment allerdings leider weg. Wir haben diese neue Situation aber als Chance wahrgenommen, konzeptionell zu arbeiten, und uns als Haus weiterzuentwickeln. Wir haben einen gesellschaftlichen Auftrag, wir wollen gestalten und prägen, und dies ist gerade in dieser Zeit bzw. post COVID-19 eine enorme Herausforderung.
Konnten Sie staatliche Unterstützungen beanspruchen? Erfolgte die Auszahlung bereits? Welche Auswirkungen hat die Pandemie auf Ihre konkreten Ausstellungsprojekte?
Prof. Misof: Wir haben eine finanzielle Unterstützung durch das Land NRW erhalten, diese hat aber nicht unsere Ausgaben gedeckt. Die Herausforderungen bleiben hier nach wie vor erhalten.
Schadet der Lockdown auch Ihrer Forschung?
Welche Auswirkungen hat die Museumsschließung auf die Mitarbeiter? Wurden diese in Kurzarbeit geschickt oder werden sie zur Entwicklung anderer, evtl. digitaler Projekte eingesetzt?
Prof. Misof: Unsere Arbeit wird auch ohne Besucher weitergeführt. Wir arbeiten intensiv an den Ausstellungen weiter, viele Mitarbeiter können sehr gut Homeoffice nutzen. Unsere Arbeit hat sich verändert, aber sie ist nicht weniger, vielleicht sogar vielfältiger geworden. Wir sind ein Leibniz-Institut, gehören somit zu einer großen, bundesweiten Forschungsgemeinschaft. Zudem sind wir eng vernetzt mit der Universität, unserer exzellenten Alma Mater. Unser Forschungsfeld ist die Biodiversität der Tiere – ein Thema, dass wegen dramatischer Verluste an Artenvielfalt immer stärker in den Fokus von Wissenschaft und Politik rückt. Hier sind wir national wie international ein anerkannter „Hot Spot“ für Forschung und Entwicklung. Wir expandieren, gewinnen weitere Lehrstühle, erweitern unsere Möglichkeiten. Von aktuell herausragender Bedeutung für uns ist die Aufnahme des Centrums für Naturkunde Hamburg mit seinen bedeutenden und umfangreichen Sammlungen. Damit wandeln wir uns zum LIB – zum Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels. Also: Wir „wachsen und gedeihen“. Das ist gut so, macht allerdings eine Menge Arbeit, jedoch auch Spaß.
Nach meinen Beobachtungen haben Homeoffice und Video-Konferenzen die „Produktivität“ unserer Wissenschaftler sogar erhöht. Ich erwarte einen merklichen Zuwachs bei den Publikationen. Damit hatte ich nicht gerechnet. Wir nutzen also auch hier die Chancen der Krise. Wir alle merken, wieviel geht, was vorher „nicht ging“ in Forschung und Lehre, im Management oder bei Integration des Hamburger CeNak.
Und wer bezahlt das Ganze, Museum, Forschung, den Aufwand für Ihre Expansion oder die Pandemie-bedingten Einnahmeausfälle und Zusatzkosten?
Herr Stahl: Wir werden hälftig vom Bund und dem Land Nordrhein-Westfalen finanziert. Für den Museumsbetrieb kommt NRW allein auf. Für Modernisierung und Ergänzung der Ausstellung brauchen wir jedoch Spender und Sponsoren, die Mithilfe unserer Bürgerinnen und Bürger. Das ist lebenswichtig für uns. In der Forschung werben wir zusätzlich Drittmittel ein. Da sind wir recht erfolgreich und darauf auch ein wenig stolz.
Die Einnahmeausfälle im Museum und die Zusatzkosten aufgrund der Pandemie tun schon weh. Ich hoffe doch, dass es keine Streichungen geben wird. Unsere Gesellschaft benötigt Ankerpunkte zur Orientierung, die Museen können diese bieten. Gerade die Pandemie zeigt uns in welcher Form Klimawandel und Biodiversitätsverlust unsere Gesellschaft beeinflusst, wir können und müssen hier wirksam werden, um eine Entwicklung einer nachhaltigen, offenen und damit lebenswerten Gesellschaft zu unterstützen.
Wie geht´s weiter nach der Pandemie, haben Sie eine Fantasie „Naturkunde-Museum 2030“ für Ihr Haus?
Prof. Misof: Oh ja! Wir haben ein wunderbares Museum in einem wundervollen Gebäude. Wir tun alles, das nach dem Lockdown das „pralle Leben“ zurückkehrt. Auch perspektivisch werden wir attraktive Ausstellungen bieten, ergänzt um digitale, interaktive Formate und Erlebnisräume. Unser „Naturkunde-Museum 2030“ wird jedoch mehr sein: ein „Cluster“ von Engagements und Aktivitäten, von exzellenter Forschung und Civil Scientist´s, ein quirliger Lehr- und Lernort für Kinder wie Erwachsene, der „pädagogische Situationen“ zur Erfahrung nachhaltiger Lebensoptionen bietet. Wir wollen, dass unser „Juwel“ auf der Museumsmeile Bonn noch mehr Strahlkraft gewinnt.
Für uns ist die Spendenbereitschaft von Freunden und Förderer in diesem Kontext eine große Freude, zeigt sie uns doch, dass wir vieles schon richtig gemacht haben. Ihre Spende freut uns ganz besonders, da wir spüren, dass unsere Themen der Nachhaltigkeit und des Wandels der Artenvielfalt mit all seinen Auswirkungen auf den Menschen auch als Themen eines gesunden Lebens und Wirtschaftens verstanden werden. Allein jedoch können wir vieles nicht schaffen. Ohne die Alexander-Koenig-Gesellschaft, die für uns da ist, gelingt das ebenso wenig wie ohne „Profi´s mit Herz für Bildung und Nachhaltigkeit“ in Unternehmen und Praxen. Ohne engagierte Menschen, denen Artenvielfalt und natürliche Umwelt als Grundlage unseres Lebens wichtige Anliegen sind, werden die Ziele nicht erreichbar sein. Bonner Partner von Ebner Stolz setzen ein Signal, das uns bestärkt und Mut macht.
Noch ein weiterer Blick nach vorne - wie werden sich Ihrer Meinung nach die Museumslandschaft mit der Pandemie wandeln?
Prof. Misof: Wir werden vielfältiger, inklusiver und diverser in unseren Angeboten sein. Wir werden stärker wirken und jedem Besucher vermitteln, in welch positiver Form jeder persönliche Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt sich auf Lebensqualität auswirken kann. Die Museen werden so noch viel stärker geschätzte Säulen zur Information über globale Herausforderungen wie die Biodiversitätskrise oder zur nachhaltigen Entwicklung auch im Hinblick einer sich stark wandelnden Gesellschaft.