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Museen in Zeiten von Corona

Kei­ner hat es leicht in Zei­ten von Corona - auch Mu­seen nicht, die ihre Tore Mitte No­vem­ber 2020 schließen muss­ten und seit­dem auf po­si­tive Si­gnale hof­fen. Ei­nes der be­trof­fe­nen Mu­seen ist das Zoo­lo­gi­sche For­schungs­mu­seum Alex­an­der Ko­enig (kurz ZFMK) in Bonn.

Ein Glanzstück des Mu­se­ums ist die Dau­er­aus­stel­lung Re­gen­wald. Diese gehört zu den auf­wen­digs­ten Aus­stel­lungs­pro­jek­ten am ZFMK. Der Aus­stel­lungs­be­reich Un­ter­holz wurde im April 2016 eröff­net. Zur­zeit be­fin­det sich der Be­reich Kro­nen­dach im Auf­bau. Zahl­rei­che Un­terstützer ha­ben dazu bei­ge­tra­gen, dass be­reits ein Teil der am­bi­tio­nier­ten Aus­stel­lungspläne rea­li­siert wer­den konnte. Nun feh­len noch die letz­ten 100.000 Euro, um das Pro­jekt vollständig zu fi­nan­zie­ren. Kein leich­tes Un­ter­fan­gen, in Zei­ten von Corona Spen­den­gel­der ein­zu­sam­meln. Eb­ner Stolz in Bonn hat mit ei­ner großzügi­gen Spende einen Bei­trag dazu ge­leis­tet, dass das Pro­jekt als­bald fi­na­li­siert wer­den kann. Tors­ten Janßen, Wirt­schaftsprüfer, Steu­er­be­ra­ter und Part­ner von Eb­ner Stolz in Bonn spricht mit Prof. Bern­hard Misof (Di­rek­tor des ZFMK) und Hel­mut Stahl (Präsi­dent der Alex­an­der Ko­enig Ge­sell­schaft) über die ak­tu­el­len Her­aus­for­de­run­gen ei­nes Mu­se­ums in Zei­ten von Corona.

© Sandra Seifen Fotografie

Wie fühlt sich ein Lockdown für Sie als Direktor eines Forschungsmuseums an?

Prof. Misof: Für uns alle ist das ein GAU – das Größte Al­ler Un­ge­ma­che. Mu­seen sind ja dazu da, be­sucht zu wer­den. Im Mu­seum Ko­enig herrscht meist pral­les Le­ben. Fa­mi­lien, Schul­klas­sen, Men­schen aus der na­hen wie wei­te­ren Um­ge­bung bevölkern das Haus – und jetzt: Stille. Nicht nur das. Wir for­schen mit Tie­ren, ha­ben bei­spiels­weise eine Süßwas­ser-Aus­stel­lung mit le­ben­di­gen Fi­schen, die un­ter Corona-Be­din­gun­gen be­treut wer­den müssen. Da ha­ben wir alle rich­tig ro­tiert beim ers­ten Lock­down im März 2020. Da­nach die Wie­dereröff­nung un­ter neuen Hy­gie­ne­vor­schrif­ten. Auch nicht ein­fach. Wir muss­ten Be­suchspläne ent­wi­ckeln, um un­sere Be­su­cher möglichst in einem Ein­bahn­sys­tem durch un­sere Aus­stel­lun­gen zu führen.

Wir ha­ben wasch­bare Hand­schuhe ein­geführt, um Kin­dern wie auch Er­wach­se­nen die Möglich­keit der In­ter­ak­tion zu be­wah­ren. Diese Hand­schuhe wur­den be­son­ders bei Kin­dern sehr be­liebt. Für uns war es auch wich­tig, auf As­pekte der Nach­hal­tig­keit zu ach­ten, in­dem wir wasch­bare und wie­der­ver­wend­bare Hand­schuhe gewählt ha­ben. Zusätz­lich muss­ten wir noch un­ser Auf­sichts­per­so­nal auf­sto­cken. Ins­ge­samt hof­fen wir so ei­ni­germaßen bud­get-aus­ge­gli­chen diese Zeit zu durch­le­ben. Jetzt der er­neute Lock­down. Wir seh­nen uns nach wie­der nor­ma­le­ren Zei­ten.

Also erstmal Stillstand auf der ganzen Linie?

Herr Stahl: Ganz und gar nicht (la­chend). Im Ge­gen­teil. Das hat meh­rere Gründe. Wie ge­sagt müssen wir ja die Krise ma­na­gen. Aber in der ste­cken auch Chan­cen. So können wir weit­ge­hend un­gestört die Re­gen­wald-Aus­stel­lung voll­en­den. Dank der großzügi­gen Un­terstützung der Bon­ner Part­ner von Eb­ner Stolz geht das nun zügig. Wir er­ar­bei­ten neue Kon­zepte für un­sere Be­su­cher. Wir wol­len sie mehr und mehr zu Bot­schaf­tern der Acht­sam­keit im Um­gang mit un­se­rer natürli­chen Um­welt ma­chen. Und mehr „Ci­vil Sci­en­tists“ ge­win­nen, von ih­nen ler­nen und mit ih­nen ar­bei­ten. Und natürlich mit un­se­rer Mu­se­umspädago­gik verstärkt die Her­zen von Kin­dern und Ju­gend­li­chen er­rei­chen. Auch dafür er­pro­ben wir neue, ins­be­son­dere di­gi­tale For­mate. Diese Ar­beit hat im Mu­seum einen rich­ti­gen In­no­va­ti­ons­schub aus­gelöst. Ich glaube aber, dass wir post-CO­VID-19 über un­sere phy­si­schen An­ge­bote, un­sere Aus­stel­lun­gen, sehr viel nach­den­ken müssen. Wir se­hen eine welt­weite Ent­wick­lung der Mu­seen hin zu Or­ten der Be­geg­nung, der Präsenz. Das di­gi­tale Mu­seum wird es ge­ben, aber ein Ort der Er­fah­rung, der Be­geg­nung, des Dia­logs wird noch wich­ti­ger wer­den, als wir es bis­her kann­ten.

Und wer bezahlt das Ganze, Museum, Forschung, den Aufwand für Ihre Expansion oder die Pandemie-bedingten Einnahmeausfälle und Zusatzkosten?

Prof. Misof: Übli­cher­weise ha­ben wir an einem Wo­chen­ende etwa 2000-3000 Be­su­cher. Dies schwankt natürlich. Er­freu­li­cher­weise ka­men vor der neu­er­li­chen Schließung im No­vem­ber wie­der sehr viele Men­schen in un­ser Mu­seum. Es ist of­fen­sicht­lich, dass der Hun­ger nach kul­tu­rel­len An­ge­bo­ten, nach In­spi­ra­tion und Be­geis­te­rung nicht nachlässt.

„Als Leib­niz-For­schungs­mu­seum sind wir durch eine Bund-Länder­fi­nan­zie­rung ab­ge­si­chert, und da­mit in ei­ner sehr pri­vi­le­gier­ten Si­tua­tion. Be­su­cher­ein­nah­men fal­len im Mo­ment al­ler­dings lei­der weg. Wir ha­ben diese neue Si­tua­tion aber als Chance wahr­ge­nom­men, kon­zep­tio­nell zu ar­bei­ten, und uns als Haus wei­ter­zu­ent­wi­ckeln. Wir ha­ben einen ge­sell­schaft­li­chen Auf­trag, wir wol­len ge­stal­ten und prägen, und dies ist ge­rade in die­ser Zeit bzw. post CO­VID-19 eine enorme Her­aus­for­de­rung.

Konnten Sie staatliche Unterstützungen beanspruchen? Erfolgte die Auszahlung bereits? Welche Auswirkungen hat die Pandemie auf Ihre konkreten Ausstellungsprojekte?

Prof. Misof: Wir ha­ben eine fi­nan­zi­elle Un­terstützung durch das Land NRW er­hal­ten, diese hat aber nicht un­sere Aus­ga­ben ge­deckt. Die Her­aus­for­de­run­gen blei­ben hier nach wie vor er­hal­ten.

Schadet der Lockdown auch Ihrer Forschung?
Welche Auswirkungen hat die Museumsschließung auf die Mitarbeiter? Wurden diese in Kurzarbeit geschickt oder werden sie zur Entwicklung anderer, evtl. digitaler Projekte eingesetzt?

Prof. Misof: Un­sere Ar­beit wird auch ohne Be­su­cher wei­ter­geführt. Wir ar­bei­ten in­ten­siv an den Aus­stel­lun­gen wei­ter, viele Mit­ar­bei­ter können sehr gut Ho­me­of­fice nut­zen. Un­sere Ar­beit hat sich verändert, aber sie ist nicht we­ni­ger, viel­leicht so­gar vielfälti­ger ge­wor­den. Wir sind ein Leib­niz-In­sti­tut, gehören so­mit zu ei­ner großen, bun­des­wei­ten For­schungs­ge­mein­schaft. Zu­dem sind wir eng ver­netzt mit der Uni­ver­sität, un­se­rer ex­zel­len­ten Alma Ma­ter. Un­ser For­schungs­feld ist die Bio­di­ver­sität der Tiere – ein Thema, dass we­gen dra­ma­ti­scher Ver­luste an Ar­ten­viel­falt im­mer stärker in den Fo­kus von Wis­sen­schaft und Po­li­tik rückt. Hier sind wir na­tio­nal wie in­ter­na­tio­nal ein an­er­kann­ter „Hot Spot“ für For­schung und Ent­wick­lung. Wir ex­pan­die­ren, ge­win­nen wei­tere Lehrstühle, er­wei­tern un­sere Möglich­kei­ten. Von ak­tu­ell her­aus­ra­gen­der Be­deu­tung für uns ist die Auf­nahme des Cen­trums für Na­tur­kunde Ham­burg mit sei­nen be­deu­ten­den und um­fang­rei­chen Samm­lun­gen. Da­mit wan­deln wir uns zum LIB – zum Leib­niz-In­sti­tut zur Ana­lyse des Bio­di­ver­sitätswan­dels. Also: Wir „wach­sen und ge­dei­hen“. Das ist gut so, macht al­ler­dings eine Menge Ar­beit, je­doch auch Spaß.

Nach mei­nen Be­ob­ach­tun­gen ha­ben Ho­me­of­fice und Vi­deo-Kon­fe­ren­zen die „Pro­duk­ti­vität“ un­se­rer Wis­sen­schaft­ler so­gar erhöht. Ich er­warte einen merk­li­chen Zu­wachs bei den Pu­bli­ka­tio­nen. Da­mit hatte ich nicht ge­rech­net. Wir nut­zen also auch hier die Chan­cen der Krise. Wir alle mer­ken, wie­viel geht, was vor­her „nicht ging“ in For­schung und Lehre, im Ma­nage­ment oder bei In­te­gra­tion des Ham­bur­ger CeNak.

Und wer bezahlt das Ganze, Museum, Forschung, den Aufwand für Ihre Expansion oder die Pandemie-bedingten Einnahmeausfälle und Zusatzkosten?

Herr Stahl: Wir wer­den hälf­tig vom Bund und dem Land Nord­rhein-West­fa­len fi­nan­ziert. Für den Mu­se­ums­be­trieb kommt NRW al­lein auf. Für Mo­der­ni­sie­rung und Ergänzung der Aus­stel­lung brau­chen wir je­doch Spen­der und Spon­so­ren, die Mit­hilfe un­se­rer Bürge­rin­nen und Bürger. Das ist le­bens­wich­tig für uns. In der For­schung wer­ben wir zusätz­lich Dritt­mit­tel ein. Da sind wir recht er­folg­reich und dar­auf auch ein we­nig stolz.

Die Ein­nah­me­ausfälle im Mu­seum und die Zu­satz­kos­ten auf­grund der Pan­de­mie tun schon weh. Ich hoffe doch, dass es keine Strei­chun­gen ge­ben wird. Un­sere Ge­sell­schaft benötigt An­ker­punkte zur Ori­en­tie­rung, die Mu­seen können diese bie­ten. Ge­rade die Pan­de­mie zeigt uns in wel­cher Form Kli­ma­wan­del und Bio­di­ver­sitätsver­lust un­sere Ge­sell­schaft be­ein­flusst, wir können und müssen hier wirk­sam wer­den, um eine Ent­wick­lung ei­ner nach­hal­ti­gen, of­fe­nen und da­mit le­bens­wer­ten Ge­sell­schaft zu un­terstützen.

Wie geht´s weiter nach der Pandemie, haben Sie eine Fantasie „Naturkunde-Museum 2030“ für Ihr Haus?

Prof. Misof: Oh ja! Wir ha­ben ein wun­der­ba­res Mu­seum in einem wun­der­vol­len Gebäude. Wir tun al­les, das nach dem Lock­down das „pralle Le­ben“ zurück­kehrt. Auch per­spek­ti­vi­sch wer­den wir at­trak­tive Aus­stel­lun­gen bie­ten, ergänzt um di­gi­tale, in­ter­ak­tive For­mate und Er­leb­nisräume. Un­ser „Na­tur­kunde-Mu­seum 2030“ wird je­doch mehr sein: ein „Clus­ter“ von En­ga­ge­ments und Ak­ti­vitäten, von ex­zel­len­ter For­schung und Ci­vil Sci­en­tist´s, ein quir­li­ger Lehr- und Lern­ort für Kin­der wie Er­wach­sene, der „pädago­gi­sche Si­tua­tio­nen“ zur Er­fah­rung nach­hal­ti­ger Le­bens­op­tio­nen bie­tet. Wir wol­len, dass un­ser „Ju­wel“ auf der Mu­se­ums­meile Bonn noch mehr Strahl­kraft ge­winnt.

Für uns ist die Spen­den­be­reit­schaft von Freun­den und Förde­rer in die­sem Kon­text eine große Freude, zeigt sie uns doch, dass wir vie­les schon rich­tig ge­macht ha­ben. Ihre Spende freut uns ganz be­son­ders, da wir spüren, dass un­sere The­men der Nach­hal­tig­keit und des Wan­dels der Ar­ten­viel­falt mit all sei­nen Aus­wir­kun­gen auf den Men­schen auch als The­men ei­nes ge­sun­den Le­bens und Wirt­schaf­tens ver­stan­den wer­den. Al­lein je­doch können wir vie­les nicht schaf­fen. Ohne die Alex­an­der-Ko­enig-Ge­sell­schaft, die für uns da ist, ge­lingt das ebenso we­nig wie ohne „Profi´s mit Herz für Bil­dung und Nach­hal­tig­keit“ in Un­ter­neh­men und Pra­xen. Ohne en­ga­gierte Men­schen, de­nen Ar­ten­viel­falt und natürli­che Um­welt als Grund­lage un­se­res Le­bens wich­tige An­lie­gen sind, wer­den die Ziele nicht er­reich­bar sein. Bon­ner Part­ner von Eb­ner Stolz set­zen ein Si­gnal, das uns bestärkt und Mut macht.

Noch ein weiterer Blick nach vorne - wie werden sich Ihrer Meinung nach die Museumslandschaft mit der Pandemie wandeln?

Prof. Misof: Wir wer­den vielfälti­ger, in­klu­si­ver und di­ver­ser in un­se­ren An­ge­bo­ten sein. Wir wer­den stärker wir­ken und je­dem Be­su­cher ver­mit­teln, in welch po­si­ti­ver Form je­der persönli­che Bei­trag zum Er­halt der Ar­ten­viel­falt sich auf Le­bens­qua­lität aus­wir­ken kann. Die Mu­seen wer­den so noch viel stärker ge­schätzte Säulen zur In­for­ma­tion über glo­bale Her­aus­for­de­run­gen wie die Bio­di­ver­sitäts­krise oder zur nach­hal­ti­gen Ent­wick­lung auch im Hin­blick ei­ner sich stark wan­deln­den Ge­sell­schaft.

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