Mit der im Juli 2021 in Kraft tretenden Mehrwertsteuerreform soll nicht nur der internationale Handel über das Internet vereinfacht, sondern auch für in der EU ansässige Unternehmen faire Wettbewerbsbedingungen gesichert und der Mehrwertsteuer-Betrug bekämpft werden. Dies hat u.a. Auswirkungen auf die Zollabwicklung zur Folge.
Neue Regelungen ab 01.07.2021
- Die Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) für Waren in sog. Kleinsendungen mit einem Wert von bis 22 Euro entfällt. Die EUSt entsteht unabhängig vom Wert der Sendung.
- Die Abgabe einer elektronischen Zollanmeldung wird für alle kommerziellen Warensendungen verpflichtend.
- Sendungen bis zu einem Wert von 150 Euro können mit einem verringerten Datensatz angemeldet werden, u.a. werden für die Tarifierung nur die ersten 6 Stellen der Zolltarifnummer benötigt. Für verbrauchsteuerpflichtige oder Verboten und Beschränkungen unterliegende Waren ist hingegen der volle Datenkranz erforderlich.
- Unternehmen, aber auch Privatpersonen können ihre elektronische Zollanmeldung in Deutschland über die Anwendung ATLAS-IMPOST (Importabfertigung von Post- und Kuriersendungen) abgeben (https://www.ebnerstolz.de/de/einfuhr-geringwertige-lieferungen-drittland-359686.html). Die Anmeldung über ATLAS-IMPOST wird jedoch nicht bis zum 01.07.2021 verfügbar sein. Eine Inbetriebnahme wird nach jüngsten Informationen nicht vor Anfang 2022 erfolgen.
- Zollanmeldungen von kommerziellen Sendungen bis zu einem Wert von 150 Euro oder bis zu 45 Euro bei Geschenken dürfen grundsätzlich nur noch in dem Mitgliedstaat abgegeben werden, in dem die Beförderung endet. Das im Folgenden geschilderte Import One Stop Shop (IOSS) Verfahren bildet die Ausnahme zu dieser Regel.
- Als Alternativen zum Standardverfahren zur Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer werden für Sendungen mit einem Sachwert bis 150 EUR das IOSS-Verfahren und die Sonderregelung zur monatlichen Erklärung (Special Arrangement) eingeführt.
Neue Verfahren zur Entrichtung der EUSt
Sowohl das IOSS-Verfahren wie auch das sog. Special Arrangement (§ 21a UStG) können auf freiwilliger Basis bei Fernverkäufen aus dem Drittland mit einem maximalen Sachwert von 150 Euro genutzt werden, wenn die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind. Ausgenommen davon sind in jedem Fall verbrauchsteuerpflichtige Waren.
- IOSS-Verfahren: Während beim Standardverfahren EUSt-Schuldner ist, wer die Ware anmeldet, wird unter Nutzung des IOSS-Verfahrens die Ware EUSt-frei zum zollrechtlich freien Verkehr überlassen.
- Fernverkäufer aus dem Drittland können unter Anwendung des IOSS-Verfahrens die EUSt dem Erwerber in der EU berechnen und auf monatlicher Basis bei den Steuerbehörden erklären und entrichten.
- Im IOSS-Verfahren kann die Zollanmeldung in jedem Mitgliedstaat der EU abgegeben werden.
- Zum Nachweis der Teilnahmeberechtigung muss bei der zuständigen Steuerbehörde (in Deutschland das Bundeszentralamt für Steuern) eine individuell zugeordnete IOSS-Mehrwertsteuer Identifikationsnummer (IOSS-MwSt.-ID-Nr.) beantragt und in der Zollanmeldung angegeben werden.
- Ausgeschlossen von der Teilnahme am IOSS-Verfahren sind Business-to-Business Lieferungen und Geschenksendungen unter Privatpersonen.
- Sog. Special Arrangement (§ 21a UStG): Beim sog. Special Arrangement entrichtet der Erwerber die EUSt bei Auslieferung der Ware an den Zollanmelder bzw. die Person, die die Waren gestellt hat.
- Dieses nationale Alternativverfahren richtet sich besonders an Post- und Kurierdienste und kann genutzt werden, wenn weder das IOSS-Verfahren noch die Standardzollanmeldung zur Anwendung kommen.
- U. a. muss die Beförderung/Versendung im Inland enden und müssen die Voraussetzungen für den laufen Zahlungsaufschub erfüllt sein.
- Derjenige, der für die Benachrichtigung der Zollbehörden über das Vorhandensein der Waren zur Zollabfertigung verantwortlich ist (gestellende Person) meldet die Ware für Rechnung des Sendungsempfängers zum zollrechtlich freien Verkehr an.
- Die innerhalb eines Monats vereinnahmte EUSt wird von der gestellenden Person bis zur Fälligkeit des Zahlungsaufschubs gesammelt an die Zollverwaltung entrichtet.
- Überdies treffen die gestellende Person verschiedene Meldepflichten und haftet sie für nicht erhobene bzw. abhandengekommene Sendungen.
Die Umsetzung der neuen Regelungen steht kurz bevor, obwohl einzelne Anwendungen, wie beispielsweise die elektronische Zollanmeldung über ATLAS-IMPOST noch nicht einsetzbar sind. Betroffene Unternehmen sollten dennoch bereits jetzt evaluieren, welche Regelungen zukünftig eingehalten werden müssen und welche Verfahren grundsätzlich umsetzbar sind.