Corporate Governance und ihre Funktion im Bereich Nachhaltigkeit
Die Corporate Governance ist die Steuerungsstruktur von Unternehmen, die sicherstellt, dass wirtschaftliche und gesellschaftliche Transaktionen im Einklang mit den geltenden gesetzlichen und ethischen Anforderungen vorgenommen werden.
Neben den beiden anderen Bestandteilen der ESG (Environment und Social) bildet die Governance eine wichtige Dimension im Bereich der Nachhaltigkeit, da sie dem langfristigen Erhalt der Kooperations- und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen unter den zunehmend komplexer werdenden Bedingungen der Globalisierung dient. Darüber hinaus zielt die Governance neben der reinen Einhaltung von Regeln auf einen gesellschaftlichen und sozialen Mehrwert der wirtschaftlichen Aktivitäten von Unternehmen ab.
Insbesondere kommt der Corporate Governance deshalb die Funktion zu, die Interessen der Stakeholder von Unternehmen, dazu zählen Anteilseigner, Mitarbeitende, Geschäftspartner, Lieferanten, Kunden oder auch die Gesellschaft als solche, insofern zu berücksichtigen, als deren Belange durch das Unternehmen tangiert sind. Als derartige Verstöße könnten etwa solche gegen Vorgaben aus dem Bereich des Umweltschutzes, der Arbeitssicherheit oder der Einhaltung von Menschenrechten, infrage kommen. Governance bildet folglich den Rahmen dafür, dass Nachhaltigkeitsaspekte in den ineinander übergreifenden Bereichen der Ökonomie, der Ökologie und des Sozialen erfolgreich umgesetzt werden.
Anforderungen an nachhaltige Governance
Ab dem Berichtsjahr 2024 beginnen für die Unternehmen - je nach Größe (siehe dazu novus Oktober 2022, S. 3) - stufenweise Nachhaltigkeitsberichterstattungspflichten.
Rechtsgrundlage hierfür bildet die EU-weit geltende Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die eine Änderungsrichtlinie für die Bilanzrichtlinie (BilanzRL) ist. Aus der CSRD gehen die Prüfungsstandards für Nachhaltigkeit, die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) hervor, die gemäß Artikel 29b der CSRD die Anforderungen an die Berichterstattungspflichten von Unternehmen zu den drei Bereichen der ESG enthalten. Die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung zum Bereich Governance begründet die EU in Erwägungsgrund 44 der CSRD. Die genauen Berichterstattungspflichten sollen in den ESRS G1 und G2 sowie dem Crosscutting Standard ESRS 2 festgeschrieben werden. Die Konsultation der ESRS endete im August 2022 und deren finale Fassung soll bis Ende November 2022 vorliegen. Zentrale Anforderungen an die Berichterstattung zur Governance lassen sich derzeit wie folgt zusammenfassen. Die Berichterstattungspflichten werden auf zwei Bereiche fokussiert:
- Rolle und Strukturierung der Leitungs-, Aufsichts- und Verwaltungsorgane (vgl. insbes. ESRS G1), die u.a. Informationen über
- die Beschaffenheit von internen Kontroll- und Risikomanagementsystemen (dazu zählen auch Informationen über das Compliance-System und das Vorhandensein von Hinweisgebersystemen),
- die Zusammensetzung der jeweiligen Leitungs- und Aufsichtsgremien,
- die Vergütung der Leitungs- und Aufsichtsorgane
beinhaltet.
- Unternehmensethik und -kultur (ESRS G2), die u.a.
- die Bekämpfung von Korruption und Bestechung,
- die Transparenz bezüglich politischer Interessenverflechtungen und Lobbyaktivitäten,
- Information über die Zahlungspraktiken von Unternehmen
betrifft.
Diese Informationen zur Governance werden in die Nachhaltigkeits-Erklärung integriert, die einen eigenständigen Abschnitt des (Konzern-)Lageberichts bildet.
Steigende Bedeutung des nicht-finanziellen IKS
Für die Erfassung und Kontrolle der nicht-finanziellen Informationen, die in die Nachhaltigkeits- Erklärung aufgenommen werden sollen, spielt das nichtfinanzielle Interne Kontrollsystem (IKS) eine zentrale Rolle. Aufgrund der Berichtspflicht bezüglich nicht-finanzieller Informationen im Jahresabschluss wird die Kontrolle nicht-finanzieller Aspekte in den Pflichtenkreis des Aufsichtsrats integriert, der mit dem Beginn der Berichtspflicht auch für die Einrichtung angemessener Kontrollsysteme zu nicht-finanziellen Informationen haftet.
Ausblick: Nachhaltige Governance und die Corporate Sustainability Due Diligence Directive
Um dem Risiko des Greenwashings entgegenzuwirken und außerdem die materiellen Anforderungen an eine nachhaltige Corporate Governance und an die Wertschöpfungskette von Unternehmen zu schärfen, hat die EU zusätzlich zur CSRD am 23.02.2022 einen Entwurf für die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) vorgelegt. Die CSDDD soll zukünftig über das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz hinausgehende Anforderungen an die Wertschöpfungskette und insb. auch an die nachhaltige Governance von Unternehmen stellen. Sie soll u. a. dem Zweck dienen, eine langfristige nachhaltige Entwicklung von Unternehmen, durch eine Einbettung von Nachhaltigkeitszielen in die Unternehmensstrategie, die Stärkung der Rolle der Stakeholder und der Rechte nachhaltiger Investoren, die Ausweitung nicht finanzieller Kriterien für die variablen Vergütungssysteme von Verwaltungsräten und die Einbeziehung der Nachhaltigkeitsexpertise bei der Besetzung von Verwaltungsräten, zu fördern.
Autoren: Alexander Glöckner und Dr. Verena Rauen