Neben der Überprüfung der Einhaltung interner Kriterien in den Bereichen Umwelt und Soziales würde auch die Einhaltung von Standards in den Bereichen Compliance und Anti-Korruption bewertet.
Das Recht zu solchen „supplier audits“ ist schon lange in den meisten Lieferverträgen des deutschen Mittelstands verankert und insofern keine neue Anforderung. Diese vertraglichen Verpflichtungen gewinnen jedoch zunehmend an Bedeutung. Dies liegt daran, dass börsennotierte Unternehmen im Rahmen ihrer Geschäftsberichtserstattung auch eine sog. nichtfinanzielle (Konzern-)Erklärung darüber abzugeben haben, wie sie mit Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen umgehen und wie sie Korruption und Bestechung bekämpfen.
Wenn sich ein Automobilkonzern beispielsweise strategisch neu auf Elektromobilität ausrichtet, geht das einher mit der Frage, wie der Bedarf an Rohstoffen wie Lithium oder auch Kobalt gedeckt wird. Letzterer wird insbesondere in politisch instabilen Regionen wie etwa der Demokratischen Republik Kongo und unter konfliktträchtigen Bedingungen gewonnen. Da im Rahmen der nichtfinanziellen Berichterstattung auch über Risiken zu berichten ist, die sich aus der eigenen Lieferkette und der Lieferkette von Subunternehmern ergeben, bleibt den kapitalmarktorientierten Unternehmen also gar nichts anderes übrig, als den Umgang seiner Zulieferer mit diesen Rohstoffen verstärkt zu überwachen und auch zu überprüfen.
Doch auch mittelständische Unternehmen, die nicht (mittelbar) an ein börsennotiertes Unternehmen liefern, werden sich verstärkt mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen müssen. Denn jenseits der politischen Diskussion betrifft die Nachhaltigkeit zunehmend die Zukunftsfähigkeit bestimmter Geschäftsmodelle, deren Erfolg stark von der Dekarbonisierung betroffen oder vom Einsatz sogenannter Konfliktmineralien abhängig ist.
Letztere sind Gegenstand einer EU-Verordnung, die ab Januar 2021 die Finanzierung von Konflikten und Menschenrechtsverletzungen durch den Handel von Zinn, Wolfram, Tantal und Gold verhindern möchte. Hierzu werden alle EU-Importeure dieser Mineralien (bei Überschreitung bestimmter Schwellenwerte) zu Sorgfaltsprüfungen ihrer Lieferanten verpflichtet. Große Hersteller müssen außerdem offenlegen, wie sie sicherstellen wollen, dass die neuen Vorschriften schon an der Quelle – zumeist in Schwellen- und Entwicklungsländern – eingehalten werden.
Aber auch jenseits von Konfliktmineralien ist mit weitergehenden Auflagen zur Einhaltung der Menschenrechtsverantwortung von Unternehmen zu rechnen. So untersucht die Bundesregierung derzeit, wie es um die Achtung der Menschenrechte entlang der Liefer- und Wertschöpfungsketten deutscher Unternehmen insgesamt steht. Das Ziel: Bis 2020 soll mindestens die Hälfte aller deutschen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten wesentliche Elemente menschenrechtlicher Sorgfalt in ihre Unternehmensprozesse integriert haben. Wie im Koalitionsvertrag angekündigt, plant die Bundesregierung für den Fall, dass die Unternehmen die Zielvorgaben nicht einhalten, gesetzlich tätig zu werden und sich für eine EU-weite Regelung zur Sicherung der Menschenrechte einzusetzen.
Es empfiehlt sich also, das eigene Risikomanagement um die Identifikation von Risikoländern zu erweitern, in denen das Unternehmen Geschäftsbeziehungen unterhält und die potentiell mit umwelt-, korruptions- oder menschenrechtlichen Risiken verbunden sein könnten. Gleiches gilt für die Identifikation wesentlicher (Vor)Produkte und Dienstleistungen, die mit einem solchen wesentlichen Risiko verbunden sein könnten. Und auch das eigene Produkt- und Leistungsportfolio ist im Hinblick auf die vorgenannten Nachhaltigkeits-Aspekte zu analysieren. Denn Nachhaltigkeit ist keine neue Anforderung an den deutschen Mittelstand, aber ihre Beachtung wird zunehmend wichtiger für seinen weiteren Erfolg.