Der BFH hatte sich mit der Frage auseinander zu setzen, ob der Verlust aus einem in der Krise stehen gelassenen Gesellschafterdarlehen nach § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 2 EStG mit dem Nennwert oder Teilwert zu nachträglichen Anschaffungskosten des Gesellschafters an seiner Beteiligung führt. Mit Urteil vom 18.07.2023 (Az. IX R 21/21) entschied er, dass ein solches Gesellschafterdarlehen nur in Höhe des Teilwerts bei Eintritt der Krise zu nachträglichen Anschaffungskosten führt. Im Streitfall betrug dieser Wert 0 Euro.
Nach der bis 2006 geltenden Rechtsprechung des BFH konnten als nachträgliche Anschaffungskosten u. a. vor der Krise durch einen Gesellschafter gewährte und in der Krise stehen gelassene Darlehen mit ihrem im Zeitpunkt des Eintritts der Krise beizulegenden Wert berücksichtigt werden. Der bis dahin eingetretene Wertverlust entfiel auf die steuerlich unbeachtliche private Vermögenssphäre.
Mit dem MoMiG entfiel 2009 zunächst die gesetzliche Grundlage für diese bisherige Rechtsprechung. Für Veräußerungen nach dem 31.07.2019 wurde mit § 17 Abs. 2a EStG eine gesetzliche Grundlage für die im Rahmen der Einkünfteermittlung des § 17 EStG zu berücksichtigenden Anschaffungskosten geschaffen. Zu den nachträglichen Anschaffungskosten gehören demnach u. a. Darlehensverluste, soweit die Gewährung des Darlehens oder dessen Stehenlassen gesellschaftsrechtlich veranlasst war.
Dabei gelten - so der BFH - die vorgenannten, von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze fort. § 17 Abs. 2a EStG enthalte keine Regelung zur Bewertung der nachträglichen Anschaffungskosten. Vielmehr mache die Formulierung „soweit“ in § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 2 EStG deutlich, dass Darlehensverluste nur in dem Umfang der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung berücksichtigt werden. Zudem werde durch die Einfügung des § 17 Abs. 2a EStG deutlich, dass der Gesetzgeber an der bisherigen Rechtsprechung zur Berücksichtigung von in der Krise stehen gelassenen Gesellschafterdarlehen festhalten und deren Aufgabe infolge des MoMiG rückgängig machen wollte.
Für die Berücksichtigung eines Darlehensverlusts als nachträgliche Anschaffungskosten sei ein Veranlassungszusammenhang zwischen der Beteiligung und den Aufwendungen gemäß § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 2 und Abs. 2a Satz 4 EStG erforderlich. Zwar fehle es bei Kriseneintritt zunächst an einer gesellschaftsrechtlichen Veranlassung. Diese trete aber ein, wenn ein fremder Dritter das Darlehen dann zurückgefordert hätte. Daher liege auch nur in Höhe des Teilwerts des Darlehens zu diesem Zeitpunkt die für die steuermindernde Berücksichtigung erforderliche gesellschaftsrechtliche Veranlassung vor.
Hinweis: Zudem schied eine Berücksichtigung des Darlehensausfalls nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 2 EStG laut BFH im Streitfall aus, da der Darlehensverlust vor dem 31.12.2008 eingetreten war.