Der Sachverhalt:
Die Klägerin hatte nach dem Tod ihres Ehemannes das gemeinsam bewohnte Einfamilienhaus geerbt und war darin wohnen geblieben. Anderthalb Jahre nach dem Erbfall schenkte sie das Haus ihrer Tochter. Sie behielt sich allerdings einen lebenslangen Nießbrauch vor und zog nicht aus.
Das Finanzamt setzte daraufhin die Erbschaftsteuer herauf. Zur Begründung führte es aus, durch die schenkweise Übertragung des Einfamilienhauses auf die Tochter sei die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 5 ErbStG rückwirkend entfallen. Die Klägerin machte hingegen geltend, für den nachträglichen Wegfall der Steuerbefreiung komme es nur darauf an, ob die Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken aufgegeben worden, nicht aber, ob das Eigentum auf einen Dritten übergegangen sei.
Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.
Gründe:
Die Steuerbefreiung für den Erwerb des Miteigentumsanteils des Erblassers am Familienheim durch die Klägerin ist rückwirkend entfallen, da diese das Eigentum an dem Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb auf die Tochter übertragen hat.
Steuerfrei ist nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen der Erwerb des Eigentums oder Miteigentums an einem sog. Familienheim von Todes wegen durch den überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner. Familienheim ist ein bebautes Grundstück, auf dem der Erblasser bis zum Erbfall eine Wohnung oder ein Haus zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat. Beim Erwerber muss die Immobilie unverzüglich "zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken" bestimmt sein. Aufgrund eines sog. Nachversteuerungstatbestands entfällt die Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergangenheit, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer "Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken" gehindert.
Mit der Steuerbefreiung hat der Gesetzgeber den familiären Lebensraum schützen und die Bildung von Wohneigentum durch die Familie fördern wollen. Deshalb kann die Befreiung nur derjenige überlebende Ehegatte oder Lebenspartner in Anspruch nehmen, der Eigentümer der Immobilie wird und sie selbst zum Wohnen nutzt. Wird die Nutzung innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb aufgegeben, entfällt die Befreiung rückwirkend.
Gleiches gilt bei der Aufgabe des Eigentums. Andernfalls könnte eine Immobilie steuerfrei geerbt und kurze Zeit später weiterveräußert werden. Dies würde dem Förderungsziel zuwiderlaufen. Hätten in dem Nachversteuerungstatbestand Aussagen lediglich zur weiteren Nutzung des Familienheims innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb getroffen werden sollen, hätte die kürzere Formulierung "Selbstnutzung zu Wohnzwecken" oder "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" ausgereicht. Der in der Vorschrift verwendete Begriff "Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken" spricht somit dafür, dass sowohl die Nutzung als auch die Eigentümerstellung des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners während des Zehnjahreszeitraums bestehen bleiben müssen.
Die Erbschaftsteuerbefreiung für den Erwerb eines Familienheims durch den überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner entfällt rückwirkend, wenn der Erwerber das Eigentum an dem Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb auf einen Dritten überträgt. Das gilt auch dann, wenn er die Selbstnutzung zu Wohnzwecken aufgrund eines lebenslangen Nießbrauchs fortsetzt.