Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Insolvenzverwalter einer Schiffsfondsgesellschaft in der Rechtsform einer KG (im Folgenden: Schuldnerin), über deren Vermögen im Februar 2013 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Beklagte, die mit einer Einlage von 50.000 € als Kommanditistin an der Schuldnerin beteiligt ist, erhielt in den Jahren 2005 bis 2007 nicht durch Einlagen gedeckte Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 18.500 €. Im Rahmen eines Sanierungsprogramms zahlte die Beklagte 7.500 € an die Schuldnerin zurück. Der Kläger verlangt von der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der teilweisen Rückgewähr der geleisteten Kommanditeinlange die noch offene Differenz i.H.v. 11.000 €.
Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Die Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass die eingeklagten 11.000 € zur Gläubigerbefriedigung nicht erforderlich seien. Das Bestreiten der ordnungsgemäßen Abrechnung durch die Beklagte sei unbeachtlich. Soweit der Kläger Gerichtskosten und Rechtsanwaltsvergütungen aus der Masse bezahlt habe, sei dies unerheblich. Insoweit könne zu diskutieren sein, ob der Insolvenzmasse fiktiv Beträge hinzugerechnet werden müssten, da die Gesellschafter nicht für sämtliche Masseverbindlichkeiten und nicht für die Verfahrenskosten hafteten. Soweit dem Insolvenzverwalter vorgeworfen werde, er habe es versäumt, Sondermassen zu bilden, könne dies nur in einem Haftungsprozess gegen den Insolvenzverwalter nach Abschluss des Insolvenzverfahrens geklärt werden.
Der BGH hat nun der Revision stattgegeben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Gründe:
Das Berufungsgericht hat den Einwand der Beklagten, die Insolvenzmasse decke nur deswegen nicht die Gläubigerforderungen, hinsichtlich derer eine Haftung der Kommanditisten bestehe, weil der Kläger Verbindlichkeiten beglichen habe, für die eine Haftung der Kommanditisten nicht bestehe, zu Unrecht als unerheblich angesehen. Die Entscheidung erweist sich in diesem Punkt auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, in welcher Höhe der Kläger von den Gesellschaftern der Schuldnerin nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Hinblick auf deren Außenhaftung Zahlungen erhalten hat und in welcher Höhe Verbindlichkeiten von der Außenhaftung erfasst sind.
Rechtsfehlerhaft ist die Annahme des Berufungsgerichts, für die Inanspruchnahme der Beklagten gemäß § 171 Abs. 2 HGB durch den Insolvenzverwalter sei es unerheblich, ob die Forderungen, für die die Kommanditisten haften, bereits durch Zahlungen anderer Gesellschafter der Höhe nach gedeckt sind. Dem Kommanditisten steht ggü. dem Insolvenzverwalter der Einwand zu, dass das von ihm Geforderte zur Tilgung der Gesellschaftsschulden, für die er haftet, nicht erforderlich ist. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür hat der in Anspruch genommene Gesellschafter; jedoch hat der Insolvenzverwalter die für die Befriedigung der Gläubiger bedeutsamen Verhältnisse der Gesellschaft darzulegen, sofern nur er dazu im Stande ist.
Ob der Insolvenzverwalter in diesem Zusammenhang zu offenbaren hat, in welchem Umfang andere Gesellschafter Zahlungen zur Deckung der Gesellschaftsverbindlichkeiten geleistet haben, ist umstritten. Teilweise wird mit dem Berufungsgericht vertreten, es komme für die Frage der Erforderlichkeit der Inanspruchnahme nur auf die zum Stand der letzten mündlichen Verhandlung verfügbare Insolvenzmasse an. Decke diese nicht sämtliche Insolvenzforderungen, sei die Inanspruchnahme des Kommanditisten erforderlich. Eine mögliche Pflicht zur Bildung einer Sondermasse diene dem Schutz der von ihr begünstigten Gläubiger und berühre nicht den auf die Haftungsbegrenzung gerichteten Schutz der Kommanditisten. Dieser sei nur beeinträchtigt, wenn sie ohne anderweitige Verwendung von Mitteln nicht mehr hätten herangezogen werden müssen. Angesichts des Verfahrenszwecks gebühre den Gläubigerinteressen der Vorrang. Dies sei nicht unbillig, weil der Insolvenzverwalter bei Pflichtverstößen gem. § 60 InsO Schadensersatz leisten müsse (z.B. OLG München v. 9.5.2019 - 14 U 1064/18).
Demgegenüber wird für die Frage, ob die Inanspruchnahme des Kommanditisten für die Gläubigerbefriedigung benötigt wird, teilweise darauf abgestellt, ob von den Kommanditisten der zur Begleichung der Gläubigerforderungen erforderliche Betrag zur Verfügung gestellt wurde. Seien diese Mittel zur Deckung von Verbindlichkeiten eingesetzt worden, für die die Gesellschafter nicht hafteten, könne sich der Insolvenzverwalter nicht darauf berufen, die Gläubigerforderungen könnten aus der zur Verfügung stehenden Masse nicht gedeckt werden. Der Insolvenzverwalter müsse daher die bis zur letzten mündlichen Verhandlung eingegangenen Rückzahlungen der Kommanditisten darlegen (z.B. OLG Stuttgart v. 31.7.2019 - 20 U 30/18).
Die Höhe der bis zur letzten mündlichen Verhandlung eingegangenen Rückzahlungen der Kommanditisten ist ein für die Gläubigerbefriedigung bedeutsamer Umstand, dessen Darlegung typischerweise nur dem Insolvenzverwalter möglich ist. Der Kommanditist kann gegen seine Inanspruchnahme entsprechend § 422 Abs. 1 Satz 1, § 362 Abs. 1 BGB einwenden, dass durch Zahlungen anderer Kommanditisten der zur Deckung der von der Haftung erfassten Gesellschaftsschulden nötige Betrag bereits aufgebracht wurde. Die Erforderlichkeit der Inanspruchnahme des Kommanditisten ist nicht allein davon abhängig, ob diese Gesellschaftsschulden aus der aktuell zur Verfügung stehenden Insolvenzmasse gedeckt werden können.
Den Gesellschaftsgläubigern wird durch § 171 Abs. 2 HGB die Möglichkeit genommen, selbst gegen den Kommanditisten vorzugehen, damit der Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung im Insolvenzverfahren der Kommanditgesellschaft auch im Hinblick auf die Haftung der Kommanditisten verwirklicht werden kann. Der Insolvenzverwalter wird bei der Geltendmachung der Haftung nach § 171 Abs. 2 HGB mit treuhänderischer Einziehungsbefugnis als gesetzlicher Prozessstandschafter der einzelnen Gläubiger tätig, so dass der in Anspruch genommene Gesellschafter durch Zahlungen an den Insolvenzverwalter konkrete Gläubigerforderungen zum Erlöschen bringt.
Der Übergang der Einziehungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter berührt nicht den materiellen Gehalt der Ansprüche, die der Insolvenzverwalter lediglich für Rechnung der Gläubiger im eigenen Namen wahrnimmt. Eine Rechtsänderung tritt aber durch die Insolvenz der Gesellschaft insofern ein, als vor der Insolvenzeröffnung jeder Gläubiger den Kommanditisten bis zur Höhe der Haftsumme unbegrenzt in Anspruch nehmen kann, nach der Insolvenzeröffnung hingegen die vom Insolvenzverwalter einzuziehende Hafteinlage nur noch zur gleichmäßigen (anteiligen) Befriedigung der berechtigten Gläubiger verwendet werden darf.
Hieraus folgt zugleich, dass die Berechtigung der Gläubiger, an der Verteilung teilzunehmen und sich auf diese Weise (teilweise) Befriedigung auf ihre Forderungen zu verschaffen, und die Einziehungsbefugnis sich nicht in jedem Fall entsprechen müssen. Der Kommanditist kann durch eine mit der Zahlung an den Insolvenzverwalter verbundene Tilgungsbestimmung die auf eine gleichmäßige Befriedigung der berechtigten Gläubiger ausgerichtete Bestimmung seiner Leistung nicht unterlaufen und ist, damit das von ihm Geschuldete zur gleichmäßigen Befriedigung zur Verfügung steht, auch nicht zur Aufrechnung mit einer gegen einen Gesellschaftsgläubiger gerichteten Forderung berechtigt.
Ebenso, wie den Gesellschaftern innerhalb und außerhalb des Insolvenzverfahrens die Wirkungen eines Vergleichs zu Gute kommen, können diese sich entsprechend § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB darauf berufen, das zur Befriedigung der Gläubiger ihrerseits Erforderliche getan zu haben. Die Gesellschafter haften für die Gläubigerforderungen untereinander als Gesamtschuldner, die Kommanditisten nach § 171 Abs. 1 Halbsatz 1, § 161 Abs. 2, § 128 Satz 1 HGB jeweils beschränkt auf die (wiederaufgelebte) Haftsumme.
Das Berufungsurteil war danach aufzuheben. Die Sache ist, da sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Erforderlichkeit der Inanspruchnahme der Beklagten zum einen davon abhängig ist, in welchem Umfang die Forderungen, für die die Beklagte haftet, bereits durch Zahlungen anderer Gesellschafter auf ihre Haftungsschuld gedeckt sind und zum anderen, ob die zur Verfügung stehende Insolvenzmasse voraussichtlich genügt, einen danach verbleibenden Restbetrag zu decken. Das Berufungsgericht wird in diesem Zusammenhang in Abhängigkeit der Höhe der von den Gesellschaftern bereits aufgebrachten Summe feststellen müssen, in welcher Höhe Forderungen, für die die Gesellschafter haften, (noch) bestehen.
Soweit sich die Beklagte nicht darauf berufen kann, dass die Forderungen, für die die Gesellschafter haften, durch Zahlungen anderer Kommanditisten bereits gedeckt sind, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob die Inanspruchnahme der Beklagten unter Berücksichtigung der sonst zur Verfügung stehenden Insolvenzmasse erforderlich ist. Diese Prüfung ist von einer Prognose abhängig, die naturgemäß mit Unsicherheiten belastet ist. Der Kläger ist angesichts dessen berechtigt, den nach den Verhältnissen der Insolvenzmasse für die Gläubigerbefriedigung erforderlichen Betrag unter Berücksichtigung solcher Unsicherheiten zu schätzen.
Der Kommanditist kann gegen seine Inanspruchnahme entsprechend § 422 Abs. 1 Satz 1, § 362 Abs. 1 BGB einwenden, dass durch Zahlungen anderer Kommanditisten der zur Deckung der von der Haftung erfassten Gesellschaftsschulden nötige Betrag bereits aufgebracht wurde. Die Erforderlichkeit der Inanspruchnahme des Kommanditisten ist nicht allein davon abhängig, ob diese Gesellschaftsschulden aus der aktuell zur Verfügung stehenden Insolvenzmasse gedeckt werden können.