Der Sachverhalt:
Mit notariellem Vertrag vom 1.3.2016 übertrug die bisherige Eigentümerin ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück in B im Wege der Schenkung an die Kläger zu Anteilen von 6/10 (Klägerin zu 2) und zweimal 2/10 (Kläger zu 1) und 3)). Der Grundbesitz war belastet mit einem in Abt. II des Grundbuchs eingetragenen lebenslangen Wohnrecht für Dritte.
Das Finanzamt stellte für Zwecke der Schenkungsteuer den Grundbesitzwert auf rd. 460.000 € und die entsprechenden Anteile der Kläger fest. Für die Berechnung legte es die Bodenrichtwerte und die Vergleichsfaktoren des Gutachterausschusses zugrunde. Im Einspruchsverfahren erklärte sich das Finanzamt bereit, die anzusetzende Bruttogrundfläche zu reduzieren und einen Grundbesitzwert von rd. 440.000 € anzusetzen. Im Hinblick auf weitere Differenzen legten die Kläger ein Verkehrswertgutachten des C vor. Dieser ermittelte auf den 1.3.2016 einen Verkehrswert i.H.v. 330.000 € als gewogenes Mittel aus Sachwertverfahren und Ertragswertverfahren.
C ist seit 1987 als Architekt bei der Architektenkammer B registriert. Seit dem 24.6.2000 verfügt er zudem über ein unbefristetes Zertifikat als "Sachverständiger für Wertermittlung und Baukostenplanung", das den Klägern zufolge den Maßgaben des Gesetzes über die Akkreditierungsstelle (AkkStelleG) und der Verordnung über die Beleihung der Akkreditierungsstelle nach dem Akkreditierungsstellengesetz (AkkStelleGBV) für die Durchführung von Zertifizierungen nach DIN EN ISO/IEC 17024:2012 entsprechen soll.
Mit Einspruchsentscheidungen setzte das Finanzamt den Grundstückswert auf insgesamt rd. 370.000 € herab und wies die Einsprüche im Übrigen als unbegründet zurück. Es folgte der Methode und den Wertansätzen des Gutachtens mit Ausnahme des Bodenwerts. C hatte den Bodenwert mit Rücksicht auf die tatsächliche Geschossflächenzahl (GFZ) reduziert, während das Finanzamt die maximal mögliche Grundstücksausnutzung für zutreffend erachtete.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Die Revision der Kläger hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das FG hat zu Recht erkannt, dass bei der Wertfeststellung nach § 12 Abs. 3 ErbStG i.V.m. §§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 157 BewG der bewertungsrechtlich typisierte Wert anzusetzen ist. Das Gutachten des C kann nicht zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts dienen, da C nicht öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger ist.
Der Wert eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks ist in erster Linie gem. §§ 157 Abs. 3 Satz 1, 177, 180 Abs. 1 Satz 1, 181 Abs. 1 Nr. 1, 182 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BewG nach dem typisierten Vergleichswertverfahren zu ermitteln. Demgegenüber lässt § 198 BewG unter bestimmten Voraussetzungen den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BewG) zu. Weist der Steuerpflichtige nach, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit am Bewertungsstichtag niedriger ist als der nach den §§ 179, 182 bis 196 BewG ermittelte Wert, so ist dieser Wert anzusetzen (§ 198 Satz 1 BewG). Für den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts gelten grundsätzlich die auf Grund des § 199 Abs. 1 BauGB erlassenen Vorschriften (§ 198 Satz 2 BewG).
Die nach dieser Vorschrift dem Steuerpflichtigen zugewiesene Nachweislast geht über die reine Darlegungs- und Feststellungslast hinaus. Wie der Nachweis zu erbringen ist, regelt die Vorschrift nicht. Der Steuerpflichtige muss den Nachweis selbst erbringen, etwa durch Vorlage eines geeigneten Gutachtens. Ob das Gutachten den Nachweis erbringt, unterliegt insoweit der freien Beweiswürdigung durch das Finanzamt und ggf. das FG, als zu prüfen ist, ob der Nachweis gelungen ist. Dies setzt voraus, dass dem Gutachten ohne weitere Aufklärungs- und Ermittlungsmaßnahmen gefolgt werden kann. Der Nachweis kann nicht dadurch geführt werden, dass der Steuerpflichtige die Beweiserhebung, etwa durch gerichtliche Einholung eines Sachverständigengutachtens, beantragt. Das vorzulegende Gutachten ist als Privatgutachten urkundlich belegtes Parteivorbringen. Der Nachweis verlangt, dass es der Bestellung weiterer Sachverständiger nicht mehr bedarf, da andernfalls die Nachweislast auf eine Darlegungs- und Feststellungslast reduziert würde.
Abgesehen von dem Fall des zeitnahen Verkaufs kommt als Nachweis grundsätzlich nur die Vorlage des Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen i.S.d. §§ 36, 36a GewO in Betracht. In neuerer Rechtsprechung verlangt der BFH, dass es sich bei dem Sachverständigen um einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen handele. Bei Gutachten anderer Personen muss das FG zunächst Feststellungen zur fachlichen Eignung dieser Personen treffen und sich zur Überprüfung der Feststellungen ggf. eines weiteren Sachverständigen bedienen. Die Finanzverwaltung folgt dieser Rechtsprechung nicht und hält an ihrer Auffassung fest, dass der Steuerpflichtige den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts regelmäßig durch ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken erbringen könne. Dies gelte nicht zuletzt aus verfassungs- und europarechtlichen Gründen.
Es ist daher nunmehr ausdrücklich klarzustellen, dass der Nachweis i.S.d. § 198 BewG, soweit er durch ein Gutachten geführt werden soll, das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen voraussetzt. Soweit die Finanzverwaltung zugunsten der Steuerpflichtigen auch andere Gutachten dem Grunde nach berücksichtigt, bindet dies die Gerichte nicht. Es wird nicht verkannt, dass im Einzelfall auch ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen unzureichend sein kann, dass umgekehrt auch ein Gutachten eines nicht öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen fachlich beanstandungsfrei und integer sein kann. Es stellt jedoch eine zulässige Typisierung dar, an die öffentliche Bestellung und Vereidigung eine entsprechende Vermutung zu knüpfen. Dies bedeutet nicht, dass das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen bereits den Beweis der inhaltlichen Richtigkeit in sich trüge. Finanzamt und FG haben auch ein solches Gutachten inhaltlich zu prüfen, zu würdigen und ggf. Lücken zu schließen, wenn und soweit dies ohne weitere Beweiserhebung, insbesondere ohne weitere Sachverständige, im üblichen Rahmen einer Beweiswürdigung möglich ist.
§ 198 BewG eröffnet dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen, als er sich aus den typisierenden Bewertungsvorschriften des BewG ergäbe. Die Nachweislast geht über die Darlegungs- und Feststellungslast hinaus. Soll der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts durch Vorlage eines Gutachtens erbracht werden, muss das Gutachten entweder durch den örtlich zuständigen Gutachterausschuss oder einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken erstellt sein.