Das FG Berlin-Brandenburg hatte über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts eines Grundstücks zu entscheiden, das sich im Gesellschaftsvermögen einer GbR befand und deren Anteile im Jahr 2015 von Todes wegen übertragen wurden. Das Gericht führt mit Urteil vom 25.05.2022 (Az. 3 K 3247/18, ErbStB 2023, S. 8) aus, dass ein Steuerpflichtiger zwar frei wählen könne, ob der niedrigere gemeine Wert mittels Sachverständigengutachten oder anhand eines Verkaufspreises innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag (der im Streitfall erheblich über dem Gutachtenwert lag) nachgewiesen wird. Tritt der Steuerpflichtige den Nachweis aber anhand eines Sachverständigengutachtens an, so sei im Rahmen der Beweiswürdigung auch ein späterer Grundstücksverkauf zu berücksichtigen, der im Streitfall 18 bzw. 20 Monate nach dem Steuerentstehungszeitpunkt stattfand und einen deutlich höheren Verkaufspreis ergab. Auch ein Verkauf außerhalb der Jahresfrist sei demnach im Rahmen der freien Beweiswürdigung durch das Gericht zu berücksichtigen, wenn sich die maßgeblichen Verhältnisse für die Bewertung nicht verändert haben. Ein unter fremden Dritten im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielter Kaufpreis sei regelmäßig der geeignetste Nachweis für den gemeinen Wert. Weicht der Verkaufspreis erheblich von der üblichen Preisbandbreite am Markt ab, sei der Nachweis eines geringeren Werts durch das Sachverständigengutachten nicht gelungen.
Hinweis: Die Regelung zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts wurde mit Wirkung für Bewertungsstichtage nach dem 22.07.2021 gesetzlich neu gefasst (§ 198 Abs. 2 und 3 BewG). Aus der Formulierung ergibt sich klar, dass dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht eingeräumt wird, den niedrigeren Wert durch einen innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag zustande gekommenen Kaufpreis oder durch ein Sachverständigengutachten nachzuweisen. In den gleich lautenden Erlassen vom 07.12.2022 (BStBl. I 2022, S. 1671, Rz. 11) führt die Finanzverwaltung allerdings im Falle einer Konkurrenz zwischen beiden Nachweisen aus, dass dem Kaufpreis als sichersten Anhaltspunkt für den gemeinen Wert Vorrang einzuräumen ist. Ob dies auch für einen außerhalb der Jahresfrist erzielten Kaufpreis gilt, wird in den Erlassen nicht weiter ausgeführt. Allerdings äußerte sich die Finanzverwaltung bereits in R B 198 Abs. 4 ErbStR 2019 dahingehend, dass auch ein außerhalb der Jahresfrist erzielter Kaufpreis bei unveränderten Verhältnissen als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts dienen kann.