Mit Urteil vom 22.05.2019 (Az. I R 11/19) entschied der BFH, dass sich die Hinzurechnungsbesteuerung von Zwischeneinkünften mit Kapitalanlagecharakter im Falle von Direktinvestitionen hinsichtlich einer in einem Drittstaat ansässigen Zwischengesellschaft an der Kapitalverkehrsfreiheit messen lassen muss. Allerdings kann - so der BFH - die Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses und insb. der Verhinderung von Steuerhinterziehung und Steuerumgehung gerechtfertigt sein. Die Hinzurechnungsbesteuerung ist jedoch aus EU-rechtlichen Gründen nicht anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft nicht auf einer künstlichen Gestaltung beruht (Entlastungsbeweis) und rechtliche Verpflichtungen des Drittstaates gegenüber den deutschen Steuerbehörden bestehen, die eine Überprüfung der Angaben ermöglichen. Mit Urteil vom 18.12.2019 (Az. I R 59/17) kam der BFH auch hinsichtlich der allgemeinen Hinzurechnungsbesteuerung nach § 7 Abs. 1 AStG zum selben Ergebnis.
Das BMF folgt mit Schreiben vom 17.03.2021 dieser Rechtsprechung. Demnach ist die in § 8 Abs. 2 AStG vorgesehene Nachweismöglichkeit, die bei Beteiligung an EU-Gesellschaften gilt, sinngemäß auch bei Drittstaaten-Gesellschaften anzuwenden.
Das BMF konkretisiert dazu zunächst die Anforderungen an den Entlastungsbeweis nach § 8 Abs. 2 AStG, wie er in EU-/EWR-Fällen vorgesehen ist. Dazu ist der Nachweis einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Zwischengesellschaft zu erbringen. Laut BMF ist erforderlich, dass eine gezielte Nutzziehung der Ressourcen im Aufnahmestaat vorliegt, die Zwischengesellschaft nicht nur personell, sondern auch sachlich angemessen ausgestattet ist und die wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen durch die ausländische Gesellschaft selbst getroffen werden. Neben diesen Substanzerfordernissen, die hinsichtlich der jeweiligen passiven Einkünfte zu erfüllen sind, ist zudem nachzuweisen, dass die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft keine rein künstliche Gestaltung darstellt. Dazu sind triftige wirtschaftliche, d. h. außersteuerliche, Gründe dazulegen und nachzuweisen.
Diese Anforderungen sind laut BMF auch in Drittstaaten-Fällen anzuwenden. Der Entlastungsbeweis ist aber nur dann möglich, wenn rechtliche Verpflichtungen des Drittstaats gegenüber den deutschen Steuerbehörden bestehen, die eine Überprüfung der Richtigkeit der Angaben ermöglichen. Das BMF konkretisiert, in welchen Fällen von einen solchem hinreichenden Informationsanspruch und tatsächlichen Verifikationsmöglichkeit auszugehen ist.
Hinweis: In dem Entwurf des ATAD-Umsetzungsgesetzes ist in § 8 Abs. 2 bis 4 AStG-E weiterhin die Möglichkeit des Entlastungsbeweises nur in EU-/EWR-Fällen vorgesehen, sofern der zwischenstaatliche Informationsaustausch sichergestellt ist. Allerdings soll im Spezialfall bei Beteiligung an Kapitalanlagegesellschaften nach § 13 AStG-E ein Motivtest als Entlastungsbeweis möglich sein.