deen

International

Österreich plant neue Rechtsform für Kapitalgesellschaften

Die ge­plante Einführung ei­ner neuen Rechts­form für Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten („FlexCo“ bzw. „Flex­KapG“) soll den spe­zi­el­len Bedürf­nis­sen von Start-ups und Gründern in der Frühphase ge­recht wer­den und die­sen be­son­ders weit­rei­chende Ge­stal­tungsmöglich­kei­ten, vor al­lem bei der Ka­pi­tal­auf­brin­gung, bie­ten. Da­ne­ben be­ab­sich­tigt Öster­reich Er­leich­te­run­gen hin­sicht­lich der Ein­zah­lung des Stamm­ka­pi­tals für die GmbH.

Die FlexCo ba­siert auf der Grund­struk­tur der GmbH und kom­bi­niert diese mit ei­ni­gen As­pek­ten der AG. Das Min­dest­stamm­ka­pi­tal der FlexCo ori­en­tiert sich an dem der GmbH. Letz­te­res soll von der­zeit 35.000 Euro auf 10.000 Euro ge­senkt wer­den. Ana­log dazu ist die Her­ab­set­zung des ein­zu­zah­len­den Be­trags von min­des­tens 17.500 Euro auf 5.000 Euro be­ab­sich­tigt.

Die Min­dest­stam­mein­lage soll bei der FlexCo nur 1 Euro be­tra­gen, wo­durch eine kos­tengüns­tige Be­tei­li­gung so­wie eine brei­tere Streu­ung der An­teile ermöglicht wer­den soll. Darüber hin­aus sol­len die Ge­sell­schaf­ter ei­ner FlexCo ihre Ge­schäfts­an­teile in Stück­an­teile von min­des­tens 1 Euro Nenn­be­trag stückeln können. Dies ermöglicht ih­nen meh­rere Stück­an­teile glei­cher oder un­ter­schied­li­cher Gat­tung, die auch mit un­ter­schied­li­chen Vor­zugs­rech­ten aus­ge­stat­tet sein können, zu hal­ten und über diese ge­trennt zu verfügen. Un­abhängig da­von, ob Stück­an­teile aus­ge­ge­ben wer­den oder nicht, soll bei ei­ner FlexCo eine un­ein­heit­li­che Stimm­ab­gabe zulässig sein.

Im Ge­gen­satz zur GmbH soll für die FlexCo die Ka­pi­tal­auf­brin­gung in Form ei­ner be­ding­ten Ka­pi­tal­erhöhung oder ei­nes ge­neh­mig­ten Ka­pi­tals zu­ge­las­sen wer­den. Die be­dingte Ka­pi­tal­erhöhung er­laubt die Gewährung von Um­tausch- und Be­zugs­rech­ten an die Gläubi­ger von Wan­del­schuld­ver­schrei­bun­gen und die Einräum­ung von An­teil­sop­tio­nen an Ar­beit­neh­mer. Das ge­neh­migte Ka­pi­tal ermöglicht es der Ge­schäftsführung für höchs­tens fünf Jahre ab Ein­tra­gung im Fir­men­buch das Stamm­ka­pi­tal durch Aus­gabe neuer An­teile bis zu einem be­stimm­ten Nenn­be­trag ohne wei­tere Mit­wir­kung der Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung zu erhöhen.

Um Ar­beit­neh­mer am Un­ter­neh­mens­er­folg zu be­tei­li­gen, ist die Aus­gabe von so­ge­nann­ten „Un­ter­neh­mens­wert-An­tei­len“ in Form ei­ner ei­ge­nen An­teils­klasse vor­ge­se­hen. Die Aus­gabe sol­cher An­teile ist auf
25 % des Stamm­ka­pi­tals be­schränkt, wo­bei die Stam­mein­la­gen der ein­zel­nen Un­ter­neh­mens­wert-Be­tei­lig­ten je­weils min­des­tens 1 Cent be­tra­gen müssen. Die Ge­sell­schaf­ter die­ser An­teils­klasse sind zwar am Ge­winn und am Li­qui­da­ti­ons­erlös be­tei­ligt, ha­ben aber re­gelmäßig keine Stimm- oder Be­zugs­rechte. Darüber hin­aus ste­hen den In­ha­bern von Un­ter­neh­mens­wert-An­tei­len In­for­ma­ti­ons- und Ein­sichts­rechte nur im Zu­sam­men­hang mit dem auf­ge­stell­ten Jah­res­ab­schluss zu; wei­ter­ge­hende In­for­ma­ti­ons­rechte sind aus­ge­schlos­sen.

Zu­dem wer­den die Un­ter­neh­mens­wert-An­teils­in­ha­ber nicht ein­zeln im Fir­men­buch, son­dern nur in einem vom Un­ter­neh­men geführ­ten An­teils­buch ein­ge­tra­gen. Im Fir­men­buch soll le­dig­lich die Summe der Un­ter­neh­mens­wert-An­teile als Teil des Stamm­ka­pi­tals zu ver­zeich­nen sein. Da­durch wer­den keine In­for­ma­tio­nen über „Schlüssel­ar­beit­neh­mer“ be­kannt ge­ge­ben. Während bei der Über­tra­gung ei­nes GmbH-An­teils wei­ter­hin No­ta­ri­ats­aktspflicht be­steht, sol­len Un­ter­neh­mens­wert-An­teile mit­tels ei­ner un­ter no­ta­ri­el­ler oder an­walt­li­cher Mit­wir­kung er­rich­te­ten Pri­vat­ur­kunde über­tra­gen wer­den können. Die Her­ab­set­zung die­ses be­son­de­ren For­mer­for­der­nis­ses wird mit den ein­ge­schränk­ten Rech­ten und Pflich­ten von Un­ter­neh­mens­wert-Be­tei­lig­ten begründet.

Aus ein­kom­men­steu­er­li­cher Sicht wird die Einführung der FlexCo durch einen Be­steue­rungs­auf­schub flan­kiert. Un­ter ge­wis­sen Vor­aus­set­zun­gen sol­len An­teile un­ent­gelt­lich oder zum Nenn­wert an die Mit­ar­bei­ten­den gewährt und die Be­steue­rung dann bis zur tatsäch­li­chen Rea­li­sie­rung auf­ge­scho­ben wer­den können. Die Steuer soll zu­dem pau­schal be­mes­sen wer­den, wo­bei nur ¼ dem pro­gres­si­ven Ein­kom­men­steu­er­ta­rif und ¾ dem KESt-Satz (27,5 %) un­ter­lie­gen sol­len.

Während zahl­rei­che Er­leich­te­run­gen mehr Fle­xi­bi­lität für Start-ups brin­gen sol­len, sieht der Ge­set­zes­ent­wurf eine Ver­schärfung ge­genüber dem GmbH-Recht da­hin­ge­hend vor, dass die Auf­sichts­rats­pflicht bei der FlexCo aus­ge­wei­tet wer­den soll. So soll eine FlexCo be­reits dann auf­sichts­rats­pflich­tig sein, wenn sie mehr als 50 Ar­beit­neh­mer be­schäftigt und gleich­zei­tig ent­we­der eine Bi­lanz­summe von mehr als 5 Mio. Euro oder Um­sat­zerlöse von mehr als 10 Mio. Euro auf­weist. Zum Ver­gleich: Bei ei­ner GmbH ist ein Auf­sichts­rat erst bei mehr als 300 Ar­beit­neh­mern vor­ge­schrie­ben.

Im Ge­gen­zug zu der Einführung der neuen Ge­sell­schafts­form in Kom­bi­na­tion mit der Her­ab­set­zung des Min­dest­stamm­ka­pi­tals für die GmbH, soll die Son­der­re­ge­lung für die gründungs­pri­vi­le­gierte GmbH (gründungs­pri­vi­le­gierte Stam­mein­lage von 10.000 Euro samt Ein­zah­lung von 5.000 Euro, mit vor­ge­se­he­ner Auf­sto­ckung auf das „re­guläre“ Stamm­ka­pi­tal in­ner­halb von zehn Jah­ren nach Gründung) aus­lau­fen.

Hin­weis: Ob­wohl das In­kraft­tre­ten der neuen Rechts­form ur­sprüng­lich für den 01.11.2023 an­gekündigt war, liegt dem Par­la­ment bis­lang noch kein Ge­set­zes­ent­wurf vor. Es ist da­her da­von aus­zu­ge­hen, dass auf­grund zahl­rei­cher Stel­lung­nah­men zum Mi­nis­te­ri­al­ent­wurf noch um­fas­sende Ände­run­gen bei der Aus­ge­stal­tung der FlexCo vor­ge­nom­men wer­den.

An­sprech­part­ner:

Ste­fan Wal­ter, Wirt­schaftsprüfer Steu­er­be­ra­ter, Se­nior En­ga­ge­ment Part­ner bei RSM Aus­tria
Lu­kas Zein­ler, Wirt­schaftsprüfer Steu­er­be­ra­ter, Se­nior En­ga­ge­ment Part­ner bei RSM Aus­tria

nach oben