Die CSRD ist eine Zäsur, denn sie sieht vor, dass alle großen Gesellschaften und Konzerne, die bereits heute schon zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtet sind (insb. große börsennotierte Unternehmen) ab dem Geschäftsjahr 2024 in einem gesonderten Abschnitt in ihrem Lagebericht über ihre Nachhaltigkeit Bericht erstatten. Ab dem Geschäftsjahr 2025 soll die Berichterstattungspflicht dann auf alle großen Unternehmen (40 Mio. Euro Umsatz, 20 Mio. Euro Bilanzsumme sowie mindestens 250 Mitarbeiter) ausgedehnt werden und ab dem Geschäftsjahr 2026 auch auf alle börsennotierten KMUs anzuwenden sein.
Die zeitliche Erleichterung durch die Änderungsvorschläge des Europäische Rates sind zu begrüßen, da der mit der Entwicklung von Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung beauftragte Standardsetzer, die sog. Project Task Force on European Sustainability Reporting Standards (PTF-ESRS) der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) erst am 20.01.2022 die Arbeitsstände der ersten Standardentwürfe (sog. Batch 1) zur Nachhaltigkeitsberichterstattung veröffentlicht hat. Darin wird auch erstmals die beabsichtigte Struktur und die vorgesehenen Titel der Standards öffentlich gemacht.
Die veröffentlichten Standardentwürfe umfassen
- vier von insgesamt fünf sog. übergreifenden (cross-cutting) Standards. Diese betreffen Angaben zu
- strategy and business model,
- sustainability governance and organization,
- sustainability material impacts, risks and opportunities sowie
- definitions for policies, targets, action plans and resources (ESRS 2-5),
- zwei von insgesamt sechs geplanten konzeptionellen Leitlinien (sog. conceptual guidelines), welche die Themen double materiality und characteristics of information quality behandeln (ESRG 1 und 2), sowie
- den ersten EU Sustainability Reporting Standard (ESRS) E1 Climate change. Dieser Standard beruht auf dem bereits im September 2021 veröffentlichten Standardentwurf der PTF, der seither wesentlich überarbeitet wurde. Der Prototyp ist modular aufgebaut und beinhaltet die Offenlegung von insgesamt zehn Themen in den Bereichen Strategie, Implementierung und Erfolgsmessung (s. Abbildung).
ESRS-Berichterstattungsanforderungen in den drei Reportingbereichen
An die drei Reportingbereiche - Strategie, Umsetzung und Leistungsmessung - werden besondere Anforderungen gestellt:
Strategie
Die Angaben in dieser Kategorie sollten auf Ebene des berichtenden Unternehmens die Nachhaltigkeitsaspekte seiner Strategie und seines Geschäftsmodells/seiner Geschäftsmodelle, den Wesentlichkeitsbewertungsprozess des Unternehmens sowie die spezifischen Governance, Managementverantwortungen, Prozesse und Berichterstattungsverfahren angemessen abdecken, um Nachhaltigkeitsaspekte anzusprechen und zu überwachen.
Umsetzung
Für jedes Thema sollten die Angaben umfassen, wie das berichtende Unternehmen seine Strategie durch Richtlinien, Ziele, Aktionspläne und dedizierte Ressourcen in die Tat umsetzt.
Erfolgsmessung
Schließlich sollte erläutert werden, wie das berichtende Unternehmen seine Grundsätze und Ziele erreicht und wie sein Übergangsverlauf ist, einschließlich seiner bisherigen Leistung (rückblickende Informationen) und zukunftsgerichteter Perspektiven.
Basis für alle weiteren EU Nachhaltigkeits-Berichterstattungs-Standards
Die ESRS-Standards sind in drei Stufen aufgebaut. Zunächst werden sektorunabhängigen Standards für alle ESG-Themen Umwelt, Soziales und Governance entwickelt. Anschließend werden dann sektor- und unternehmensspezifische Standards erstellt.
Die Umweltkategorie umfasst Standards, die definieren, wie über die Auswirkungen auf und von allen Umweltfaktoren berichtet wird: Klimawandel, Wasser- und Meeresressourcen, Biodiversität & Ökosysteme, Kreislaufwirtschaft, Umweltverschmutzung.
Die Kategorie Soziales umfasst Standards, die definieren, wie Auswirkungen an und von allen menschlichen Faktoren über den gesamten Umfang des Ökosystems des Unternehmens berichtet werden: Belegschaft, Arbeitnehmer in der Wertschöpfungskette, betroffene Gemeinschaften, Verbraucher/Endnutzer.
Die dritte Kategorie Governance soll breiter gefasst werden und Ethik, Management der Qualität der Beziehungen zu Stakeholdern, Organisation und Innovation sowie Reputation und Markenmanagement umfassen.
Die neuen sektorübergreifenden Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung sollen am 31.10.2022 durch die EU-Kommission verabschiedet werden. Die Veröffentlichung der sektorspezifischen und KMU-Standards ist bis zum 31.10.2023 vorgesehen.
International Sustainability Standards Board als weiteres internationales Gremium
Zeitgleich zu den europäischen Berichterstattungsstandards wird auch auf internationaler Ebene mit Hochdruck an neuen Standards gearbeitet. Hierzu wurde ein neues Gremium - das International Sustainability Standards Board (ISSB) - unter dem Dach der IFRS Foundation eingerichtet. Dieses soll für die Entwicklung nachhaltigkeitsbezogener, globaler (Mindest-) Standards zuständig sein und ein international einheitliches Regelwerk bieten, Klima- und Nachhaltigkeitsrisiken bilanziell abzubilden, die bisher in der Rechnungslegung nach IFRS nicht dargestellt werden. Durch das ISSB soll Investoren und anderen Kapitalmarktteilnehmern die Entscheidungsfindung erleichtert werden, indem ihnen Zugriff auf Informationen über nachhaltigkeitsbezogene Risiken und Chancen von Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Investitionen sollen dadurch in nachhaltige wirtschaftliche Aktivitäten gelenkt werden.
Beide Standard-Setter arbeiten eng mit der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) und der Global Reporting Initiative (GRI) zusammen. Für Unternehmenslenker bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen auf europäischer und auf internationaler Ebene miteinander kooperieren und einheitliche oder zumindest kompatible Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung entwickeln.