Im Zuge des angestrebten Beitritts zur Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) passte Brasilien seine Gesetzgebung zur Ermittlung von Verrechnungspreisen an die Vorgaben der OECD an. Ein entsprechendes Gesetz wurde am 14.06.2023 durch den brasilianischen Präsidenten unterzeichnet.
Darin ist enthalten (Auszug der Änderungen, nicht vollständig):
- Der Fremdvergleichsgrundsatz wurde gesetzlich verankert.
- Die bisherigen, spezifisch in Brasilien verwendeten Verrechnungspreismethoden wurden durch die nach den OECD-Standards gängigen Verrechnungspreismethoden, wie die Wiederverkaufspreismethode, Preisvergleichsmethode, Kostenaufschlagsmethode, Nettomargenmethode und die Gewinnaufteilungsmethode, ersetzt. Zudem wurde die sog. „best-method Rule“ sowie eine transaktionsbezogene Verrechnungspreisanalyse eingeführt.
- Für immaterielle Werte wurde die Anwendung des DEMPE-Konzepts kodifiziert.
- Anpassungen zu den Regelungen in Bezug auf Finanz- und Lizenztransaktionen wurden vorgenommen.
- Vorabverständigungsverfahren (APAs) und Verständigungsverfahren (MAP) sind nun vorgesehen.
- Umfangreiche Verrechnungspreisdokumentationspflichten wurden eingeführt.
Die neuen Vorgaben sind grundsätzlich ab 01.01.2024 verpflichtend anzuwenden. Für das Geschäftsjahr 2023 besteht ein Wahlrecht, die neuen Verrechnungspreisgrundsätze bereits anzuwenden. Eine entsprechende Erklärung ist dazu im September 2023 über das elektronische Portal e-CAC der brasilianischen Steuerbehörden zu übermitteln.
Hinweis: In Ermangelung eines Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und Brasilien und der bisher vom OECD-Standard abweichenden Verrechnungspreisregelungen in Brasilien, waren Intercompany-Geschäftsbeziehungen zwischen deutschen und brasilianischen Gruppengesellschaften regelmäßig mit einem hohen Doppelbesteuerungsrisiko behaftet, das mangels der Möglichkeit eines Verständigungsverfahrens auch häufig zu einer Doppelbesteuerung geführt hat. Durch die Einführung dieser neuen OECD-basierten Regelungen besteht daher Hoffnung, dass diese Doppelbesteuerungsfälle deutlich abnehmen. Ob dem am Ende tatsächlich so ist, wird die gelebte Praxis zeigen.