Zu Beginn des Jahres 2016 hatte das Bundesfinanzministerium das sog Erwerbskriterium des § 66 Abs. 2 AO im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) definiert. Danach wird eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege „des Erwerbs wegen“ betrieben, „wenn damit Gewinne angestrebt werden, die den konkreten Finanzierungsbedarf des jeweiligen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs übersteigen“. Als unschädlich erachtet wird allenfalls die Erzielung von Gewinnen in gewissem Umfang, z. B. zum Inflationsausgleich oder zur Finanzierung betrieblicher Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen.
Diese Anweisungen stießen auf heftige Kritik bei den betroffenen Einrichtungen der Wohlfahrtspflege. Insbesondere die Tatsache, dass die Quersubventionierung anderer Zweckbetriebe nach §§ 65, 67, 67a und 68 AO sowie der übrigen ideellen Tätigkeiten als schädlich angesehen wurde, war absolut unbefriedigend und unverständlich.
Die Finanzverwaltung verschloss sich der Kritik zunächst. Lediglich eine Nichtbeanstandungsregelung bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2015 wurde eingeräumt. Umso erfreulicher ist nun, dass das Bundesfinanzministerium mit Schreiben vom 6.12.2017 ihre bisherige restriktive Haltung aufgegeben und eine Änderung des AEAO vorgenommen hat.
Die Betrachtung erfolgt danach nicht mehr auf der Ebene eines einzelnen Zweckbetriebs, sondern auf der „wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre“ der Körperschaft. Dazu rechnen neben den Zweckbetrieben im Sinne des § 66 AO auch Zweckbetriebe im Sinne des § 68 AO, soweit diese auch die Voraussetzungen des § 66 AO erfüllen, Zweckbetriebe im Sinne des § 67 AO sowie ideelle Tätigkeiten, für die die Voraussetzungen des § 66 AO vorlägen, wenn sie entgeltlich ausgeführt würden. Eine Quersubventionierung ist folglich über diese Bereiche möglich.
Maßgebend ist nicht das Ergebnis eines einzelnen Kalenderjahres. Der Betrachtungszeitraum umfasst vielmehr drei aufeinanderfolgende Veranlagungszeiträume. Werden in diesen drei Kalenderjahren jeweils Gewinne erwirtschaftet, die den konkreten Finanzierungsbedarf der wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre der Körperschaft übersteigen, geht die Finanzverwaltung davon aus, dass der Zweckbetrieb in schädlicher Weise des Erwerbs wegen ausgeübt wird. Diese Auffassung ist jedoch widerlegbar, z. B. bei unbeabsichtigten Gewinnen aufgrund von Marktschwankungen. Auch sind Gewinne aufgrund staatlich regulierter Preise (z. B. aufgrund einer Gebührenordnung nach Maßgabe des § 90 SGB XI) kein Indiz für ein schädliches Gewinnstreben.
Die Nichtbeanstandungsregelung, wonach eine Quersubventionierung übriger Zweckbetriebe sowie ideeller Tätigkeiten mit Gewinnen aus dem Bereich der Wohlfahrtspflege in Einzelfällen akzeptiert wurde, wird auf den Veranlagungszeitraum 2016 ausgedehnt.
Mit diesen Änderungen trägt die Finanzverwaltung der berechtigten Kritik der Wohlfahrtseinrichtungen zwei Jahre nach der Ergänzung im AEAO erfreulicherweise Rechnung.