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Ein neuer US-Präsident ist gewählt - Auswirkungen auf deutsche Investoren

Die USA ha­ben gewählt und der neue US-Präsi­dent für die nächste Le­gis­la­tur­pe­riode ist: Do­nald Trump. Noch lo­cken die USA mit dem von Präsi­dent Bi­den im­ple­men­tier­ten In­fla­tion Re­duc­tion Act zahl­rei­che In­ves­to­ren ins Land. Doch die welt­po­li­ti­sche Lage wird in­sta­bi­ler. Sind ausländi­sche In­ves­to­ren in den USA wei­ter­hin will­kom­men? Wie stellt sich der in­ter­na­tio­nal agie­rende deut­sche Mit­tel­stand in An­be­tracht des Wirt­schafts­kon­flikts zwi­schen den USA und China auf? Das be­spre­chen wir mit Chris Knipp, ei­ner der Lei­ter der Ger­many Prac­tice bei RSM US. Er kennt die USA, die deut­schen In­ves­to­ren und kann über die Stim­mung vor Ort be­rich­ten.

Lie­ber Chris, Du lebst in Char­lotte, in North Ca­ro­lina, ei­ner deut­schen En­klave in den USA. Wie ist die Stim­mung un­ter den Ame­ri­ka­nern nach dem Wahl­aus­gang?

Die Stim­mung un­ter den Ame­ri­ka­nern nach dem Wahl­aus­gang ist ge­mischt, be­son­ders hier in Char­lotte, der größten Stadt ei­nes der sog. Swing Sta­tes. Die po­la­ri­sie­rende Persönlich­keit Trumps hat zu sehr un­ter­schied­li­chen Re­ak­tio­nen geführt, je nach po­li­ti­scher Aus­rich­tung. Viele Ame­ri­ka­ner fo­kus­sie­ren sich je­doch vor al­lem auf na­tio­nale The­men wie In­fla­tion, Ar­beits­markt, Wirt­schaft und den di­rek­ten Ein­fluss auf ih­ren Geld­beu­tel. Letzt­lich hat sich die Mehr­heit der Wähler für Trump und seine Po­li­tik ent­schie­den, was zeigt, dass seine Ansätze, insb. in den Be­rei­chen Wirt­schaft und Ein­wan­de­rung, breite Un­terstützung fin­den. In der Re­gion Südos­ten, wo wirt­schaft­li­che Sta­bi­lität und Ar­beitsplätze im Pro­duk­ti­ons­sek­tor be­son­ders wich­tig sind, er­war­ten viele, dass die wirt­schaft­li­che Lage sta­bil bleibt oder sich so­gar ver­bes­sert.

Und wie ha­ben die deut­schen In­ves­to­ren, die Du bei RSM US be­treust, auf den Wahl­aus­gang rea­giert?

Die Re­ak­tio­nen mei­ner deut­schen Man­dan­ten auf den Wahl­aus­gang wa­ren eben­falls ge­mischt. Nicht ganz über­ra­schend für deut­sche Un­ter­neh­men, hätten sich ei­ner­seits viele einen Sieg der De­mo­kra­ten gewünscht, insb. auf­grund von Trumps pro­tek­tio­nis­ti­scher „Ame­rica First“-Po­li­tik und den da­mit ver­bun­de­nen Han­dels­bar­rie­ren, die für viele be­sorg­nis­er­re­gend sind. An­de­rer­seits ha­ben viele auch mit einem Sieg Trumps ge­rech­net und sich be­reits - so­weit möglich - dar­auf vor­be­rei­tet.

Meine Man­dan­ten ver­fol­gen grundsätz­lich die po­li­ti­schen Ent­wick­lun­gen in den USA sehr ge­nau, da die steu­er­li­chen und re­gu­la­to­ri­schen Rah­men­be­din­gun­gen we­sent­li­che Aus­wir­kun­gen auf ihre In­ves­ti­tio­nen ha­ben. In den letz­ten Jah­ren ha­ben viele Un­ter­neh­men ihre Präsenz in den USA er­heb­lich aus­ge­baut, insb. hier im Südos­ten. Da­bei sind sie oft von Ver­trieb und End­fer­ti­gung auf voll­umfäng­li­che Pro­duk­tion um­ge­stie­gen. Ei­nige se­hen wei­ter­hin Chan­cen, vor al­lem durch steu­er­li­che Er­leich­te­run­gen und mögli­che Han­dels­vor­teile, während an­dere noch ab­war­ten und be­ob­ach­ten möch­ten, wie sich die neue Re­gie­rung kon­kret po­si­tio­niert.

Wird sich das In­ves­ti­ti­ons­klima für ausländi­sche In­ves­to­ren nach dem Wahl­sieg von Do­nald Trump verändern? Wer pro­fi­tiert - wer ist der Ver­lie­rer?

Un­ter der neuen Trump-Ad­mi­nis­tra­tion ist mit ei­ner wirt­schafts­freund­li­chen Agenda zu rech­nen, die vor al­lem auf Steu­er­er­leich­te­run­gen und eine Re­du­zie­rung der Re­gu­lie­rung ab­zielt. Trump hat Un­ter­neh­men, die in den USA pro­du­zie­ren, steu­er­li­che Vor­teile ver­spro­chen, was be­son­ders für deut­sche Un­ter­neh­men mit Pro­duk­ti­onsstätten in den USA von Vor­teil sein könnte. Gleich­zei­tig könnte dies je­doch den Druck auf deut­sche Fir­men erhöhen, ihre Pro­duk­tion in die USA zu ver­la­gern, um von die­sen steu­er­li­chen Er­leich­te­run­gen zu pro­fi­tie­ren und den Strafzöllen zu ent­ge­hen, die auf Im­porte dro­hen.

Der wirt­schafts­po­li­ti­sche Fo­kus wird auf na­tio­na­lem Wachs­tum lie­gen, un­terstützt durch sti­mu­lie­rende Maßnah­men zur Bekämp­fung der In­fla­tion. In die­sem Zu­sam­men­hang könn­ten deut­sche Un­ter­neh­men, die be­reits in den USA in­ves­tie­ren oder ihre Pro­duk­tion dort­hin ver­la­gern, pro­fi­tie­ren.

Al­ler­dings könnte auf der einen Seite eine Auf­wer­tung des US-Dol­lars für deut­sche Un­ter­neh­men, die in den USA in­ves­tie­ren oder in US-Dol­lar fak­tu­rie­ren, höhere Kos­ten mit sich brin­gen. Dies stellt insb. Un­ter­neh­men un­ter Druck, die vom schwäche­ren Euro pro­fi­tie­ren woll­ten. Auf der an­de­ren Seite könnte die US-Wirt­schaft, vor al­lem der Tech­no­lo­gie­be­reich, durch we­ni­ger re­gu­la­to­ri­sche Hürden und eine verstärkte Förde­rung von In­ves­ti­tio­nen in Tech­no­lo­gie und künst­li­che In­tel­li­genz pro­fi­tie­ren. Für deut­sche In­ves­to­ren be­deu­tet das erhöhte Chan­cen im Tech­no­lo­gie­be­reich, aber auch die Not­wen­dig­keit, ihre stra­te­gi­sche Präsenz in den USA zu verstärken, um vom stärke­ren Dol­lar zu pro­fi­tie­ren und Währungs­ri­si­ken bes­ser zu ma­na­gen.

Die Steu­er­po­li­tik in den USA ist ein wich­ti­ger Fak­tor, wenn man in dem Land in­ves­tiert oder in­ves­tie­ren möchte. Ist be­reits ab­seh­bar, wel­chen Weg die künf­tige Re­gie­rung dies­bezüglich ein­schla­gen wird?

Es ist zu er­war­ten, dass die künf­tige Re­gie­rung eine pro­tek­tio­nis­ti­sche Wirt­schafts­po­li­tik ver­folgt. Be­son­ders ein An­stieg der Ein­fuhrzölle könnte Im­porte in die USA ver­teu­ern und den Wett­be­werb für deut­sche Ex­por­teure er­schwe­ren. Die an­gekündig­ten Zölle von bis zu 10 % auf Im­porte könn­ten nicht nur den Ab­satz deut­scher Pro­dukte in den USA be­las­ten, son­dern auch zu Ge­genzöllen sei­tens der EU führen, was den bi­la­te­ra­len Han­del wei­ter ver­kom­pli­zie­ren würde.

Gleich­zei­tig hat Trump je­doch si­gna­li­siert, den Körper­schaft­steu­er­satz für Un­ter­neh­men zu sen­ken, die ihre Pro­dukte in den USA her­stel­len. Darüber hin­aus könnte eine ge­ne­relle Re­duk­tion des Körper­schaft­steu­er­sat­zes auf 20 % für an­dere Un­ter­neh­men ein­geführt wer­den. Diese Maßnah­men würden die USA als Pro­duk­ti­ons­stand­ort für deut­sche Un­ter­neh­men noch at­trak­ti­ver ma­chen, da sie steu­er­li­che An­reize zur An­sied­lung von Pro­duk­ti­ons­ka­pa­zitäten in den USA bie­ten.

Wird es zu ei­ner Verlänge­rung des in der ers­ten Amts­pe­riode von Do­nald Trump ein­geführ­ten Tax Cuts and Jobs Act kom­men bzw. was wird aus dem In­fla­tion Re­duc­tion Act?

Trump strebt grundsätz­lich eine Verlänge­rung des Tax Cuts and Jobs Act (TCJA) an, da die­ser mehr als 30 Steu­er­vergüns­ti­gun­gen enthält, die Ende 2025 aus­lau­fen und de facto Steu­er­erhöhun­gen für be­stimmte Per­so­nen und Un­ter­neh­men nach sich zie­hen würden. Al­ler­dings schätzt das über­par­tei­li­che Con­gres­sio­nal Bud­get Of­fice, dass eine Verlänge­rung des TCJA das Bun­des­de­fi­zit in den nächs­ten zehn Jah­ren um rund 4,6 Bil­lio­nen Dol­lar erhöhen würde. Die Sorge um das Bun­des­de­fi­zit könnte viele Kon­gress­ab­ge­ord­nete dazu ver­an­las­sen, neue Steu­er­ge­setze zu ver­ab­schie­den, um die Verlänge­rung zu ver­mei­den.

Was den In­fla­tion Re­duc­tion Act (IRA) be­trifft, hat Trump wie­der­holt be­tont, dass er die Kli­main­ves­ti­tio­nen des IRA als Ver­schwen­dung an­sieht und diese stop­pen möchte, insb. die Förder­gel­der für sau­bere En­er­gie und er­neu­er­bare Tech­no­lo­gien. Er hat auch an­gekündigt, be­reit­ge­stellte, aber noch nicht aus­ge­ge­bene Mit­tel zu strei­chen. Da­bei wird je­doch nicht nur mit Wi­der­stand von den De­mo­kra­ten ge­rech­net, son­dern auch in­ner­halb sei­ner ei­ge­nen Par­tei. Ein we­sent­li­cher Grund dafür ist, dass der IRA be­reits in vie­len länd­li­chen und struk­tur­schwa­chen Re­gio­nen der USA er­heb­li­che wirt­schaft­li­che Im­pulse ge­setzt hat – be­son­ders in Staa­ten und Be­zir­ken, die von Re­pu­bli­ka­nern im Kon­gress ver­tre­ten wer­den. Das gilt eben­falls für den CHIPS Act, der die Halb­lei­ter­in­dus­trie fördert.

Letzt­lich bleibt ab­zu­war­ten, wie sich die Mehr­heits­verhält­nisse im Repräsen­tan­ten­haus und Se­nat ent­wi­ckeln, ob po­li­ti­sch un­po­puläre Maßnah­men, wie die Ab­schaf­fung des IRA, tatsäch­lich um­ge­setzt wer­den und ob wir we­ni­ger Sub­ven­tio­nen und mehr Steu­er­sen­kun­gen se­hen wer­den.

Die Wahl­pro­gramme von Re­pu­bli­ka­nern und De­mo­kra­ten un­ter­schei­den sich stark. In einem Punkt be­steht aber Ei­nig­keit - und zwar in der Hal­tung ge­genüber China. Rech­nest Du da­mit, dass dies deut­sche In­ves­to­ren in den USA, die ja viel­fach auch in China en­ga­giert sind, un­ter Druck set­zen könnte? Und wenn ja, was rätst Du die­sen Un­ter­neh­men?

In der Tat könnte ein ver­schärf­ter Kurs ge­genüber China deut­schen Un­ter­neh­men, die so­wohl in den USA als auch in China ak­tiv sind, vor neue Her­aus­for­de­run­gen stel­len. Um sich ab­zu­si­chern, ha­ben viele mei­ner Man­dan­ten ihre Lie­fer­ket­ten und Han­dels­stra­te­gien be­reits an­ge­passt oder erwägen, dies zu tun., Ich rate deut­schen In­ves­to­ren, die Abhängig­keit von China zu di­ver­si­fi­zie­ren und mögli­che Al­ter­na­ti­ven für wich­tige Roh­stoffe und Kom­po­nen­ten zu prüfen. Eine stärkere Di­ver­si­fi­ka­tion ist in die­ser geo­po­li­ti­schen Lage aus mei­ner Sicht un­erläss­lich.

Mit wel­chen Hürden müssen ausländi­sche In­ves­to­ren in den USA in der nächs­ten Amts­pe­riode außer­dem rech­nen?

Wenn wir ei­nes aus der ers­ten Amts­zeit von Trump ge­lernt ha­ben, dann ist es seine Im­pul­si­vität. Trumps oft schnelle Kurs­wech­sel – sei es in der Han­dels­po­li­tik oder durch Dro­hun­gen – ha­ben es Un­ter­neh­men er­schwert, lang­fris­tige Stra­te­gien zu ent­wi­ckeln, und stel­len ein zusätz­li­ches Ri­siko dar. Auch seine Außen­po­li­tik, die ten­den­zi­ell uni­la­te­ra­ler aus­ge­rich­tet ist, könnte zu Un­si­cher­hei­ten in den Han­dels­be­zie­hun­gen führen und den in­ter­na­tio­na­len Han­del be­las­ten.

Ein wei­te­rer Ri­si­ko­fak­tor ist die po­ten­zi­elle Ver­schärfung der Ein­wan­de­rungs­po­li­tik. Trump könnte die Visare­ge­lun­gen wei­ter ver­schärfen, was es ausländi­schen Un­ter­neh­men er­schwert, hoch­qua­li­fi­zierte Fachkräfte in die USA zu ho­len oder ent­sandte Mit­ar­bei­ter im Land zu hal­ten. Be­son­ders Un­ter­neh­men, die auf in­ter­na­tio­na­les Fach­per­so­nal an­ge­wie­sen sind, könn­ten hier vor großen Her­aus­for­de­run­gen ste­hen.

Ins­ge­samt müss­ten ausländi­sche In­ves­to­ren in den USA mit höheren Han­dels­kos­ten, ei­ner we­ni­ger sta­bi­len In­ves­ti­ti­ons­land­schaft und po­ten­zi­ell nach­tei­li­gen Steuerände­run­gen rech­nen, wenn die na­tio­na­lis­ti­schen und pro­tek­tio­nis­ti­schen Ansätze von Trump wei­ter­hin ver­folgt wer­den.

Trotz die­ser Her­aus­for­de­run­gen bleibt der US-Markt je­doch äußerst at­trak­tiv für deut­sche In­ves­to­ren. Die Marktgröße, die hohe Kon­sum­nach­frage und die Nähe zu Kun­den bie­ten wei­ter­hin her­vor­ra­gende Wachs­tums­chan­cen. In den kom­men­den Jah­ren wer­den die USA auch wei­ter­hin ein stra­te­gi­sch wich­ti­ger Stand­ort für Un­ter­neh­men blei­ben, die ihre glo­bale Präsenz aus­bauen möch­ten.

Lie­ber Chris, vie­len Dank für das Ge­spräch.

Hin­weis: Über die Aus­wir­kun­gen der US-Präsi­dent­schafts­wahl und insb. zu de­ren Kon­se­quen­zen für die kom­mende Steu­er­po­li­tik in­for­mie­ren un­sere Kol­le­gen von RSM US in zwei Web­casts, die am 13. und 18.11.2024 statt­fin­den. Hier geht es zur An­mel­dung.

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