Die genannten Entlastungen erreichen bislang ein Volumen von ca. 3 Mrd. Euro p.a. und sind für viele Unternehmen des produzierenden Gewerbes relevant. Ab 2023 sollen die Begünstigungen des Strom- und Energiesteuergesetzes neu geregelt werden - noch ist die Ausgestaltung offen.
Wie die Entlastungen zielgerichteter ausgestaltet werden können, soll im Rahmen eines vom Bundesministerium der Finanzen im Februar 2021 ausgeschriebenen Forschungsvorhabens („Effekte einer Novellierung der Entlastungstatbestände für die Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Energie- und Stromsteuergesetz“) untersucht werden.
Wesentliche Treiber der Novellierung dürften die angestrebte Klimaneutralität der EU bis 2050 und die Vorgaben der in Überarbeitung befindlichen Energiesteuerrichtlinie, die Vermeidung von Produktionsverlagerungen in andere Länder auf Grund mit Klimaschutzmaßnahmen verbundener Kosten („Carbon-Leakage“) und die Intensivierung von Anreizkomponenten sein (Erhöhung der Mindeststeuersätze, Besteuerung nach dem Co2-Gehalt, Gegenleistungen, z. B. höhere Energieeffizienz etc.).
Neben einer Veränderung des Umfangs bzw. des Konzepts der Begünstigungen und einer möglichen Verzahnung mit Begünstigungen aus dem Bereich des Energierechts erscheint vor allem eine Anpassung des Kreises der Begünstigten, etwa an den des Energierechts, denkbar. Ein Ansatzpunkt könnte z. B. eine Anlehnung an die besondere Ausgleichsregelung (besAR) des EEG sein. Vor allem der Spitzenausgleich sollte ursprünglich nur Unternehmen zu Gute kommen, die im internationalen Wettbewerb stehen.
Derzeit wird zudem für die Einordnung als Unternehmen des produzierenden Gewerbes noch die Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 - WZ 2003 - herangezogen; die modernere „WZ 2008“ ist bislang nicht anwendbar. Möglicherweise erfährt auch das Konzept individueller bzw. kollektiver Gegenleistungen eine Renaissance; im Jahr 2012 waren im Rahmen der Verlängerung des Spitzenausgleichs u. a. branchenspezifisch zu erzielende Energieeinsparungen als Gegenleistung diskutiert worden, realisiert wurde schließlich eine gesamtwirtschaftliche Erhöhung der Energieeffizienz und die Bedingung des Vorhandenseins von Energiemanagementsystemen. Ebenso könnte eine Anreizgestaltung z. B. durch eine degressive Absenkung der Entlastung eine Rolle spielen. Nicht zuletzt könnten im Zuge der Novellierung die Geltendmachung der Begünstigungen und auch der Verwaltungsvollzug vereinfacht werden. Auch die Vorschriften, zumal die Berechnungsformel des Spitzenausgleichs, die die Höhe der Entlastung u. a. an fiktive Einsparung des Arbeitgeberanteils der Beiträge zur Rentenversicherung koppelt, sind eher eine Materie für Experten.
Erste Anhaltspunkte für eine Neugestaltung werden sich aus den Ergebnissen des Forschungsvorhabens ableiten lassen. Zugleich ist zu erwarten, dass sie im Rahmen des politischen Willensbildungsprozesses noch grundlegend modifiziert werden und die tatsächliche Novellierung schließlich deutlich anders ausgestaltet sein wird.
Unternehmen des produzierenden Gewerbes sollten sich jedenfalls darauf einzustellen, dass sie die genannten Steuerentlastungen ab 2023 ggf. nicht oder nicht mehr in gleichem Umfang in Anspruch nehmen werden können bzw. dass sie unter Umständen neue Anstrengungen werden unternehmen müssen, um weiterhin in deren Genuss zu kommen.